Autobahnen Autobahnen: Porphyr aus Löbejün verhindert Betonkrebs

löbejün/MZ - Das Projekt ist gewaltig: Für 410 Millionen Euro wird derzeit die Autobahn 8 zwischen Ulm und Augsburg (Bayern) auf einer Länge von 41 Kilometern ausgebaut. Mit täglich bis zu 90 000 Fahrzeugen zählt dieser Abschnitt zu den am stärksten befahrenen Strecken in Deutschland. Unfälle und Staus stehen auf der Tagesordnung. Deshalb soll die Autobahn bis September 2014 bei laufendem Betrieb von vier auf sechs Spuren erweitert werden.
Die dafür benötigten Baustoffe kommen auch aus Löbejün (Saalekreis). „Wir liefern für das Projekt 100 000 Tonnen Split“, sagt Dieter Heupke, Vertriebsleiter der Firma SH Natursteine. „Das ist natürlich ein ganz schöner Batzen.“ Doch es geht nicht nur um die Menge, es geht insbesondere um die Qualität. Und die ist beim Porphyr aus Löbejün ausgesprochen hoch.
Auf Positivliste der Bundesanstalt
Daher steht das Unternehmen auch auf einer Positivliste der Bundesanstalt für Straßenwesen. Aufgelistet sind dort die zwölf Unternehmen in Deutschland, deren Gesteinskörnungen als „unbedenklich“ mit Blick auf eines der größten Probleme im Straßenbau eingestuft werden - den sogenannten Betonkrebs. Gemeint ist damit eine chemische Reaktion zwischen Kieselsäure, die in einigen Körnungen enthalten ist, und den Alkalien Natrium und Kalium, die unter anderem durch das Tausalz in die Betondecke gelangen. So bildet sich ein Gel, das sich bei Feuchtigkeit ausdehnt und den Beton reißen oder sogar aufplatzen lässt. „Bei der Verwendung von Porphyr aus Löbejün hat es bisher aber noch keine Schäden gegeben“, betont Rainer Caspari, Geschäftsführer der SH Natursteine. „Das liegt an der Genetik des Gesteins, das einfach keine störenden Anteile enthält.“ Wie wichtig dieser Umstand ist, verdeutlichen schon die Zahlen für Sachsen-Anhalt. Wie die Landesstraßenbaubehörde mitteilte, sind bisher 220 Kilometer Autobahn mehr oder weniger stark vom Betonkrebs beschädigt worden - das entspricht einem Drittel aller Betonstrecken. 170 Kilometer seien inzwischen teils aufwendig saniert worden. Die Situation in anderen Bundesländern ist ähnlich.
„Und die Sensibilisierung für das Thema wird noch zunehmen“, betont Caspari. Und damit erweitert sich für das Unternehmen auch ein vielversprechendes Geschäftsfeld. „Die Lieferung von hochwertigem Split für die Sanierung beschädigter Strecken wird für uns wohl das Brot-und-Butter-Geschäft werden.“ Und das ist durchaus lukrativ. Mit einem Preis von zehn bis 15 Euro pro Tonne ist der Split aus Löbejün deutlich teurer als gewöhnliche Gesteinskörnungen. Hinzu kommen Transportkosten, die - je nach Entfernung - den Materialpreis um das Zwei- oder Dreifache übersteigen.
Dennoch greifen auch die Straßenbauer an der A 8 in Bayern - ein privates Konsortium der Konzerne Hochtief und Heilit + Woerner - auf den teuren Split aus Sachsen-Anhalt zurück. Für Caspari steckt eine ganz einfache Rechnung dahinter. „Private Unternehmen, die die Autobahnen nach dem Bau auch meist 30 Jahre betreiben, bauen lieber einmal richtig.“ Konkret heißt das, die Betondecke soll für den gesamten Zeitraum halten. Bei weniger hochwertigen Baustoffen müsse dagegen häufig schon nach 15 Jahren umfangreich nachgebessert werden. Das gelte vor allem für die besonders massiv beanspruchte Deckschicht, für die die Gesteinskörnungen aus dem Saalekreis verwendet werden.
Und daher blickt er auch zuversichtlich nach vorne. „Wir rechen künftig mit mehr Projekten in anderen Teilen der Republik.“ Dafür scheint das Unternehmen gerüstet. Seit April gibt es sogar eine eigene Bahnverladestation. Jeden zweiten Tag verlässt ein Güterzug mit 2 000 bis 2 500 Tonnen Split das Firmengelände. Nach der A 8 im Süden hofft das Unternehmen nun auf einen Auftrag im Norden. Es geht um einen 70 Kilometer langen Abschnitt auf der A 7 zwischen Hamburg und Flensburg. „Auch da rechnen wir uns sehr gute Chancen aus“, erklärt Caspari.
Aufträge bis zum Jahr 2018
Doch schon jetzt gibt es genug Bestellungen. Bis ins Jahr 2018 reichen die Aufträge oder Geschäfte, die vor dem Abschluss stehen. So werden bis zum Jahresende Gesteinskörnungen für Arbeiten an der A 9 zwischen Weißenfels und dem Kreuz Rippachtal geliefert.
Ganz in der Nähe gelang dem Unternehmen vor einigen Jahren der Durchbruch - allerdings nicht auf der Autobahn. „Wir haben im Jahr 2005 auch die Gesteinskörnungen für die Start- und Landebahn am Flughafen Leipzig/Halle geliefert“, erinnert sich Vertriebsleiter Heupke. Das sei damals eine harte Bewährungsprobe gewesen, sagt Geschäftsführer Caspari. Denn Betonkrebs drohe auch den Pisten von Flughäfen. „Die Enteisungsmittel, die dort verwendet werden und die gefährliche chemische Reaktion auslösen können, sind noch um einiges schärfer als das Tausalz auf der Autobahn.“
