"Die Preisrallye ist vorbei" Ackerpreise in Sachsen-Anhalt steigen nicht mehr

Halle (Saale) - In den vergangenen Jahren kannten die Ackerpreise in Sachsen-Anhalt nur eine Richtung: steil nach oben. Allein von 2010 bis 2015 stiegen die Preise der Flächen, die der Bund über die Gesellschaft BVVG privatisierte, um 80 Prozent auf 25 179 Euro je Hektar.
Verantwortlich dafür wurden vor allem private Investoren gemacht, die nicht aus der Landwirtschaft kommen. In Zeiten niedriger Zinsen gilt Boden als attraktives und sicheres Investment.
Sinkende Ackerpreise in Sachsen-Anhalt: Sonderfaktoren spielen eine Rolle
Daher sind die neuesten Entwicklungen, zumindest für Außenstehende, eine Überraschung. „Die Preisrallye ist vorbei“, sagt Hans-Egbert von Arnim, Niederlassungsleiter der BVVG in Sachsen-Anhalt. Im vergangenen Jahr habe die bundeseigene Gesellschaft im Bundesland rund 1 800 Hektar Land verkauft.
Die Preise lagen mit 22 783 Euro je Hektar im Schnitt sogar zehn Prozent unter dem Niveau von 2015. Für den Rückgang macht von Arnim Sonderfaktoren verantwortlich. So sei die Bodenqualität der verkauften Flächen nicht die höchste gewesen, zudem ist mehr Grünland abgegeben worden.
Insgesamt ist nach seiner Ansicht aber zu beobachten, dass sich die Preise stabilisiert haben. Dafür spricht, dass die BVVG auch in Thüringen, Sachsen und Brandenburg 2016 leicht rückläufige Verkaufspreise verzeichnete. Einen Anstieg gab es lediglich in Mecklenburg-Vorpommern.
Stabile Preise für Ackerland: Grund sind gesunkenen Agrarpreise
Die BVVG (Bodenverwertungs- und -verwaltungs GmbH) ist ein staatliches Unternehmen des Bundes, dessen Aufgabe es ist, landwirtschaftliche und forstliche Flächen, die einst öffentlichen Gesellschaften der DDR gehörten, zu verwalten, zu verpachten und zu verkaufen. Das soll bis 2030 geschehen.
Die Preise, die die BVVG erzielt, geben einen Hinweis, wie hoch das Preisniveau am Markt insgesamt ist.
Die Stabilisierung am Markt führt der Agrarwissenschaftler Alfons Balmann, Direktor am Leibniz-Institut für Agrarentwicklung in Transformationsökonomien (IAMO) in Halle, auf gesunkene Agrarmarktpreise etwa für Getreide, Schweinefleisch und Milch zurück.
Zudem seien die Erträge der Ernten geringer ausgefallen. „Unsere Zahlen zeigen, dass die mitunter hohe Rentabilität ostdeutscher Agrarbetriebe deutlich gesunken ist“, sagt Balmann. Gerade durch die Milchpreiskrise fehle den Unternehmen das Geld, um neue Flächen zu kaufen. Insgesamt sei die Investitionsbereitschaft rückläufig.
Finanzinvestoren könnten das nun als Chance nutzen, um Flächen zu erwerben. Doch gerade die Äcker der BVVG seien für diese wenig interessant, sagt von Arnim. „85 bis 90 Prozent der Flächen verkaufen wir an ortsansässige Betriebe.“
Grund dafür sei, dass bei einem Verkauf maximal 15 Hektar abgegeben werden. Von Arnim spricht von Losgrößen. Diese seien für Großinvestoren unattraktiv, da sie am liebsten mehrere hundert Hektar zusammen erwerben wollen.
Agrarökonom Balmann hatte bereits in der Vergangenheit darauf hingewiesen, dass der Einfluss von Finanzinvestoren in Sachsen-Anhalt überschätzt wird. „Es sind vor allem die Agrarbetriebe selbst gewesen, die die Preise nach oben gedrückt haben“, so Balmann. Das sei aktuell vorbei.
Landwirtschaft in Sachsen-Anhalt: Ganze Betriebe werden verkauft
Wie stark der Einfluss der Investoren tatsächlich ist, lässt sich anhand der veröffentlichten Bodenpreise aber auch nicht genau erkennen. Einige Agrarexperten weisen darauf hin, dass Finanzinvestoren und reiche Industrielle wie Termühlen (MLP) und Fielmann (Brillen) oft an die Gesellschafter großer ostdeutscher Agrarbetriebe direkt herantreten und deren Anteile kaufen. Das ist öffentlich nicht einsehbar.
Sachsen-Anhalts ehemaliger Landwirtschaftsminister Hermann Onko Aeikens (CDU) wollte dem gesetzlich einen Riegel vorschieben, scheiterte letztendlich aber am Einfluss des Bauernverbandes. Das sogenannte Agrarstrukturgesetz verschwand in der Schublade. Die neue Agrarministerin Claudia Dalbert (Grüne) hat es aus dieser noch nicht wieder herausgeholt. (mz)