Traditionsunternehmen Traditionsunternehmen: Drei rote Buchstaben erinnern noch an AEG

Frankfurt/Main/dpa. - Um die40 Unternehmen schlagen aus den Buchstaben Kapital. Die Palettereicht vom Edelstahlherd über den Haartrockner und die Bohrmaschinebis hin zum schnurlosen Telefon und zur Straßenleuchte. Über 100Produkte bringen jedes Jahr mehrere Milliarden Euro Umsatz. Doch diewenigsten Verbraucher wissen, dass sich hinter dem Namen AEG keinKonzern mehr verbirgt. Vor genau 10 Jahren (5. Juni) ging inFrankfurt die Ära des deutschen Traditionsunternehmens zu Ende, dasdie Industriegeschichte eines ganzen Jahrhunderts prägte.
«Die Marke AEG ist emotional aufgeladen und positiv besetzt»,erklärt Martin Ruppmann, Sprecher des Markenverbandes, denanhaltenden Erfolg der Marke. Der Werbeslogan «AEG - aus Erfahrunggut» sei vielen Konsumenten noch im Ohr. «Entscheidend ist dieQualität - da ist es egal, ob die Produkte in Deutschland vom Bandlaufen oder anderswo.» Der AEG-Standort Nürnberg mit seinerHausgeräte-Produktion und 1750 Beschäftigten wird bis 2007geschlossen, weil der schwedische Mutterkonzern Electrolux dieHerstellung ins billige Polen verlagert - als vorerst letztes Kapiteleines unvergleichlichen Niedergangs.
Die Geschichte der AEG begann 1883 in Berlin, als Emil Rathenaudie Patente an den Erfindungen Thomas Edisons für Glühlampen inDeutschland erwarb. Sein Unternehmen taufte er vier Jahre später in«Allgemeine Electricitäts-Gesellschaft» um - die AEG war geboren. Inder Zeit der Industrialisierung und des Elektrifizierens wuchs AEGrasend schnell und baute Flugzeuge, Bügeleisen, Lokomotiven,Kraftwerke und Tonbandgeräte. Nach dem Zweiten Weltkrieg gelang einrascher Wiederaufbau, und die AEG-Zentrale wurde nach Frankfurtverlegt. Nach dem Zusammenschluss mit Telefunken stand die AEG 1970mit 178 000 Mitarbeitern an 12. Stelle der Weltrangliste der größtenElektrounternehmen. Waschvollautomaten («Lavamat») undSchreibmaschinen («Olympia») wurden berühmt.
Doch im Wettrennen mit dem Konkurrenten Siemens kaufte AEG mitgeliehenen Geldern zahlreiche Firmen überteuert auf, die Verschuldungwuchs. Mit dem Ölpreisschock und der folgenden Weltwirtschaftskrisein den 70er Jahren begann der Absturz, beschleunigt durchManagementfehler. 1982 stand AEG-Telefunken vor dem Konkurs. «DieGeschichte der AEG zeigt, dass auch große Unternehmen sterben könne,vor allem dann, wenn sie aus ihrer Geschichte keine Lehren ziehen»,schreibt der langjährige Leiter der AEG-Öffentlichkeitsarbeit, PeterStrunk, in seinem Buch über die Konzerngeschichte. SchwachesManagement und Pech führten zum Desaster.
Der Einstieg des Autobauers Daimler-Benz 1985 brachte nurvorübergehend Besserung. Der Autohersteller verabschiedete sich baldwieder von seiner Vision eines mulinationalen Technikkonzerns.1994 wurde eine Sparte, die AEG Haushaltsgeräte GmbH mit demStammwerk in Nürnberg, an die schwedische Electrolux verkauft. DieHauptversammlung von Daimler-Benz beschloss Anfang Juni 1996 dieAuflösung des verlustträchtigen Konzerns AEG, der abgewickelt wurde.Nach 113 Jahren ging das Unternehmen AEG durch Verschmelzung auf diedamalige Daimler-Benz AG unter. Die Konzernzentrale in Frankfurtwurde 1999 gesprengt. Heute erinnert in Frankfurt nichts mehr an daseinstige Weltunternehmen. «Kein Kommentar», heißt es selbst bei derIndustrie- und Handelskammer Frankfurt.
Nur der Markenname blieb. Heute ist der schwedische Konzern derInhaber aller Rechte an der Marke AEG, die Lizenznehmer vertreiben.Electrolux hat den Namen auch in die Doppelmarke Electrolux-AEGeingebracht. «Allein im vergangenen Jahr wurden in Deutschland 1,25Millionen Geschirrspüler, Waschmaschinen und Trockner verkauft», sagtein Electrolux-Sprecher. Wegen der Tradition und der Stärke werde mandie Marke AEG auf jeden Fall behalten - auch wenn das Firmenschild andie Geräte künftig in Polen aufgeschraubt wird.