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  7. Aldi will Billig-Fleisch abschaffen - Preise werden wohl steigen

Kleine Revolution
 
Aldi will Billig-Fleisch abschaffen - Steigen dadurch die Preise?

Von Steffen Höhne Aktualisiert: 25.06.2021, 15:41
Label zur Tierhaltung auf abgepacktem Fleisch des Discounters Aldi.
Label zur Tierhaltung auf abgepacktem Fleisch des Discounters Aldi. (Foto: imago/Sven Simon/symbol)

Halle (Saale) - Aldi plant im Fleischgeschäft eine kleine Revolution: Als erster großer deutscher Einzelhändler will der Discounter Frischfleisch nur noch aus Haltung mit Außenauslauf oder Bio-Haltung verkaufen, kündigten die Unternehmen Aldi Nord und Aldi Süd am Freitag an. „Der steigende Umsatz mit nachhaltig erzeugter Ware zeigt, dass unsere Kunden bereit sind für einen Bewusstseinswandel“, sagt Aldi-Nord-Manager Tobias Heinbockel.

Und so sieht der Plan aus: In diesem Jahr stammen den Angaben zufolge 15 Prozent des Frischfleisch-Umsatzes bei Aldi aus den sogenannten Haltungsformen 3 und 4. Das heißt, die geschlachteten Schweine, Rinder und Hühner haben vergleichsweise viel Platz im Stall und einen Außenauslauf etwa auf einer Wiese. Bis 2026 soll 33 Prozent des bei Aldi verkauften Fleisches aus den beiden Haltungsformen stammen, ab 2030 komplett. Bereits ab 2025 will Aldi kein Fleisch mehr aus der Haltungsform 1 (gesetzliche Mindestgröße der Ställe) verkaufen, das in den Regalen der deutschen Supermärkte noch dominiert. Kurz: Aldi verbannt das Billigfleisch aus den Kühltruhen.

Schluss mit Billigfleisch: Aldi will Signal für den Markt setzen

Wie sich die Umstellung auf die Preise auswirken wird, dazu macht Aldi keine konkreten Angaben. Ein Firmensprecher sagte auf MZ-Anfrage lediglich: „Mehr Tierwohl wird es nicht zum Nulltarif geben.“

Die stufenweise Umstellung über neun Jahre hinweg  begründet Aldi mit den hohen Kosten des neuen Systems. „Mehr Tierwohl in der Breite bedeutet hohe Investitionen für Landwirte und die Umstellung eines Marktes, der die letzten Jahrzehnte nur eine Richtung kannte: mehr Quantität“, sagt Aldi-Süd-Manager Erik Döbele. Für einen deutlichen Ausbau von Außenklima- und Bio-Haltung  würden Erzeuger und Verarbeiter verlässliche Perspektiven benötigen.     Gleichzeitig soll dies eine Signalwirkung im Markt haben. „Wir hoffen, dass unsere Mitbewerber hier schnell mit ähnlichen Plänen nachziehen“, so  Aldi-Nord-Manager Heinbockel.

Preisdruck bei Fleisch ist bisher extrem hoch

Der Präsident des Deutschen Bauernverbandes, Joachim Rukwied,  kommentierte die Ankündigung so: „Den Worten müssen auch Taten folgen. Die Haltungsstufen 3 und 4 sind aktuell eine absolute Marktnische. Wenn das Angebot in diesem Segment weiterentwickelt werden soll, sind in der Tierhaltung massive Investitionen und vor allem langfristige Liefervereinbarungen erforderlich.“

Laut Rukwied sei der Lebensmitteleinzelhandel nun offensichtlich bereit, auch im Einkauf erhebliche Summen aufzuwenden, um mehr Tierwohl angemessen zu honorieren. „Daran hat es bisher häufig gefehlt, wie der Preisdruck der zurückliegenden Wochen ein weiteres Mal bewiesen hat“, sagte der Bauernchef. Glaubwürdig werde diese Ankündigung nur, wenn auch Verarbeitungsware und Fleischerzeugnisse mit einbezogen werden.

Bei Fleisch ist der Bio-Anteil in Deutschland nach Angaben der Verbraucherorganisation Foodwatch noch gering: Im vergangenen Jahr lag er bei Bio-Geflügel bei etwa 2,6 Prozent, bei Rotfleisch (Schwein, Rind, Lamm, Schaf und Kalb) bei 3,6 Prozent. Bio-Produkte machen lediglich 6,4 Prozent des gesamten Lebensmittelumsatzes in Deutschland aus. (mz)