Verbraucherschutz Verbraucherschutz: Uran in der Wasserflasche
Magdeburg/MZ. - Ewald Schnug, Professor in Braunschweig und Chef des Instituts für Pflanzenernährung und Bodenkunde, gilt als Fachmann für die Herkunft von Uran in Trink- und Mineralwässern. Davon zeugt auch ein soeben erschienenes Buch über an Düngemittel gebundenes Uran und dessen Verbleib in der Natur, das Schnug gemeinsam mit Luit De Kok, Professor an der Uni Groningen (Niederlanden), herausgegeben hat. Schnug wäre also der ideale Gesprächspartner für das Thema. Doch eine Interviewanfrage blockt die Pressestelle des Julius-Kühn-Instituts, zu dem Schnugs Institut gehört, wortreich ab. Eines wird aus der Erklärung deutlich: Das Institut, das dem Bundesministerium für Verbraucherschutz untersteht, fürchtet eine "negative Berichterstattung".
Uran in einem der wichtigsten Nahrungsmittel - dem Wasser - birgt Brisanz. Anders als für andere Schwermetalle gibt es keinen Grenzwert. In Forscherkreisen wird zwar darüber gestritten, was am Uran problematischer ist - seine Giftigkeit oder die Radioaktivität. Konsens herrscht aber darüber, dass Uran vom Grundsatz her in Trink- und Mineralwässern nichts zu suchen hat. Doch das ist in manchen Gegenden Deutschlands schwierig: Uran ist dort ein natürlicher Bestandteil von Grund- und Tiefenwässern. Darüber hinaus könnte Uran auch aus Düngemitteln der Landwirtschaft ins Grundwasser gespült werden: Dieser Verdacht wird mit Forschungsergebnissen erhärtet, die in Schnugs Buch veröffentlicht sind.
Zuvor hatte Schnugs Institut in einer beispiellosen Studie von 2005 bis 2007 471 Leitungswasser-Proben aus ganz Deutschland und mehr als 1 100 Mineralwässer untersucht. Die Höchstwerte bei deutschem Mineralwasser lagen zum Teil weit über 20 Mikrogramm je Liter, während die Ergebnisse für Trinkwasser auf den ersten Blick beruhigend aussehen: Nur 6,6 Prozent der Bevölkerung in Deutschland werden mit Trinkwasser versorgt, das zwischen einem und neun Mikrogramm Uran je Liter enthält. Rund 35 Prozent der Bevölkerung haben Zugang zu de facto Uran-freiem Wasser, bei weiteren 20 Prozent beträgt der Urangehalt unter zwei Mikrogramm.
Dieser Wert ist der einzig gesetzlich festgeschriebene, den es für Uran in Deutschland gibt. Er war auf Druck der Verbraucherschutzorganisation Foodwatch 2006 eingeführt worden - allerdings nur für Mineralwasser. Nur solche, die weniger als zwei Mikrogramm Uran je Liter enthalten, dürfen die Aufschrift "für die Zubereitung von Babynahrung geeignet" tragen. Das Bundesinstitut für Risikobewertung weist aber darauf hin, dass es sich dabei nicht um einen für die Gesundheit entscheidenden, sondern nur um einen marketingrelevanten Wert handelt.
Foodwatch fordert daher die Umkehrung des Prinzips: Auf Mineralwasserflaschen soll grundsätzlich der Urangehalt angegeben werden. Gleiches müsse für Trinkwasser gelten. "Trinkwasser-Brunnen mit mehr als zehn Mikrogramm Uran je Liter müssten geschlossen oder mit Filtersystemen ausgestattet werden", sagt Cornelia Ziehm, Rechtsexpertin bei Foodwatch. Und: "Mineralwässer mit mehr als zehn Mikrogramm je Liter dürften nicht in Verkehr gebracht werden." Zehn Mikrogramm - das entspricht dem vom Umweltbundesamt empfohlenen Richtwert für Uran. Diese Menge gilt auch bei lebenslangem Verzehr als unbedenklich. Die Weltgesundheitsorganisation geht von 15 Mikrogramm je Liter aus.
Beim zweitgrößten deutschen Mineralwasserproduzenten, der Mitteldeutsche Erfrischungsgetränke GmbH Weißenfels, ist das Problem nach der Veröffentlichung der Braunschweiger Messreihen offenbar erkannt geworden. Die zur Lidl & Schwarz-Gruppe gehörende Firma füllt in Leißlingen für den Discounter unter anderem die Marke "Saskia" ab, bei der Urangehalte von bis zu 13,5 Mikrogramm je Liter (Saskia Naturis) gemessen wurden. "Wir haben durch eine Veränderung der Verschaltung der Brunnen untereinander den Urangehalt in Leißlingen auf unter 0,2 Mikrogramm je Liter reduzieren können", sagt Sprecherin Gertrud Bott.
Beim Grenzwert von zehn Mikrogramm je Liter geht es Foodwatch und dem Umweltbundesamt nicht um Strahlung, sondern um die Giftigkeit des Schwermetalls: "Die Strahlungsaktivität von Uran spielt aus gesundheitlicher Sicht erst ab ungefähr 60 Mikrogramm je Liter eine Rolle", sagt Bundesamt-Trinkwasser-Toxikologe Hermann Dieter. Erst dann seien Strahlungsschäden wahrscheinlich.
Dem widerspricht jedoch der Atomwissenschaftler Chris Busby aus Wales, der Autor in Schnugs Buch ist: Uran binde sich besonders gern an Phosphor, dass im menschlichen Körper vor allem im Erbgut, der DNA, vorkomme. Das allein mache Uran besonders gefährlich für das Erbgut. Doch Busbys Hypothese zur Schädigung durch Uran geht noch weiter: Uran absorbiert zusätzlich andere Umweltstrahlungen und lenkt sie zusätzlich auf das Erbgut.