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Wirtschaft Wirtschaft: Konjunktur am Rande der Rezession

15.05.2003, 06:14
Das Archivbild zeigt einen Bauarbeiter bei der Arbeit in einer verschachtelten Stahlträgerkonstruktion auf einer Baustelle in Bönen (Kreis Unna). Die Konjunktur in Deutschland kommt nicht in Schwung. (Foto: dpa)
Das Archivbild zeigt einen Bauarbeiter bei der Arbeit in einer verschachtelten Stahlträgerkonstruktion auf einer Baustelle in Bönen (Kreis Unna). Die Konjunktur in Deutschland kommt nicht in Schwung. (Foto: dpa) dpa

Hamburg/dpa. - Deutschland steht am Rande einer Rezession. Im Kielwasser der größten europäischen Volkswirtschaft hat sich zudem die wirtschaftliche Schwäche im gesamten Euroland ausgebreitet: In der Währungsunion mit ihren 12 Mitgliedsländern und rund 300 Millionen Einwohnern stagnierte das Bruttoinlandsprodukt bereits im zweiten Vierteljahr in Folge.

Nach dem Ende des Irak-Krieges und angesichts niedriger Zinsen sowie nachlassender Inflation rechnet die Europäische Zentralbank (EZB) allerdings mit einer baldigen Erholung: Im späteren Verlauf dieses Jahres dürfte eine allmähliche Stärkung des Wachstums einsetzen, prognostizierte die EZB in ihrem Mai-Bericht. «Wir erwarten nur eine schrittweise Erholung des realen Wirtschaftswachstums im späteren Verlauf des Jahres 2003, die sich dann im Jahr 2004 beschleunigen sollte», betonte der österreichische Notenbankgouverneur Klaus Liebscher.

Entgegen allen Prognosen ist das deutsche Bruttoinlandsprodukt (BIP) zum Jahresanfang 2003 zurückgegangen. Die gesamtwirtschaftliche Leistung der Bundesrepublik fiel in den ersten drei Monaten real 0,2 Prozent geringer aus als im Schlussquartal 2002. Dies teilte das Statistische Bundesamt in Wiesbaden mit. Das BIP des 1. Vierteljahres 2002 wurde nur noch um 0,5 Prozent übertroffen.

Die negative Entwicklung ist nach Darstellung der Statistiker vor allem auf die Importe zurückzuführen, die deutlich stärker gestiegen sind als die Exporte und mit einem negativen Außenbeitrag die Volkswirtschaftliche Gesamtrechnung belastet haben. Das nur bescheidene inländische Wachstum konnte dies nicht kompensieren.

Die meisten Volkswirte der Großbanken und die Forschungsinstitute hatten für den Jahresbeginn noch mit einem Mini-Wachstum von 0,2 Prozent statt mit einem Minus gerechnet. Damit hat sich die deutsche Konjunktur weiterhin nicht aus der lähmenden Stagnation befreien können. Bereits im 4. Quartal 2002 war die deutsche Wirtschaft mit minus 0,03 Prozent gegenüber den vorangegangenen drei Monaten leicht unter der Null-Linie geblieben.

Trotz dieses negativen Trends halten es viele Volkswirte nicht für gerechtfertigt, bereits von einer Rezession mit nachhaltig schrumpfender Wirtschaftsleistung zu sprechen. Der Präsident des Deutschen Industrie- und Handelskammertages (DIHK), Ludwig Georg Braun, rechnet nicht mit einer Rezession in Deutschland. Das 2. Quartal entwickele sich deutlich besser, sagte Braun der dpa in Frankfurt. «Es geht nicht weiter nach unten.» Die Stimmung bei den Unternehmen sei derzeit deutlich positiver als zu Jahresbeginn. Auch Arbeitgeberpräsident Dieter Hundt erwartet nicht, «dass wir in den nächsten Quartalen weiter Minus-Wachstum haben werden».

Die EU-Kommission hatte bereits in ihrem Frühjahrsgutachten im April ausdrücklich vor einem Abgleiten der deutschen Wirtschaft in die Rezession gewarnt. Die Kommission rechnete damals auch für das 2. Quartal mit einem rückläufigen BIP, traut Deutschland aber für 2003 insgesamt noch ein Wachstum von 0,4 Prozent zu. Davon will Brüssel auch nach den unerwartet schwachen Zahlen des 1. Quartals nicht abrücken, wie der Sprecher von Währungskommissar Pedro Solbes sagte. Die Bundesregierung geht nach Aussagen aus dem Wirtschafts- und Finanzministerium unverändert von 0,75 Prozent aus.

Im Nachbarland Niederlande schrumpfte die Wirtschaft sogar im zweiten Quartal in Folge. Auch Italien meldete am Donnerstag ein gegenüber dem Schlussquartal leicht rückläufiges BIP. Für Portugal, dessen Wirtschaft schon seit Mitte 2002 in der Rezession steckt, legte die europäische Statistikbehörde Eurostat keine aktuellen Zahlen vor.

Im gesamten Euroland gab es im 1. Quartal gegenüber dem Vorquartal 0,0 Prozent Wachstum, nach minimalen 0,1 Prozent im Vierteljahr zuvor. Die EU-Kommission erwartete in einer separaten Studie für das zweite und dritte Quartal im Euroland jeweils schwache Wachstumsraten in der Spanne von 0,0 Prozent bis 0,4 Prozent. Für das Gesamtjahr wird für die Eurozone ein Plus von einem Prozent angenommen.

Bruttoinlandsprodukt. (Grafik: dpa)
Bruttoinlandsprodukt. (Grafik: dpa)
dpa