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Am Nachwuchs wird zuletzt gespart

Von Anne Gottschalk 12.08.2008, 14:30

Berlin/dpa. - Für den Nachwuchs nur das Beste. Familien in Deutschland greifen vor allem für die Ausstattung ihrer Kinder immer tiefer in die Tasche. Für Markenkleidung und Taschengeld geben Eltern einer aktuellen Untersuchung zufolge mehr Geld aus als je zuvor.

Demnach stieg das monatliche Taschengeld der 6- bis 13-Jährigen seit 2006 von durchschnittlich 20,5 auf derzeit 23,3 Euro. Zu diesem Ergebnis kommt die «KidsVerbraucherAnalyse 2008», die der Egmont Ehapa Verlag («Micky Maus») in Berlin vorstellte.

Für Kleidung geben die befragten Eltern durchschnittlich 319 Euro pro Kind und Jahr aus, das sind 10 Prozent mehr als 2006. 74 Prozent der Eltern folgen dabei den Wünschen des Nachwuchses, das sind 6 Prozent mehr als zwei Jahre zuvor. Beim Kauf von Sportschuhen lassen 71 Prozent (plus 6 Prozent) der Eltern ihre Kinder entscheiden. Selbst bei Lebensmitteln hören 50 Prozent der Erziehungsberechtigten auf die Empfehlung ihres Sprösslings.

Gerade bei Kindern ab 10 Jahren sei der Gruppendruck nach wie vor enorm hoch, erläutert die Psychologin Beate Minsel vom Staatsinstitut für Frühpädagogik in München. Da sei nicht die Funktion eines Produktes entscheidend, sondern was die Gleichaltrigen davon halten, Der Studie zufolge zählt die Marke vor allem bei Sportschuhen (60 Prozent), Klamotten wie Jeans und Rucksäcken (55 Prozent).

Auch sozial schwache Familien würden für ihre Kinder im Verhältnis gesehen genau so viel oder noch mehr Geld als Besserverdienende ausgeben, ergänzt Barbara Thiessen vom Deutschen Jugendinstitut in München. Damit wollten sie den Anschluss halten. Gleichzeitig gaben aber viele Mütter und Väter in einer aktuellen forsa-Umfrage an, das Geld sei meist zu knapp. Mehr als die Hälfte der Eltern (57 Prozent) meinte sogar, Kinder seien in Deutschland ein Armutsrisiko.

«An den Kindern wird erfahrungsgemäß kaum gespart», sagt Marina Rupp, stellvertretende Direktorin des staatlichen Instituts für Familienforschung an der Universität Bamberg. Eltern seien bereit, enorm viel zu investieren, um ihre Kinder vor Diskriminierung von Gleichaltrigen zu schützen. «Dahinter steckt auch die Angst als arm zu gelten, nur weil man seinen Kindern gewisse Standards nicht erfüllen will», erläutert Rupp.

Auch beim Taschengeld lassen sich die meisten Eltern nicht lumpen. Jährlich bekommen die Kinder der für die KidsVerbraucherAnalyse befragten Familien rund 279 Euro zur persönlichen Verwendung, das sind 33 Prozent mehr als noch 2006. Davon kaufen die 6- bis 13- Jährigen vor allem Süßigkeiten (59 Prozent) und Zeitschriften (46 Prozent).

Neben der multimedialen Ausstattung vieler Kinderzimmer, zu der Stereoanlage (40 Prozent), MP3-Player (35 Prozent) und Fernseher (33 Prozent) gehören, haben 54 Prozent der befragten Jungen und Mädchen Zugang zum Internet - 5 Prozent mehr als noch vor zwei Jahren. 80 Prozent der Eltern mit Kindern zwischen 10 und 13 Jahren glauben laut Studie, dass das Internet ein modernes, spielerisches Hilfsmittel für die Schule ist. «Der Trend zur Internetnutzung ist Fakt», bestätigt Elke Salzmann vom Bundesverband der Verbraucherzentralen in Berlin.

«Die Kinder lernen schnell das Internet zu benutzen, aber sie können es nicht hinterfragen», warnt die Expertin. Die Sensibilität für persönliche Daten, undurchsichtige Kaufangebote oder unseriöse Internetseiten hätten vielfach nicht mal die Eltern, sagt Salzmann. Abhilfe könnten spezielle Schulfächer schaffen, die allen Schülern den verantwortungsvollen Umgang mit Computer und Internet vermitteln.

Für die «KidsVerbraucherAnalyse 2008» wurden mehr als 1600 Interviews - Kinder und jeweils ein Erziehungsberechtigter - repräsentativ für 5,73 Millionen deutsche Kinder im Alter von 6 bis 13 Jahren geführt.