Welt der DDR Welt der DDR in Dresden: Unternehmer Peter Simmel zeigt den DDR-Alltag hautnah

Dresden - In der DDR-„Kaufhalle“ steht das Spee-Waschmittel neben dem im-nu-Kaffee, ein Schild wirbt für „Eiskreme nach Pückler Art“, in den Regalen reihen sich Sekt-, Saft- und Limonadenflaschen - versehen mit dem Hinweis: Nicht mehr als fünf Flaschen pro Haushalt.
„Das war früher so“, sagt Gabi Reißig, die dem Umzug des ehemaligen DDR-Museums „Zeitreise“ aus Radebeul nach Dresden koordiniert hat. Die Kaufhalle - im Vergleich zu DDR-Zeiten allerdings gut gefüllt - gehört zu den Lieblingsstücken der 54-Jährigen, die damals Einzelhändlerin gelernt hat. „An jedem Stück hängt ein Gedanke aus der Kindheit und der eigenen Familie, das ist schon sehr emotional.“
An diesem Sonntag öffnet „Die Welt der DDR“ nach dem Umzug ihre Türen in Dresden. Nicht nur der Name hat sich geändert, auch das Konzept und die Größe: Auf rund 1500 Quadratmetern sind rund 60 000 Exponate in dem Hochhaus am Albertplatz zu sehen - vorher war die Ausstellungsfläche fast doppelt so groß.
Die von einem Museumspädagogen mit Liebe zum Detail gestaltete Schau soll einen Einblick in den DDR-Alltag geben - vom voll ausgestatteten Wohnzimmer mit DDR-Schrankwand über den Camping-Bereich samt Klappfix bis zu Kinderspielzeug und einem Klassenzimmer mit Pionier-Utensilien.
Aussteller wollen Schulklassen in das Museum locken
Neu ist allerdings die LED-Leinwand im Schulzimmer, über die ein Film über das Leben in der DDR flimmert. Mit der neuen Schau sollen auch mehr Schulklassen in die Ausstellung in der Dresdner Neustadt gelockt werden - und Geschichte hautnah erleben. „Wir müssen die Jugend begeistern“, sagt Reißig.
Nach der Insolvenz des DDR-Museums „Zeitreise“ in Radebeul hatte Unternehmer Peter Simmel, der in dem Hochhaus ein Einkaufszentrum betreibt, das Museum gekauft.
„Wir wollen nicht werten, was war gut oder was war schlecht in der DDR“, sagt der Unternehmer. „Wir wollen das Bewusstsein wecken, wie die Umstände waren.“ Rund 300 000 Euro hat Simmel in Umzug und Umbau investiert. Nun will er mit neuem Ausstellungskonzept sowie Aktionen, Konzerten und Lesungen pro Jahr rund 100 000 Besucher anlocken.
Insgesamt haben mehr als 70 Leihgeber ihre Ausstellungsstücke zur Verfügung gestellt. Neu ist eine Apotheke, die Eckhardt Guthmann aus Meißen gesponsert hat: Seine Frau, eine Apothekerin, hat seit der Wende sämtliche von den Patienten zurückgegebene Pillen, Fläschchen und Salben gesammelt.
„Im letzten Jahr hat sie alles geordnet und aufgearbeitet, warum sollen wir das bei uns herumstehen lassen“, sagt Guthmann. In Dresden stehen die alten Medikamente nun säuberlich geordnet hinter Vitrinen.
Kurz vor der Eröffnung werden in den Räumen am Albertplatz letzte Fahnen aufgehängt, das Direktorenzimmer gewischt und Fensterscheiben an den Trabis und Wartburgs geputzt. Zu den Fahrzeugen gehört auch ein grün-orangefarbener Barkas der Volkspolizei, der im Film „Sonnenallee“ als Einsatzfahrzeug zu sehen war.
Aufwändiger Umzug der letzten vier Wochen verlief reibungslos
Reißig ist froh, dass der Umzug in den vergangenen vier Wochen gut über die Bühne gegangen ist. Kleinteile wie Geschirr, Spielzeug und Kleidung wurden Kiste für Kiste ein- und wieder ausgepackt, schwere Maschinen mussten in die erste Etage geschleppt werden. Um die historischen Autos und Motorräder hat sich eine Spezialfirma gekümmert.
„Fast täglich bekommen wir Gebrauchsgegenstände aus DDR-Zeiten angeboten“, berichtet Projektleiterin Reißig. Vielleicht greift sie für „Die Welt der DDR“ hier und da zu. Vorerst muss die 54-Jährige aber noch die beiden vollgestopften Depots sichten - und schauen, was künftig noch gezeigt werden kann. Denn Peter Simmel will kein Museum mehr, sondern eine lebendige Schau, die sich immer wieder ändert. (dpa)