Textil Textil: Seidentapete aus Sachsen für Rathaus in Stockholm

Chemnitz/dpa. - Edle, originalgetreu nachgestalteteSeidentapete für eine Wandbespannung im Rathaus von Stockholmverlässt dieser Tage Crimmitschau in Sachsen. Gewebt werden die 160Meter roter Damaststoff in der Seidenmanufaktur «eschke fabrics», dieim vergangenen Jahr aus der Seidenweberei Eschke im vogtländischenMühltroff hervorgegangen ist. «Wir sind in vierter Generation einFamilienunternehmen und haben bereits seit 1966 wieder historischeGewebe rekonstruiert», sagt Wolfgang Eschke.
Die Referenzliste der von seiner Frau Helga geführten Weberei istlang. Sie reicht von Schlössern wie Potsdam-Sanssouci undCecilienhof über Herrenhäuser, Museen, Theater, Opern, BischöflicheResidenzen bis zu Staatskanzleien. Auch der schwedische Königshofweiß die Damaste zu schätzen. Erst vor kurzem bekam die KutscheCarl XV. von Schweden einen neuen Bespannstoff geliefert.
«Wer ein altes Haus rekonstruieren will, sollte sich auch imInnern an den Baustil halten», sagt Eschke. «Zu einem Barockbauwerkgehören nun einmal Barocktextilien. Irgendwo, unter Tapete, Nageloder Leiste findet sich immer ein Faserrest, nach dem das verwendeteMaterial bestimmt werden kann.»
«Die Vorarbeiten, in enger Abstimmung mit Spezialisten undRestauratoren, nehmen die meiste Zeit in Anspruch. Das Weben gehtrelativ schnell», sagt Helga Eschke. Die Crimmitschauer Manufakturverwendet Seide aus China, die bei Mailand gezwirnt und imerzgebirgischen Tannenberg gefärbt wird.
Am längsten dauerte bisher der Auftrag für die Wandbespannung des1831 gegründeten Meininger Theaters. 1966 führte die Firma Eschke dieersten Gespräche, 1998 wurde der Damast für das Foyer ausgeliefert.«Es ist ja auch immer eine Sache des Geldes», meint der 60 Jahre alteBauingenieur, der später noch ein Textilstudium absolvierte.
Eschkes Kunden sind vorwiegend im deutschsprachigen Raum zufinden, aber auch in Holland und eben in Schweden. Verstärkt kommenauch wieder Privatleute. Im Schloß Cecilienhof war die Manufakturdieses Jahr für die Textilien des Arbeitszimmer der sowjetischenDelegation unter Stalin beim Potsdamer Abkommen zuständig. «Für denVogtshof der Evangelischen Brüderunität Herrnhut webten wir kürzlicheinen hell goldenen Rips.» Der Raum strahle hell und licht, obwohl ernur wenige Fenster hat.
Die Firma war auch gefragt, als für die Villa Esche in Chemnitz,der erste Henry van de Velde-Bau in Deutschland, Jugendstilstoffebenötigt wurden. «Den prächtigsten Stoff bisher haben wir für denRaffaelsaal in der Orangerie von Sanssouci gewebt.»
«eschke fabrics» gehört dem vor drei Jahren gegründeten Verbund«Allianz Textiles Denkmal» an, in dem acht Handwerks-, Manufaktur-und Industriebetriebe aus Sachsen und Sachsen-Anhalt ihre Kompetenzenbündeln. Sie haben sich der Bewahrung textilen Kulturerbesverschrieben und bieten alle Stilrichtungen an: Da gibt es Seiden-,Leinen- und Baumwollgewebe, Spitzen und Teppiche sowie Gobelinssowohl für den weltlichen musealen als auch sakralen Bereich.
Der Verbund ist Teil des Projekts «Textilregion Mittelsachsen»,das von der Innovation Netzwerk Textil e.V. Chemnitz (Inntex e.V.)gemanagt wird. Wie Inntex-Geschäftsführer Franz Rudolph sagt, könnendie Firmen nicht mehr oder nur noch in Bruchstücken vorhandeneTextilien auf wissenschaftlicher Basis reproduzieren. Das sei inDeutschland einmalig.