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Thüringen Thüringen: Zehn Porzellan-Hersteller präsentieren sich gemeinsam

26.08.2004, 05:55
Anseherin Ursula Lichner prüft die Qualität von traditionellem Zwiebelmusterporzellan, das seit mehr als 100 Jahren in Form und Dekor fast unverändert in der heutigen Triptis Porzellan GmbH & Co. KG gefertigt wird. Etwa ein Drittel der Hotel- und Haushaltporzellane aus Triptis wird heute exportiert. (Foto: dpa)
Anseherin Ursula Lichner prüft die Qualität von traditionellem Zwiebelmusterporzellan, das seit mehr als 100 Jahren in Form und Dekor fast unverändert in der heutigen Triptis Porzellan GmbH & Co. KG gefertigt wird. Etwa ein Drittel der Hotel- und Haushaltporzellane aus Triptis wird heute exportiert. (Foto: dpa) ZB

Sitzendorf/Kahla/dpa. - Thüringen ist der zweitgrößte Hersteller von Porzellan in Deutschland. Das ist allerdings kaum bekannt. Um besonders im Ausland die Bekanntheit der Region zu steigern, in der das «weiße Gold» im 18. Jahrhundert erstmals in Europa produziert wurde, gehen die Anbieter nun gemeinsame Wege. Aufder Frankfurter Herbstmesse «Tendence Lifestyle» präsentieren sich von diesem Freitag an zehn der kleineren Unternehmen erstmals zusammen als «Thüringer Porzellanstraße». Die großen Firmen Kahla und Triptis Porzellan rühren zwar auch die Werbetrommel für Thüringen präsentieren sich aber eigenständig.

Die 34 Porzellan-Prozenten Thüringens mit 1350 Beschäftigtenerwarten nach Angaben der Industrie- und Handelskammer Gera 2004gering steigende Umsätze und zumeist einen kleinen Gewinn. Sie stehendamit besser dar, als andere Hersteller in Deutschland. Die gesamteBranche steht nach Einschätzungen des Verbands der keramischenIndustrie vor Einbußen von 1,5 Prozent. «Durch den gemeinsamenAuftritt entsteht ein besseres Verkaufsbild», hofft der Organisatordes Gemeinschaftsstandes, Peter Bartho von der IHK. Es ginge vorallem darum, die Exporte zu stärken. Sie machen für die Thüringerrund ein Fünftel des Umsatzes aus, deutschlandweit rund die Hälfte.

Für die Hersteller in Thüringen hat der Erfolg zwei Gesichter -ein traditionelles und ein modernes. «Die Kunden wollen unsereverspielten Rokoko-Sachen», sagt der Geschäftsführer der SitzendorferPorzellanmanufaktur, Uwe Hermann. Die Firma stellt mit 30Mitarbeitern reich verschnörkelte, bunte Figuren und Ziergegenständeher. Von der Messe in Tokio kam sie mit vollen Auftragsbüchernzurück. Konkurrent Weimar Porzellan hat seit kurzem zwar auch design-orientierten Weihnachtsschmuck und modische Leuchten im Sortiment,beschäftigt dafür eigens den belgischen Design-Professor PeteStockmanns. «Das wächst stark, aber mit der klassischen Sparte machenwir immer noch 95 Prozent des Umsatzes», sagt der Geschäftsführer des85-Mitarbeiter-Betriebs Rüdiger Bocklisch.

Die großen Firmen setzen voll auf die Moderne. Triptis Porzellanhat in diesem Jahr eine vom Stardesigner Luigi Colani entworfeneGeschirr-Serie herausgebracht. Thüringens Nummer Eins, KahlaPorzellan, erringt seit zehn Jahren einen Design-Preis nach demanderen. «Seit 1994 sind 40 unserer Produkte ausgezeichnet worden»,sagt Geschäftsführer Günther Raithel. «Um neue Märkte zu bekommenmuss man modern und innovativ sein.» Ausgehend vom blau-weißemZwiebel- und Strohmuster, das heute nur mehr einen kleinen Teil zumAbsatz beiträgt, begannen die Haus-Designerinnen mit Formen undFarben zu spielen. Heraus gekommen sind unter anderem schrägabgeschnittene Schüsseln, Bienen- und Kuh-Teller, Tassen mitspülmaschinenfester Stoffauflage.

«Außerdem haben wir den Bereich Hotels und Gastronomie als zweitesStandbein neu entwickelt, er trägt nun ein Viertel zum Umsatz von 22Millionen Euro bei», sagt Raithel. Der Chef von 330 Mitarbeiternschreitet durch die renovierten Produktionshallen des Betriebs mit160 Jahren Geschichte. Anders als in den handarbeits-orientiertenKleinbetrieben haben modernste Maschinen einen überwiegenden Teil derAusformung der Porzellan-Rohmasse, das mehrfache Brennen, Bedruckenund Glasieren übernommen. Die Rezeptur des «weißen Goldes» hat sichallerdings seit dem 18. Jahrhundert kaum verändert.

Der Apothekergehilfe Johann Friedrich Böttger aus Schleiz fand1709 heraus, wie die Chinesen seit 2000 Jahren Porzellan aus derrichtigen Mischung von Kaolin (weißer Tonerde), Feldspat und Quarzherstellten. Der sächsische Kurfürst August der Starke (1670-1733)kasernierte ihn in Meißen, wo Böttger die bekanntePorzellanmanufaktur aus der Taufe hob. Ein halbes Jahrhundert spätergelang es drei weiteren Thüringern, das Porzellan «nachzuerfinden».Manufakturen entstanden etwa in Sitzendorf. Die Region legt denGrundstein für den Porzellan-Standort, der nun neuen Glanz erhaltensoll. Drei der 15 größten deutschen Porzellan-Hersteller stammenheute wieder aus Thüringen.