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Vergleich im Nazi-Jargon Vergleich im Nazi-Jargon: Chef der Stiftung Sächsische Gedenkstätten in der Kritik

01.07.2020, 14:01
In Stuttgart war es Mitte Juni an einem Samstagabend zu Ausschreitungen gekommen.
In Stuttgart war es Mitte Juni an einem Samstagabend zu Ausschreitungen gekommen. dpa

Dresden - Der Geschäftsführer der Stiftung Sächsische Gedenkstätten, Siegfried Reiprich, ist erneut in die Kritik geraten. Anlass ist eine Äußerung des 65-Jährigen auf Twitter. Reiprich hatte dort mit Blick auf die Krawalle in Stuttgart geschrieben: „War da nun eine Bundeskristallnacht oder „nur“ ein südwestdeutsches Scherbennächtle?“

Reiprich spiele „bewusst, willentlich und öffentlich mit Vergleichen aus der NS-Zeit“, erklärte der DDR-Bürgerrechtler Frank Richter, der als Parteiloser für die SPD im Sächsischen Landtag sitzt, am Dienstag in Dresden.

Reiprich nutzte bewusst den Begriff der „Kristallnacht“. So hatte die NSDAP die Pogrome von 1938 bezeichnet. Wissenschaftler nutzen diesen begriff seit Jahrzehnten nicht mehr, sprechen stattdessen von „Novemberpogromen“.

„Er gibt sich als Anhänger rechten Gedankenguts zu erkennen. Er, der in seiner Funktion mit höchster Sensibilität und kluger Ausgewogenheit argumentieren sollte, verletzt damit genau diese Opfergruppen, für die er eine besondere Verantwortung an prominenter Stelle wahrzunehmen hätte“, erklärte SPD-Politiker Richter und forderte den Stiftungsrat zu dienstrechtlichen Konsequenzen auf.

Auch Sachsens Kulturministerin Barbara Klepsch kritisierte die Äußerungen Reiprichs. „Ich distanziere mich scharf von den jüngsten Äußerungen“, so die Vorsitzende des Stiftungsrats der Sächsischen Gedenkstätten. „Der angedeutete Vergleich zwischen den jüngsten Krawallen in Stuttgart und den NS-Pogromen 1938 verkennt die Wesensmerkmale von politischer Gewaltherrschaft. Das widerspricht klar dem Sinn der Gedenkstättenarbeit.“ Sie kündigte eine Sitzung des Stiftungsrates zur Causa Reiprich an.

Die Stiftung Sächsische Gedenkstätten war in den letzten Jahren auch wegen Reiprich wiederholt in die Schlagzeilen geraten. Eine Mitarbeiterin hatte ihm unter anderem eine „diktatorische Machtausübung“ unterstellt. Auch inhaltlich war die Arbeit der Stiftung umstritten, weil sie sich nach Ansicht einiger Opferverbände schwerpunktmäßig vor allem um die Verbrechen der DDR-Diktatur und nicht um die NS-Zeit kümmerte. Reiprich hatte vor kurzem angekündigt, zum Jahresende 2020 und damit vorzeitig aus dem Amt zu scheiden. (mz/dpa)