Unternehmen Unternehmen: Und stündlich grüßt der Kuckuck

Gernrode/dpa. - Seit einigen Jahrzehnten hat die HarzerUhrenfabrik in Gernrode die rein Schwarzwälder Tradition gebrochenund stellt die braunen Häuschen mit dem Gruß zur vollen Stunde her.Die Fabrik wurde vor 60 Jahren gegründet. 1948 aber verließen nochkeine Kuckucksuhren die Werkstätten, sondern normale Wanduhren. Dieersten wurden erst in den 70er Jahren hergestellt. Wenige Exemplaresind in Gernrode noch zu sehen. Sie bestehen nicht aus Holz, wie esheute üblich ist, sondern aus dunkler aufgeschäumter Plastikmasse.Dennoch waren sie «Bückware» und nur über Beziehungen zu bekommen,wie Kathrin Erb von der Uhrenfabrik berichtet.
Heute werden die Harzer Kuckucksuhren in 29 Länder geliefert. Rund80 Prozent der Produktion von rund 30 000 Stück in diesem Jahr gehenins Ausland. Nach den USA sei Australien das zweitwichtigsteExportziel, sagt Erb. «Dort leben viele Deutsche. Für sie ist das einStück Heimat.» Allerdings macht die Finanzkrise mit Schwerpunkt inden USA den Uhrenherstellern einen Strich durch die Rechnung.«Derzeit verkaufen wir auf dem amerikanischen Markt so gut wienichts», sagt Geschäftsführer Eckhard Graßmann. Die Amerikaner hättenderzeit andere Probleme als Kuckucksuhren. Die europäischen undaustralischen Exporteinbrüche seien unwesentlicher.
Zehn große Kuckucksuhren-Hersteller gibt es in Deutschland - bisauf die Harzer alle im Schwarzwald, sagt der Vorsitzende des Vereinsdie Schwarzwalduhr, Ingolf Haas. Eigentlich habe man sich gegen dieasiatische Konkurrenz zusammengeschlossen. «Nun ist in derKuckucksuhr der Wurm drin», sagt Haas und berichtet ebenfalls von«riesigen Rückgängen» besonders beim Absatz der Uhren auf demamerikanischen Markt. Die eine oder andere Fabrik wackele.
Der Geschäftsführer für Produktion Wolfgang Wendehake in Gernroderichtet an einer Testwand in der Werkstatt gerade DutzendeKuckucksuhren aus. «Einen Tag lang laufen sie hier Probe», erklärtWendehake, der hier seit 1984 arbeitet. Wenn die für denamerikanischen Markt bestimmten Uhren genau senkrecht hängen, hört ersie einzeln wie ein Arzt mit einem Stethoskop ab. «Sonst würde ichsie in der Masse nicht hören.» Die Gehäuse werden noch mit denSchnitzereien bestückt bevor sie Deutschland verlassen.
Beim Design der Kuckucksuhren bleiben die Gernröder traditionell.«Wir nehmen zwar Kundenanregungen auf und bekommen auch Aufträge,aber im Großen und Ganzen bleibt die Kuckucksuhr wie sie schon vor100 Jahren gebaut wurde», sagt Erb. Mit rund 40 Mitarbeitern fertigtdie Harzer Uhrenfabrik heute rund 500 Kuckucksuhr-Modelle. Solche,die kaum verkauft werden, werden im nächsten Katalog durch neueersetzt. Für den US-amerikanischen Markt entstanden spezielle Uhrenmit originalen John-Deere-Traktoren oder mit Steiff-Teddys.
Die Uhrenfabrik hat sich seit der Wende auch zu einemTouristenmagneten entwickelt. «Pro Jahr kommen etwa 70 000 Besucher»,sagt Kathrin Erb, die sich auch um den touristischen Bereich kümmert.Das seien sowohl Reisegruppen als auch Einzelreisende. Sie sollenmöglichst auch eine Kuckucksuhr mitnehmen. Die günstigsten sind schonfür 75 Euro zu haben, die teuersten kosten um die 4500 Euro.
Die Frage nach dem Verhältnis der Harzer zu den SchwarzwälderUhrenherstellern stellt sich immer wieder. Nach einem Rechtsstreit,der vor mehreren Jahren zugunsten der Süddeutschen ausging, seiinzwischen Ruhe eingekehrt, erklärt Erb. Seit 2006 haben dieGernröder auch einen Standort in Triberg im Schwarzwald. Wichtig seiden Kunden das «Made in Germany».