Volldampf mit Salatöl Volldampf mit Salatöl: Privatbahn rüstet auf Öko-Treibstoff um

Meyenburg/dpa. - Über den Gleisen hängt der Geruch verbrannterPommes: Gerade hat ein rot-weiß-blauer Triebwagen der PrignitzerEisenbahn Gesellschaft (PEG) frisch aufgetankt die kleineWartungsstation Meyenburg (Prignitz) in Richtung Pritzwalk verlassen.Er hat rund 400 Liter bestes Salatöl getankt, was bei der Verbrennungfür den ungewöhnlichen Abgasduft sorgt.
Die Prignitzer Privatbahn bedient Nahverkehrsstrecken inBrandenburg, Mecklenburg-Vorpommern und Nordrhein-Westfalen. AusKostengründen rüstet sie als erste in der Bundesrepublik ihreSchienenfahrzeuge auf den Antrieb mit Pflanzenöl um. «Raps geht ambesten, und es riecht so gut!», sagt Anne-Kathrin Bacher, Chefin derfür den Umbau zuständigen Prignitzer Lokomotiv- und Waggonbau GmbH,einer Tochter der PEG.
Seit März holpert etwa alle drei Wochen ein Tankwagen den Sandwegzum neuen Meyenburger Betriebshof, um 25 Tonnen vollraffiniertesRaps- oder auch Sojaöl mit Lebensmittelqualität abzuliefern.«Kaltgepresstes Öl nehmen wir nicht, denn Rückstände wie Vitamineoder Eiweißstoffe würden unseren Motoren Probleme bereiten», erklärtdie promovierte Chemikerin Bacher.
Sehr bekömmlich indes seien die reinen Pflanzenöle, die gutschmieren und dank ihrer höheren Dichte im Vergleich zu herkömmlichemDieselkraftstoff keinen Leistungsverlust zur Folge hätten. DieLangzeitwirkung etwa auf die Einspritztechnik indes werde nochuntersucht. Ständige Labortests am Motoröl geben Aufschluss über denZustand der Maschinen. Zum Jahresende sollen Ergebnisse vorliegen unddie nötigen Wartungsintervalle für die Öko-Triebwagen feststehen.
Schon jetzt sieht PEG-Geschäftsführer Ralf Böhme deutliche Effektedes Einsatzes von Pflanzenöl: «Wir sind unabhängig von denTankstellen der Deutschen Bahn, können quasi überall tanken, dennPflanzenöl ist absolut risikolos für Umwelt und Anwohner zu lagernund abzufüllen.» So konnten problemlos und vor allem preiswert eigene«Tankstellen» - große Fässer mit Schläuchen - in Meyenburg, Berlinund Oberhausen (Nordrhein-Westfalen) aufgestellt werden. Zudem liegtder Einkaufspreis für Rapsöl Böhme zufolge deutlich unter dem vonkonventionellem oder Biodiesel.
Erste Versuche mit «Salatöl» im Tank liefen 1999 mit denSchienenbussen der PEG, den so genannten «Ferkeltaxen». Seit Oktober2003 fahren nun auch die acht modernen Regio-Shuttle in der Prignitzmit reinem Raps- oder Sojaöl. Ab Sommer sollen die sechs «Talent»-Triebwagen im Rheinland umgerüstet werden. 2005 könnten dann die elfZüge der «Westmünsterlandbahn» folgen, die von den Prignitzern abDezember zwischen Dortmund und Enschede (Niederlande) auf Fahrtgeschickt werden.
Umgestellt würden auch die 25 Fahrzeuge des Ostbrandenburg-Netzes,das ab Jahresende von der PEG-Beteiligung Ostdeutsche Eisenbahn GmbH(ODEG) zusammen mit der Hamburger Hochbahn AG bedient wird. Indestanken derzeit noch die sieben Bahnen im Süden MecklenburgsBiodiesel.
Insgesamt leistet die PE Holding AG ab 2005 sieben MillionenZugkilometer im Jahr allein im Personennahverkehr, und zwar aufStrecken in abgelegenen Gebieten, die der frühere Monopolist DB wegenzu geringer Gästezahlen nicht mehr befährt. Daneben ist die PEGbundesweit im Frachtgeschäft tätig. 2003 setzte die Gesellschaft rund25 Millionen Euro um. Ende dieses Jahres werden gut 400 Mitarbeiterbeschäftigt sein. Seit April gehört das Unternehmen zu 90 Prozent derbritischen Firmengruppe Arriva.
Hintergrund des Besitzerwechsels seien Expansions- undInvestitionspläne, erläutert Böhme. Allein acht Millionen Euro sollenab 2005 im Prignitzer «Stammgebiet» in Bahnhöfe sowie den Ausbau derStrecken auf Geschwindigkeiten von bis zu 80 Kilometer je Stundefließen.
Angefangen hatte die PEG mit der Bahnreform 1996 zunächst mit vierBeschäftigten und 25 000 jährlichen Zugkilometern zwischen Pritzwalkund Putlitz. Seither wurden 60 Millionen Euro allein in den Fuhrparkinvestiert. Mit der Strecke Pritzwalk-Meyenburg-Karow gehört dererste Schienenstrang seit Anfang 2004 der Prignitzer Eisenbahn.