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Textilindustrie Textilindustrie: Zeltplanen für Christo werden in Taucha hergestellt

Von Michael Kraft 11.10.2004, 05:41
Näherinnen der Bieri Zeltplanen GmbH in Taucha bei Leipzig falten Stoffbahnen für ein Projekt des Künstlerpaares Christo und Jeanne-Claude (Archivbild vom 14.01.2004). Das Paar wird für sein neues Projekt mit der Bezeichnung "The Gates" im New Yorker Central Park 7.500 Tore auf den Parkwegen installieren. In den Toren sollen im Februar 2005 safrangelbe Vorhänge wehen und im Zusammenspiel mit Sonne und Schatten aus der Ferne wie ein goldener Fluss aussehen. Um das Projekt bewältigen zu können, wurden in der Tauchaer Firma zusätzlich zu den 18 Beschäftigten weitere zwei Näherinnen eingestellt. Die Bieri Zeltplanen GmbH in Taucha hatte schon den Stoff für die Reichstagsverhüllung 1995 fertiggestellt. (Foto: dpa)
Näherinnen der Bieri Zeltplanen GmbH in Taucha bei Leipzig falten Stoffbahnen für ein Projekt des Künstlerpaares Christo und Jeanne-Claude (Archivbild vom 14.01.2004). Das Paar wird für sein neues Projekt mit der Bezeichnung "The Gates" im New Yorker Central Park 7.500 Tore auf den Parkwegen installieren. In den Toren sollen im Februar 2005 safrangelbe Vorhänge wehen und im Zusammenspiel mit Sonne und Schatten aus der Ferne wie ein goldener Fluss aussehen. Um das Projekt bewältigen zu können, wurden in der Tauchaer Firma zusätzlich zu den 18 Beschäftigten weitere zwei Näherinnen eingestellt. Die Bieri Zeltplanen GmbH in Taucha hatte schon den Stoff für die Reichstagsverhüllung 1995 fertiggestellt. (Foto: dpa) dpa

Taucha/dpa. - Der Stoff, aus dem Künstlerträume sind, kommtaus Taucha. Zumindest, wenn die Künstler Christo und Jeanne-Claudeheißen. Das Paar wird für sein neues Projekts «The Gates» mehr als7500 Tore entlang der Wege im New Yorker Central Park aufstellenlassen. In den Toren sollen im Februar 2005 safrangelbe Vorhängewehen - und im Zusammenspiel mit Sonne und Schatten aus der Ferne wieein goldener Fluss aussehen.

Zuständig für die Konfektion eben dieser Vorhänge ist die FirmaBieri Zeltaplanen GmbH aus Taucha. «Wir sind voll im Zeitplan. SeitSeptember ist alles in New York», sagt Geschäftsführerin RamonaHöfler. Der Auftrag ging in die Stadt bei Leipzig, weil man hierschon auf ein anderes erfolgreiches Projekt mit Christo und Jeanne-Claude zurückblicken kann: Die 100 000 Quadratmeter Stoff für dieReichstagsverhüllung 1995 wurden ebenfalls in Tauchazurechtgeschnitten.

Wolfgang Volz, Manager von Christo und Jeanne-Claude, hält seitdemden Kontakt mit der Firma. «Christo fertigt mit Fotos von mirCollagen und Zeichnungen an, die das Projekt zeigen. Diese Vorgabehabe ich in die technischen Zeichnungen und Maßtabellen umgesetzt undnach Taucha gegeben», erklärt Volz die Arbeitsweise. Sonst werdenhier Verkaufsstände, Pavillons und Lastwagenaufbauten für Autohäuser,Speditionen oder Brauereien produziert. Große Zelte, wie sie zuletztfür die Olympischen Spiele in Athen benötigt wurden, gehören ebensozur Produktpalette wie Werbeplanen, die so groß sind wie eineHauswand. Auch das Dach über der Boxengasse beim Großen Preis vonKanada wurde hier hergestellt.

Auch bei «The Gates» gilt es, 100 000 Quadratmeter Stoff in Formzu bringen. Um das Projekt bewältigen zu können, wurden - zusätzlichzu den eigentlich 18 Beschäftigten - noch einmal zwei Näherinneneingestellt. Auch sonst sind die Auftragsbücher derzeit gut gefüllt.Im letzten Jahr wurden bei Bieri Zeltaplanen erstmals schwarze Zahlengeschrieben. Im Juni verzeichnete die Firma gegenüber demVorjahresmonat ein Umsatzplus von 44 Prozent, für das gesamte ersteHalbjahr 2003 einen Zuwachs um ein Viertel.

So gut lief es bei weitem nicht immer, erinnert sich RolandEilenberger. Der 61-Jährige hat alle Hochs und Tiefs des Betriebsmitgemacht, in dem er seit fast 40 Jahren arbeitet. Als Eilenbergernach der Sattler-Lehre 1965 hier anfing, hieß die Firma noch «VEBFavorit Taucha» und produzierte Campingzelte, Boote, Rucksäcke undSportbälle. «90 Prozent davon gingen in den Export, nachSkandinavien, Frankreich und in die BRD», erinnert sich Eilenbergerstolz. Unter der Marke «Pouch» waren die Produkte im ganzen Landbekannt und gefragt. Mitte der 70er Jahre hatte das «KombinatTechnische Textilien Karl-Marx-Stadt», zu dem das Tauchaer Werkgehörte, 1200 Beschäftigte.

Als die Treuhand nach der Wende die Abwicklung des Betriebsbeschloss, wurde Eilenberger - mittlerweile Technischer Direktor desBetriebs - mit der Umsetzung beauftragt. «Das war eine ganz böseZeit. Dass die Arbeitsplätze so schnell wegbrechen würden, hatteniemand erwartet», erinnert er sich. Als 1999 die Insolvenz derzweiten Nachfolgefirma beantragt werden musste, war die Zukunftdennoch gesichert. Denn damals stand schon fest, dass die SchweizerBieri-Gruppe in Taucha einsteigen würde.

«Wir hatten schon vorher Kontakt mit der Firma Bieri. Und das warquasi Liebe auf den ersten Blick», erinnert sich Eilenberger. Dochauch nach dem Einstieg der Schweizer gab es zunächst Schwierigkeiten.Bieri hatte 2001 schon ein Gelände gekauft und einen Neubau geplant,ist dann wegen unsicherer Auftragslage aber vorsichtig geworden. Dochdie Zentrale in der Schweiz wurde nicht nervös. Höfler: «Wir sindfroh, dass wir so einen starken Partner an der Seite haben. Ich habeihn immer bewundert, dass er diese Geduld hat.»

Das zahlte sich aus. Inzwischen denkt man ob der guten Geschäftewieder an Expansion. «Unser Gelände ist eigentlich zu klein. DieAuftragslage ist sehr gut, wir haben jede Menge zu tun und müssen dasderzeit mit Wochenendarbeit überbrücken. Wenn wir mehr Platz hätten,könnten wir größere Maschinen anschaffen. Dann könnten wir auchzusätzliche Leute einstellen oder selber ausbilden», schildertHöfler. «Das neue Gelände soll auf jeden Fall in der Nähe sein, damitwir unsere qualifizierten Mitarbeiter halten können. Das ist nämlichder Vorteil von Taucha: Dass es hier durch die Vorgängerfirmenerfahrene Fachkräfte gibt. Solche Leute sind sehr schwer zu finden.»