Verleger der Mediengruppe M. DuMont Schauberg ist tot Verleger der Mediengruppe M. DuMont Schauberg ist tot: Nachruf auf den großen Publizisten Alfred Neven DuMont
Köln - Da war dieses Treffen in den frühen 1950er Jahren im Kölner Villenviertel Marienburg. Alfred Neven DuMont hat manches Mal davon erzählt, so lebendig, dass man glaubte, dabei gewesen zu sein. Schwergewichte aus Politik und Wirtschaft hatten den Kölner Zeitungsverleger Kurt Neven DuMont und seinen Sohn Alfred zum vertraulichen Gespräch gebeten. Sie legten ihnen einen publizistischen Marshall-Plan auf den Tisch: Der „Kölner Stadt-Anzeiger“, mit dem der Verlag M. DuMont Schauberg seit 1949 wieder den Anschluss an die große Tageszeitungstradition der „Kölnischen Zeitung“ gesucht hatte, könne zu einem überregionalen Titel aufgebaut werden. Geld sei vorhanden. Einzige Bedingung: Die Zeitung sollte den Zielen der Regierungspartei CDU verpflichtet sein.
Schlüsselszene für sein Wirken
Der junge Alfred Neven DuMont war spontan elektrisiert: als Journalist, der er nach Ausbildung im Axel-Springer-Verlag, bei der „Süddeutschen Zeitung“ und in den USA geworden war; aber auch als Unternehmer, einer Profession, die ihm als Verlegerspross in zwölfter Generation im Blut lag. „Ist das die Chance für uns, für die Zeitung und für Köln?“, fragte er seinen Vater und sah seine Heimatstadt publizistisch schon in der Sphäre Frankfurts mit „FAZ“ und „Frankfurter Rundschau“ oder auf der Höhe Hamburgs, wo Rudolf Augstein den „Spiegel“ als Leitmagazin der jungen Republik etabliert hatte. Kurt Neven DuMont winkte ab. „Wir können das nicht machen. Egal, was wir gewinnen, wir verlieren unsere Unabhängigkeit.“
Mit Alfred Neven DuMont ist eine herausragende Persönlichkeit von uns gegangen, die das Unternehmen mehr als ein halbes Jahrhundert lang entscheidend geprägt hat. Der Verlust meines langjährigen Partners trifft mich schwer. Er wird in unserem Familienunternehmen eine große Lücke hinterlassen.
Ich habe Professor Neven DuMont als einen Menschen erlebt, dem die Publizistik und das Unternehmen gleichermaßen wichtig waren. Er bleibt ein großes Vorbild für unsere Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, die ihm immer sehr am Herzen lagen.
Immer mit klarer Position und aus tiefster Überzeugung hat Alfred Neven DuMont, nicht selten auch streitbar, einen wichtigen Beitrag zum Funktionieren der Demokratie in der Bundesrepublik geleistet und die Zeitungslandschaft der Bundesrepublik nachhaltig geprägt.
Mit Trauer und Bestürzung hat die deutsche Sozialdemokratie vom Tode Alfred Neven DuMonts erfahren. Mit seiner publizistischen Leidenschaft, seinem wachen Verstand und seiner kühlen journalistischen Analyse zählte Neven DuMont zu den herausragenden Verlegern unseres Landes.
Mit Alfred Neven DuMont verlieren wir einen der letzten großen Verleger, der sich schon im Deutschland der Nachkriegszeit um die Wiederherstellung der Presse- und Meinungsfreiheit verdient gemacht hat. Er hat seinen Platz im Kreis von Verlegerpersönlichkeiten wie Axel Springer und Rudolf Augstein.
Alfred Neven DuMont hat mit Mut, Kreativität und Leidenschaft ein bedeutendes Medienunternehmen – zu dem auch Literatur- und Kunstverlage gehören – aufgebaut. Er ’liebte die Zeitungen’, wie er sagte. Wir werden Neven DuMont als großen Verleger und einzigartige Persönlichkeit in Erinnerung behalten.
Alfred Neven DuMont hat an der Spitze eines der größten und ältesten Verlagshäuser in Deutschland Maßstäbe gesetzt. Wir werden ihn als Vollblutverleger und Medienmann in Erinnerung behalten, dessen prägender Stil in unserer Stadt in der Berliner Zeitung und im Berliner Kurier weiterhin sichtbar sein wird.
Mit Alfred Neven DuMont ist eine große Verlegerpersönlichkeit von uns gegangen. Der rheinische Unternehmer prägte mit Weitsicht die gesamte deutsche Zeitungslandschaft, nicht zuletzt durch sein Engagement in Berlin. Berlin trauert.
Das Gespräch wurde für Alfred Neven DuMont, zu dessen Verlagsgruppe auch die "Berliner Zeitung" und der "Berliner Kurier" gehören, zur Schlüsselszene für sein mehr als 60-jähriges Wirken. Versuchungen gibt es im Leben eines Verlegers zuhauf, auch schwere Prüfungen – wie Strukturwandel und Branchenkrise der vergangenen 15 Jahre zeigen. Doch wer sich ihnen ergibt um den Preis seiner Unabhängigkeit, der gewinnt nichts, sondern verliert am Ende alles.
Sinn für Theater und Schauspielerei
Ein Verlierer aber wollte Alfred Neven DuMont niemals sein. Ursprünglich stand ihm der Sinn nach dem Theater, der Schauspielerei. In München trat er 1948 bereits im Staatsschauspiel auf, war Assistent von Regisseur Hans Schweikart an den legendären Kammerspielen. Doch als vier Jahre nach Kriegsende die Beschränkungen der Alliierten für Zeitungshäuser entfielen und der „Kölner Stadt-Anzeiger“ wieder erscheinen konnte, zog es den Verlegersohn ins Leben, wie er sagte. Nicht ohne Zweifel. „Am 1. September schnappte die Falle zu“, bemerkt er in seinen Memoiren über seinen Eintritt in den Verlag 1953. Den Vertrag mit dem Menetekel „unkündbar“ – „für immer gefangen, dachte ich, in Sippenhaft“ – hätte er „noch am selben Tag am liebsten in viele Fetzen zerrissen“.
Unabhängigkeit als Markenzeichen
Er tat es nicht. Und beherzigte die Lektion des Vaters. Unabhängigkeit wurde zu seinem Markenzeichen, unternehmerisch und persönlich. Unabhängigkeit von Parteien, von Interessengruppen – sie machte das Verlagshaus erfolgreich. Sie führte das Familienunternehmen, das Neven DuMont nach dem Tod seines Vaters 1967 übernahm und in 40-jähriger „vitaler, dynamischer Partnerschaft“ mit dem 2013 verstorbenen Dieter Schütte lenkte, in die Spitzengruppe der größten deutschen Zeitungshäuser. Unabhängigkeit machte den „Kölner Stadt-Anzeiger“ zur wichtigsten und meistgelesenen Zeitung Kölns, den 1964 gegründeten „Express“ zum Platzhirschen auf dem rheinischen Boulevard.
Publizistische Vielfalt
Der liberale „Stadt-Anzeiger“ überrundete alsbald die konservativ-katholische „Rundschau“. Doch wusste Alfred Neven DuMont um den Wert publizistischer Konkurrenz, die immer auch für Vielfalt steht. Als die „Kölnische Rundschau“ in Schwierigkeiten geriet, stieg „der Dümong“, wie die Kölner den Verlag im rheinischen Singsang nennen, beim Heinen-Verlag ein. Die redaktionelle Eigenständigkeit der KR unter ihrem Herausgeber blieb erhalten. Nicht immer dankten Stadtgesellschaft und deren Repräsentanten Neven DuMont diesen Schritt. Mancher, der ihn schlicht nicht verstand, mokierte sich über den „Monopolisten“ in der Breite Straße, dem Stammsitz des Verlags bis zum Umzug 1998 ins „Glashaus“ an der Amsterdamer Straße, eine mit Offenheit und Transparenz spielende Schöpfung des koreanischen Architekten Duk-Kyu Ryang. Natürlich wehrten sich die Verlagsgranden, Geschäftsführer und Chefredakteure, gegen den Vorwurf. Aber Alfred Neven DuMont wusste und akzeptierte, dass die Kritiker sich auch an ihm selbst abarbeiteten.
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„Suchet der Stadt Bestes!“ Dieses Wort des Propheten Jeremia aus dem Alten Testament bringt Neven DuMonts Verhältnis zu seiner Vaterstadt auf den Punkt. Er verstand sich dabei als Ideengeber, Antreiber, kritischer Kommentator in Leitartikeln auf der Meinungsseite des „Kölner Stadt-Anzeiger“. Sein Metier war das Schreiben.
Mutige Visionen
Das Machen sollten diejenigen besorgen, die das in ihrer Jobbeschreibung stehen haben: die Oberbürgermeister, die Stadtverwaltung, die Direktoren der Museen und anderer Kulturinstitutionen. Für große Pläne und mutige Visionen ließ er sich begeistern und dann auch in die Pflicht nehmen. Für das Wallraf-Richartz-Museum etwa, dessen Stifterrat Neven DuMont als Vorsitzender maßgeblich prägte, hatte er sich einen anderen Standort gewünscht als den heutigen am Rathausvorplatz.
Unerträglich war für Alfred Neven DuMont die Vorstellung, er hätte sich auf die Rolle eines Managers beschränken müssen, der statt Zeitungen ebenso gut Wurst oder „Backhendl“ verkaufen könnte.
Zeitungen sind keine Ware
„Zeitungen sind keine Ware. So habe ich es von meinem Vater gelernt“, pflegte er zu insistieren – ein Satz, den Kanzlerin Angela Merkel 2007 in ihrer Laudatio zum 80. Geburtstag auf einem Empfang des Verlegerverbands BDZV in Berlin mit der Bemerkung verband, Neven DuMont sei als Journalist mit Leib und Seele „eine Verlegerpersönlichkeit, wie es nur ganz wenige in Deutschland gibt“. Mit seinem „großartigen Beitrag für die freie und unabhängige Presse“ habe er sich um das Land verdient gemacht.
Kampf für publizistische Freiheit
In den 1970er Jahren bestand dieses Verdienst aus Neven DuMonts Sicht eben im erbitterten Kampf gegen das „Presserechtsrahmengesetz“, mit dem die sozial-liberale Koalition die publizistische Kompetenz der Zeitungsverleger aufs Grundsätzliche beschränken wollte, während die entscheidende, weil für jeden Beitrag maßgebliche „Detailkompetenz“ bei den Autoren liegen sollte. Über dieses Ansinnen konnte sich Neven DuMont noch Jahrzehnte später empören. An seiner Seite in der damaligen Auseinandersetzung: Rudolf Augstein, auf den Neven DuMont sich immer wieder gern bezog. Von manch gemeinsam mit Augstein gewälztem Plan blieb ihm besonders der Versuch in Erinnerung, eine eigene Wochenzeitung gegen die Übermacht des Springer-Verlags zu gründen. Das ambitionierte Unterfangen scheiterte. Zum 60. Geburtstag 1987 widmete Augstein dem Kölner „Freund und Weggefährten“ einen Glückwunsch, der von der Wechselseitigkeit ihrer besonderen Beziehung zeugt.
Distanz und Nähe
Wer „Sir Alfred“ mit allerhand Titeln aus dem höfischen Milieu bedachte, vom „Pressebaron“ über den „Verlegerfürsten“ bis zum „Zeitungszaren“, wollte damit den eigenen Abstand signalisieren. Viele übersahen, dass der aristokratisch anmutende Habitus die Art Neven DuMonts war, Abstand zu wahren, sich nicht vereinnahmen zu lassen. Ebenso wichtig wie die Unabhängigkeit war ihm die Distanz. Nah waren ihm immer die Zeitungen. Eigene und fremde, kleine Blätter und große Titel. Sie begleiteten ihn durch den Tag. Interessantes bewahrte er auf, reichte es als Anregung an die Redaktion weiter. Kritik fand ihren ersten Ausdruck in Aktennotizen, denen dann ein meist entspannteres Gespräch folgte. Was morgens in der Zeitung stand oder was darin fehlte, bestimmte Alfred Neven DuMonts Stimmungslage und gab vor, ob der Herausgeber beschwingt war – oder auch nicht. Das konnte dann hart werden.
Mensch auf der Suche nach Gott
„Man darf sich nicht wundern, dass eine solche Persönlichkeit geschätzt und gefürchtet wurde“, sagt der langjährige Kölner Dompropst Norbert Feldhoff zum Tod Alfred Neven DuMonts. Der Kirchenmann, den Neven DuMont mit Pfarrer Pirmin Spiegel, Chef des katholischen Hilfswerks Misereor, zum Zelebranten seiner Totenmesse bestimmte, lernte ihn auch als Menschen auf der Suche nach Gott kennen; als Empfindsamen, Verletzlichen und – tief im Inneren – von manchem Schicksalsschlag Gezeichneten. Besonders gilt das für den frühen Tod seines 1967 geborenen Sohns Spiridon im Jahr 1995.
Fixstern Hedwig Neven DuMont
Mit seiner Kirche, der katholischen, hatte Alfred Neven DuMont sich in den letzten Lebensjahren ausgesöhnt, sehr zur Freude seiner Frau Hedwig, einer geborenen Prinzessin von Auersperg. Sie war in seinem bewegten, bisweilen überaktiven Leben der Fixstern, der den Planeten auf eine ruhende Mitte bezieht und ihn in aller Dynamik auf einer bestimmbaren, verlässlichen Umlaufbahn hält. Mit ihrem sozial-karitativen Engagement, vor allem der Aktion „wir helfen“ zugunsten von Kindern und Jugendlichen, verkörpert Hedwig Neven DuMont Werte, die für beide Eheleute einen „guten Menschen“ ausmachten.
Millionen für karitative Stiftung
So gründete Alfred Neven DuMont eine millionenschwere karitative Stiftung und unterstützte mit großen Summen Projekte der kirchlichen Entwicklungsarbeit, unter anderem ein Ordenskrankenhaus in Indien, eine Internatsschule der Welthungerhilfe und ein Ausbildungszentrum von Misereor in Nairobi. Dort, in unmittelbarer Nachbarschaft zu einem der größten Slums der kenianischen Hauptstadt, feierte er 2014 mit Schülern, Lehrern und deutschen Helfern seinen 87. Geburtstag.
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In Mitteldeutschland, wo der Verlag 1991 die frühere SED-Zeitung „Freiheit“ in Halle/Saale übernahm und unter ihrem neuen Namen „Mitteldeutsche Zeitung“ zu einem Leitmedium Sachsen-Anhalts machte, ließ Alfred Neven DuMont sich vom Geist der Reformation mitreißen. Die Lutherstadt Wittenberg mit dem von ihm 1998 gegründeten Lutherzentrum schwebte ihm – lange vor der kirchenoffiziellen PR-Kampagne zum Reformationsjubiläum 2017 – als eine Art „Rom der Protestanten“ vor. Im Kölner Dom wiederum finanzierte er die Restaurierung und den Wiedereinbau eines Glasfensters aus dem „Welter-Zyklus“ des 19. Jahrhunderts. Im März 2015, zum Ende des Literaturfestivals lit.Cologne, saß er bei seinem letzten Dom-Besuch unter dem Gerüst im Südquerhaus. Die Vollendung dieses Werks sollte er nicht mehr erleben.
Lebensthema deutsch-israelische Freundschaft
Eines seiner Lebensthemen war die deutsch-israelische Freundschaft und die Aussöhnung zwischen den Konfliktparteien im Nahen Osten. Die Nationalsozialisten, ihre Ideologie und die darauf fußende Vernichtungspolitik bedeuteten die Negation all dessen, was ihm heilig und wertvoll war. Im ersten Band seiner Memoiren, der in diesen Tagen erscheint, findet sich ein zusätzliches, kaum bekanntes autobiografisches Motiv für seine ausgeprägte Sorge um das jüdische Volk. Beim Klettern über den schmiedeeisernen Zaun um das elterliche Grundstück, so der Autor in dritter Person, verlässt Mitte der 1930er Jahre den vielleicht Sechs-, Siebenjährigen die Kraft, „und die Spitze einer Rosette bohrte sich wie ein Schwert in seinen Hals“. Am Rosenmontag ist in Köln kein Arzt greifbar. In Panik erreicht die Mutter einen ihr Fremden. Der „kleine, gebückte junge Mann, vorsichtig nach allen Seiten schauend“, wird zum Lebensretter. Eine Weile danach kommt er wieder, um sich zu verabschieden: „Ich verlasse mein Vaterland. Als Jude gibt es keine Zukunft mehr für mich.“ Dieses Erlebnis, schreibt Neven DuMont im hohen Alter, sei dem kleinen Jungen von einst bis zur Gegenwart in Erinnerung. Es hat mehr hinterlassen als „die Narbe von damals“, die an seinem Hals sichtbar blieb.
Liebe zu Israel
Dem Ziel der Versöhnung galt Neven DuMonts Bemühen im „Peres-Friedenszentrum“ von Friedensnobelpreisträger Schimon Peres und im „Zentrum für Europäische Studien“ seines Freundes Avi Primor. Auf einen Hinweis des israelischen Ex-Botschafters ging der Einstieg des Kölner Verlagshauses bei der Zeitung Ha’aretz im Jahr 2006 zurück, der wichtigsten Stimme des intellektuellen, links-liberalen Israel. In Verleger Amos Schocken, einem kunstsinnigen, weltläufigen, politisch hochsensiblen Idealisten, fand Neven DuMont einen Geistesverwandten. Für beide Männer war die Beteiligung an der Ha‘aretz weit mehr als ein Investment. Es war ein Glaubensbekenntnis und ein Liebesbeweis: Von seinem Glauben an jenes „andere, gute Deutschland“ hat Neven DuMont stets mit der gleichen emotionalen Verve gesprochen wie von seiner „Liebe zu Israel“.
Plädoyer für journalistische Exzellenz
Seine beiden letzten großen öffentlichen Auftritte sind bezeichnend für Leben und Werk des Verstorbenen. Im September 2014 begeht der Verlegerverband BDZV in Berlin feierlich seinen 60. Gründungstag. Alfred Neven DuMont spricht. Als Zeitzeuge. Aber er ist keiner, der nostalgisch in Erinnerungen schwelgt. Ihn treibt das Überleben des Mediums Zeitung um. Er kritisiert Beschwernisse durch Kartellrechts-Schranken und Mindestlohn. Noch einmal zieht er alle Register, geistreich, pointiert, scharfzüngig und doch charmant. Er beschwört journalistische Exzellenz, fordert Investition in Qualität. Am Ende hält es die versammelten Verleger, Geschäftsführer, Chefredakteure nicht mehr auf ihren Stühlen. Stehend applaudieren sie dem 87-Jährigen, dessen Worte sie als sein Vermächtnis empfinden.
Engagement für Flüchtlinge
Beifall ganz anderer Art bekommt Alfred Neven DuMont im Januar 2015 in heimischer Kulisse. Er hat Familien aus den aktuellen Krisengebieten, die in Kölner Flüchtlingsunterkünften leben, ins Betriebsrestaurant des Verlagshauses eingeladen. Just in einer Zeit, da in vielen Städten Deutsche gegen Flüchtlinge auf die Straßen gehen. Nur eine Minderheit, gewiss. Gegendemonstranten setzen Zeichen, Dompropst Feldhoff schaltet die Dombeleuchtung aus. Aber Neven DuMont sucht direkte Gesten des Willkommens. „Wir breiten die Arme für euch aus. Ihr seid bei uns zu Hause“, ruft er seinen 160 Gästen zu, geht von Tisch zu Tisch, befragt Eltern und Kinder. Sie alle haben kaum eine Vorstellung von dem alten Herrn, der da auf sie zukommt. Aber eine 15-Jährige aus Syrien spricht davon, dass sie sich in Deutschland aufgenommen fühle wie von einer „liebevollen Mutter“ und dass sie sich dafür später einmal revanchieren wolle. Auch das ein Vermächtnis.
Alfred Neven DuMont ist bis zu seinem Tod der gewesen, als den man ihn kannte: ein Herr, ein Steuermann, einer, der die Richtung vorgibt. Und auch als die Kräfte nachließen, die Stimme immer leiser wurde und das Atmen schwer fiel, hat er noch von der Zukunft gesprochen. Er tat das im Wissen, sie nicht mehr zu erleben.