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Bereit für die Apokalypse Vivos Europa One: Robert Vicino baut Wellness-Bunker

Von Steffen Könau 10.05.2017, 10:00
Das ist keine Yacht und kein Fünf-Sterne-Hotel: So soll ein Apartment im neuen Luxusbunker in Rothenstein aussehen. Im Moment sucht Bunker-Käufer Robert Vicino noch Interessenten.
Das ist keine Yacht und kein Fünf-Sterne-Hotel: So soll ein Apartment im neuen Luxusbunker in Rothenstein aussehen. Im Moment sucht Bunker-Käufer Robert Vicino noch Interessenten. TerraVivos.com

Rothenstein - Robert Vicino ist ein geduldiger Typ, ja, er ist sogar ein sehr geduldiger Typ. 1980 war es, als der Mann aus dem US-Bundesstaat Indiana eine Vision hatte: Bau einen Bunker für tausend Menschen, sagte ihm diese Eingebung, tausend Menschen, die überleben sollen, was kommt.

Was genau das sein würde, teilt die Stimme nicht mit. Aber Vicino, Chef von hundert Angestellten, kann es sich in etwa denken. In Washington regiert damals Jimmy Carter, in Moskau Leonid Breshnew. Es herrscht Kalter Krieg, die Weltmächte bedrohen einander mit atomarer Vernichtung und die Sowjetunion marschiert in Afghanistan ein.

Das kann nicht gut gehen, glaubt Robert Vicino, der bis dahin kein besonders gläubiger Mensch gewesen ist, wie er heute sagt. Vicino hat Kunst studiert, eine Firma gegründet, die beispielsweise Spezialeffekte Hollywood geliefert hat. Vicino macht Millionenumsätze und fährt Rolls-Royce. Doch die unglaubliche Reise des Selfmade-Millionär beginnt hier erst.

Robert Vicino: Mit Luxus-Bunkern die Welt retten

Der Tag mit der Eingebung, wie er es heute nennt, ändert alles. Robert Keith Vicino ist nun auf einer Mission: Er muss die Welt retten, indem er möglichst viele Menschen rettet, tausend oder mehr, je mehr, desto besser jedenfalls. Vicino widmet der Aufgabe sein Leben, denn er ist überzeugt, dass sie ihm direkt von Gott übertragen wurde.

Dass der Kalte Krieg dann irgendwann endet und die Welt von einer ewigen Friedensdividende träumt, irritiert ihn gar nicht. „Wir leben in einer Welt voller Gefahren“, sagt er, „ein dritter Weltkrieg, Terrorismus, der Zusammenbruch der Wirtschaft oder ein Asteroideneinschlag, alles ist möglich.“ Immer noch. Sei es aber erst einmal soweit, dann, warnt Vicino, „wird es zu spät sein, sich zu schützen“.

Entstanden ist der größte Teil der Anlagen am Ende des Zweiten Weltkrieges, als die deutsche Rüstungsindustrie verzweifelt nach unterirdischen Ausweichstätten suchte. Für Carl Zeiss Jena, das die Luftwaffe und die Kriegsmarine belieferte, wurden die seit Jahrhunderten genutzten natürlichen Höhlen im roten Sandsteingebirge unter dem Decknamen „Albit“ aufgebohrt, erweitert und zu einer unterirdischen Fabrik umgebaut. Bis in die 70er Jahre blieb das Stollensystem dann ungenutzt, ehe die NVA die Kavernen im Fels als „Komplexlager 22“ zum Waffenlager ausbaute. Die Bundeswehr übernahm das Gelände 1990, gab es allerdings 2003 auf.

Der Wahl-Kalifornier braucht knapp 30 Jahre, bis er Vivos aus der Taufe heben kann, seinen Lebensversicherer der anderen Art. Die Firma aus dem kalifornischen Küstenstädtchen Del Mar baut und betreibt Bunkeranlagen, etwa 575 Privatbunker im US-Bundesstaat South Dakota, die ein über eine weite grüne Wiese verteiltes Bunkerdorf bilden. Obwohl sie von außen so aussehen, sind das keine grauen, engen Betonröhren mit rostigen Etagenbetten, Dosenfutter und stickiger Luft.

Sondern Suiten wie in Luxushotels, mit Echtholzfurnier und Flachbildschirmen, Schwimmbecken, Sauna und Ledercouch, Lobby mit edler Bar und Fitnessstudio. Was immer gut und edel aussieht, wird in die Kelleretagen eingebaut, in denen die Kundschaft von Vivos den jüngsten Tag zu überleben hofft. Vicino selbst nennt seine Edel-Apartments für den Weltuntergang denn auch schlicht „unterirdische Kreuzfahrtschiffe“.

Einrichtung des Bunkers erinnert an Fünf-Sterne-Hotel

Wenn der Mann mit der Vision, die Menschheit vor der Vernichtung zu retten, von den Fähigkeiten seiner Schutzbauten schwärmt, scheint die Liste im Gegensatz zur Welt gar kein Ende nehmen zu wollen. Allein die Innenausstattung von Vivos Europa One, dem ersten unterirdischen Großprojekt in Europa, das der Mittsechziger in einen ehemaligen NVA-Bunker in der Nähe von Jena bauen will, erinnert eher an ein exquisites Fünf-Sterne-Hotel als an die betongrauen Stahlsärge des Kalten Krieges.

Swimmingpools, Pub und Theater, Warenhaus, Gebetsräume, Fischzucht, Friseursalon und neben einem Fitnessstudio auch ein Hubschrauberlandeplatz - Vicino und seine Planer sind entschlossen, aus den tief in den Berg bei Rothenstein getriebenen Schächten nicht nur den sichersten, sondern auch den bequemsten Platz der Welt zu machen.

„Europa One wird allem widerstehen“, ist sich der Vivos-Chef sicher. Weder atomare Angriffe noch chemische Waffen, weder Erdbeben noch Tsunamis noch ein direkter Flugzeugabsturz könnten den im Ernstfall rund 500 Bunkerbewohnern ernsthaft etwas antun. „Das sind fast fünf Kilometer extrem geschützter Tunnel“, beschreibt der Amerikaner stolz. Jedes Tor wiegt 40 Tonnen, es gibt einen Bahnanschluss, einen Elektrozaun und zwei Tiefbrunnen.

Die Stunde des Robert Vicinos schlug 2011. Der gigantische Keller südlich von Jena von der Bundesfinanzdirektion an eine Immobilienfirma aus Berlin verkauft worden. Deren Chef Jörg Heitmann sah Chancen für ein Kunstdepot oder ein Hochsicherheitsrechenzentrum. „Aber die Behörden haben uns so viele Steine in den Weg gelegt, dass es sieben Jahre dauerte, bis wir alle Genehmigungen beisammen hatten“, erzählt er. Ein paar Interessenten aus der Hightech-Branche waren da schon weitergewandert. „Für so ein Objekt gibt es ja keinen Markt, sondern Kunden, die man finden muss.“

Heitmann fand schließlich Robert Vicino. „Die Bedrohungen steigen“, erklärt Vicino sein Interesse am Bunker, „also steigt auch der Bedarf an Schutz.“ Zumal der nach Wellness-Bunkern. „Mehr als tausend Anfragen von Interessenten“ hat Vivos nach eigenen Angaben bekommen. „Darunter sind Leute aus Europa, Nordafrika und lustigerweise aus Russland.“ Noch ist allerdings nichts gebaut, noch sind die 100 Millionen Euro, die Vivos investieren will, nicht zusammen. Doch Vicino ist optimistisch: „Europa One ist in zwei Jahren fertig“.

Um ein Ticket für die Reise hinter das Ende der Welt kaufen zu können, müsse man ja kein Millionär sein, betont der Firmenchef. Die meisten Kunden seien normale Leute zwischen 45 und 70, Familien mit Kindern und Großeltern, „Menschen, die an Gott glauben und den Wunsch haben, zu überleben“. Vicino hilft dabei, auch denen, die sich kein Apartment mit 500 Quadratmetern für zwei Millionen leisten können. „Unsere Preise starten bei 35 000 Euro.“ Der Gegenwert eines Autos. Geld, das aus Sicht von Robert Vicino in ein paar Bunkerplätze allemal besser investiert ist. „Es wird eines Tages viel teurer werden, es nicht ausgegeben zu haben.“ (mz)