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Unternehmer in Sachsen-Anhalt Unternehmer in Sachsen-Anhalt: Soda-Kenner setzt auf Wasser

Von Rainer Gummelt 26.12.2002, 17:10

Bernburg/MZ. - Weite Sprünge, schnelle Sprints. Als junger Leichtathlet bevorzugte Peter Jebe im heimatlichen Hamburg die Kurzstrecke. Im beruflichen Leben beweist er hingegen Ausdauer. Seit 26 Jahren steht der 60-Jährige in den Diensten des belgischen Solvay-Konzerns. Im Oktober 1996 kam er nach Bernburg. Dort ist er in Personalunion Geschäftsführer und Werkleiter sowohl der Solvay Soda Deutschland GmbH als auch der Solvay Interox GmbH.

Die erste Station auf Jebes Solvay-Tour hieß Rheinberg. Gelegen ist es am Niederrhein, zwischen Moers und Xanten. Erreicht hatte die der 32-jährige frisch promovierte Ingenieur auf dem zweiten Bildungsweg. Denn bevor er an der Technischen Hochschule Hannover diplomierte und promovierte, hatte er bereits ein Lehre als Maschinenschlosser und ein Ingenieurstudium abgeschlossen. Volker Eisenlohr, bei dem er als Assistent des Betriebsleiters in Rheinberg erste Managment-Erfahrungen sammelte, löste er in Bernburg zwanzig Jahre später als Werkleiter ab. In Heilbronn, so erinnert sich Jebe, erlebte er bittere Stunden. Denn er musste den Solvay-Standort schließen. Notwendig war das auch geworden, weil mit dem Werk in Bernburg ein neuer Produzent auf dem nach der Wende größer gewordenen europäischen und deutschen Soda-Markt erschienen war. Neben Heilbronn kam auch für andere kleine Solvay-Standorte das Aus.

Vor dem zweiten Weltkrieg war das Bernburger Solvay-Werk nicht nur die größte Soda-Fabrik der Welt, sondern auch Deutschland-Zentrale des Konzerns. Deshalb, so Jebe, sei vielleicht auch ein wenig Nostalgie dabei gewesen, als sich der Konzern, der zu großen Teilen der Familie Solvay gehört, um eine Rückübertragung des Bernburger Werkes bei der Treuhandanstalt bewarb. Auch die strategisch gute Lage für die Märkte in Ostdeutschland, in Mittel-, Ost- und Nordeuropa habe dazu beigetragen, den Standort zu erhalten und aufzuwerten. Rund 400 Millionen Euro sind inzwischen in das an der Saale gelegene Werk geflossen. Ein Kraftwerk ist dazu gekommen. Ein Industriepark wird entwickelt. "Heute ernähren sich 800 Bernburger Familien von Solvay", hebt Jebe die Bedeutung des Werkes hervor.

Jebe, Vater von zwei Söhnen, ist in Bernburg heimisch geworden. Es gibt keine Verwandten und Freunde vom Niederrhein oder aus Hamburg, denen das Ehepaar Jebe nicht schon die Schönheiten der Eulenspiegel-Stadt oder des Radwander-Weges an der Saale gezeigt hätte. Mit der Entwicklung der Firma ist der Vizepräsident der Industrie- und Handelskammer zufrieden. "Aber", so sagt er: "Es könnte noch besser laufen." Die Märkte in Osteuropa entwickelten sich nicht so positiv wie erwartet.

Außerdem sei Anfang der 90er Jahre versprochen worden, dass die Saale für den ganzjährigen Verkehr ausgebaut werde. Der Ausbau stehe sogar im Bundesverkehrswegeplan, unterstreicht der Solvay-Manager. Aber der ruhe. Bernburg sei weltweit der einzige Solvay-Standort an einem Fluss, der nicht genutzt werden könne, verweist Jebe auf den Standort-Nachteil hin. Zwar setze sich die neue Landesregierung für den Saaleausbau ein, doch in Berlin sei man noch unentschlossen, ärgert sich der Werkleiter. In Sachsen-Anhalt werden jährlich eine Million Tonnen Soda produziert, aber nur 250 000 Tonnen benötigt.

Der größte Teil müsse über weite Strecken transportiert werden. Dafür werde neben Bahn und Straße auch die Saale gebraucht. Das schone die Umwelt, ein 1000-Tonnen-Schiff ersetze 40 Lkw. Pro Tonne Soda würde auf dem Weg nach Antwerpen zehn Euro gespart, rechnet der Soda-Spezialist vor.

Auch in hitzigen Situationen, so berichten Mitarbeiter, behält Jebe einen kühlen Kopf, strahle Ruhe aus und stelle sich vor seine Mitarbeiter. Nie lasse er die Hoffnung sinken.

Deshalb bleibt er auch bei der Saale-Schifffahrt zuversichtlich. "Ich bin mir sicher, dass die Saale ausgebaut wird. Vielleicht nicht in meiner aktiven Zeit. Aber der Ausbau kommt", meint Jebe.