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Abgasskandal Abgasskandal: VW rüstet mehr Autos um - Porsche nicht zugelassen

Von Frank-Thomas Wenzel 27.07.2017, 16:12
VW will noch mehr Autos in die Werkstätten rufen.
VW will noch mehr Autos in die Werkstätten rufen. dpa

Frankfurt - Umweltministerin Barbara Hendricks hat es VW-Chef Matthias Müller glatt ins Gesicht gesagt. Es gebe „offenbar hier oder da Missstände im Management“, so die Sozialdemokratin am Donnerstag bei einem Besuch des VW-Stammwerks in Wolfsburg. Gemeint ist natürlich die Kartell- und Abgasaffäre. Die jüngsten Vorwürfe über Kartellabsprachen von Konzernen hätten weiteres Vertrauen zerstört, so die Ministerin. Und sie räumt ein, dass es der Staat es in der Vergangenheit zu häufig an Distanz zur Automobilindustrie hat mangeln lassen. Dies habe dazu geführt, dass die Branche sich „zu sicher“ gefühlt habe.

Zwischen den Zeilen steckt eine Drohung – nämlich die, dass die Autobauer es künftig mit einer härteren Gangart zu tun bekommen. Bislang hat der für den Abgasskandal hauptzuständige Verkehrsminister Alexander Dobrindt (CSU) sich eher als Freund und Helfer der Autobranche beim massiv verzögerten Aufarbeiten der Abgasmanipulationen profiliert.

Minister sehr freundlich zu Autobauern

So kamen trotz vielfacher Überschreitungen der Grenzwerte beim giftigen Stockoxid die Autobauer mit der Ankündigung unverbindlicher Nachrüstaktionen davon, die sich weitgehend auf Software-Updates beschränken – was die Kosten pro Auto auf weniger als 100 Euro beschränkt.

Doch mit dem Bekanntwerden der Kartell-Ermittlungen gegen die drei deutschen Konzerne BMW, Daimler und VW haben sich die Koordinaten verschoben. Es herrscht extreme Nervosität in der Branche. Manche Insider sprechen gar von Panik. Die EU-Kommission, unterstützt vom Bundeskartellamt, prüft, inwiefern das Trio mit illegalen Absprachen gegen das Wettbewerbsrecht verstoßen hat. Es drohen heftige Geldbußen.

Die Auswertung von Dokumenten ist längst nicht abgeschlossen

Wie weit die Absprachen gingen, ist bislang noch nicht klar. Die Auswertung umfänglicher Dokumente ist noch längst nicht abgeschlossen. Experten vermuten, dass es auch weitreichende Vereinbarungen gab, wie mit dem Thema Abgasreinigung von Dieselfahrzeugen umgegangen wird. Ziel könnte gewesen sein, die hohen Kosten für eine ordnungsgemäße Reinigung der Emissionen zu drücken, etwa durch die zeitweise Abschaltung der Katalysatoren – das ist besonders für Klein- und Kompaktwagen von Belang. Denn bei diesen Fahrzeugen können für den Hersteller die Kosten für Abgasreinigungsanlage die Aufwendungen für den Motor schnell übersteigen.

Doch die Tricksereien dürften nach dem Auffliegen des mutmaßlichen Kartells in Zukunft zumindest erheblich schwieriger werden. Zumal Hendricks am Donnerstag damit drohte, eine zusätzliche Kontrollbehörde außerhalb des Bundesverkehrsministeriums einzurichten, etwa beim Umwelt- und Verbraucherschutzministerium. Die Autobauer jedenfalls haben offenbar verstanden, dass sie nun gut Wetter bei der Politik machen müssen.

VW-Chef Müller reagierte am Donnerstag prompt auf Hendricks’ Drohungen. Er kündigte an, nun bei bis zu vier Millionen Fahrzeugen die Abgasreinigung nachzurüsten, um „die Emissionen deutlich zu reduzieren“. Das seien 1,5 Millionen Pkw mehr als bislang geplant, teilte der Konzern mit.

Das passt auch zu den Äußerungen von Niedersachsens Ministerpräsident Stephan Weil vom Mittwochabend im ZDF: „Diejenigen Autofahrer, die im guten Glauben ein Auto gekauft haben, die dürfen am Ende nicht die Dummen sein, die draufzahlen müssen oder in ihrer Nutzung eingeschränkt werden“, sagte der SPD-Politiker, der auch im VW-Aufsichtsrat sitzt. Am Anfang der Diskussion zum Beispiel nächste Woche beim Dieselgipfel in Berlin müsse stehen: „Es sind nicht die Autofahrer, die am Ende die Zeche zahlen müssen.“ Das ist eine ganz neue Tonart.

Dobrindt belegt Porsches Geländewagen Cayenne mit Zulassungsverbot

Unterdessen sind bestimmte Diesel-Fahrzeuge von Porsche nach den Worten von Bundesverkehrsminister Alexander Dobrindt offenbar mit einer unzulässigen Abgastechnik ausgestattet und werden daher mit einem Zulassungsverbot belegt.
Betroffen seien Geländewagen vom Typ Cayenne mit Drei-Liter TDI-Motoren und der Euro-6-Norm, erklärte der CSU-Politiker am Donnerstag in Berlin. „Auf dem Rollenprüfstand springt bei diesen Fahrzeugen eine sogenannte Aufwärmstrategie an, die im Realverkehr nicht aktiviert wird.“ Er ergänzte: „Wir stufen das als unzulässige Abschalteinrichtung ein.“