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Tarifstreit bei der Bahn Tarifstreit bei der Bahn: Züge fahren (vorerst) wieder

16.11.2007, 18:33
Eine Modelleisenbahn steht neben einem Zifferblatt, das auf fünf vor zwölf steht. (Foto: ddp)
Eine Modelleisenbahn steht neben einem Zifferblatt, das auf fünf vor zwölf steht. (Foto: ddp) ddp

Frankfurt/Berlin/dpa. - Ohne eine Verständigung auf Verhandlungen zwischen Bahn undLokführergewerkschaft GDL könnte der Konflikt aber schon am Dienstagin einen unbefristeten Arbeitskampf münden. Neue Tarifgesprächezeichneten sich zunächst nicht ab. Bundesverkehrsminister WolfgangTiefensee (SPD) zeigte sich dennoch zuversichtlich, dass amWochenende Bewegung in die Sache kommen könnte. Der GDL-VorsitzendeManfred Schell und Bahn-Personalchefin Margret Suckale treffen amSonntagabend in der ARD-Talkshow «Anne Will» aufeinander.

Am dritten Streiktag habe sich die Lage im Güterverkehr«dramatisch zugespitzt», berichtete die Bahn am Freitag. Vor allem inOstdeutschland habe der massivste Arbeitskampf in der Geschichte desUnternehmens den Schienenverkehr weitgehend lahmgelegt. Die Bahnerwartet nach Ende des 62-stündigen Ausstands am Samstag um 2.00 Uhreine planmäßige Wiederaufnahme des Personenverkehrs. Im Güterverkehrsollen am Wochenende Staus abgebaut werden.

Wie am Vortag fiel auch am Freitag ein großer Teil der S- undRegionalbahnen in den Ballungszentren aus. Die Kunden hatten sichvorbereitet. Chaos auf den Bahnhöfen blieb weitgehend aus. Besondersstark waren weiterhin die ostdeutschen Länder betroffen. An demStreik wurden nach GDL-Angaben seit Streikbeginn am Mittwochmittaginsgesamt mehr als 6830 Schichten von Lokführern und Zugbegleiternbestreikt.

Im Güterverkehr sind in Ostdeutschland «nur noch die ganzwichtigen Versorgungszüge gefahren», sagte ein Bahn-Sprecher. ImWesten habe wie am Vortag eine Grundversorgung aufrechterhaltenwerden können. Bei der Wirtschaft hinterließ der Streik wesentlichweniger tiefe Spuren, als zuvor von Experten befürchtet. Sorgenbereitete allerdings die Drohung mit unbefristeten Streiks.

Die Automobil- und die Stahlindustrie berichteten von nur geringenBeeinträchtigungen. Ein Teil der Transporte wurde auf die Straßeverlagert. Automobilzulieferer in Sachsen-Anhalt bekamen Probleme,weil Teilelieferungen ausblieben. In den Häfen stauten sich einigeContainer. Große Probleme gab es meist aber nicht. Im Hamburger Hafenmuss am Wochenende nach Streikschluss nachgearbeitet werden. DieHandelskonzerne Arcandor und die Metro Gruppe zeigten sich gelassen.Die Lager seien gut gefüllt.

Mit dem bislang längsten Streik in der Geschichte der DeutschenBahn will die GDL einen eigenständigen Tarifvertrag und einedeutliche Einkommenserhöhung durchsetzen. Die Bahn lehnt ab, ein vonder GDL gefordertes verbessertes Angebot vorzulegen.

GDL-Vize Claus Weselsky verlangte von der Bahn ein Angebot«oberhalb von 4,5 Prozent mehr Gehalt», und zwar «in echt und nichtnur in einer Mogelpackung». Dazu müsse es einen eigenständigenTarifvertrag für die Lokführer geben. Die Streikkasse derGewerkschaft sei gut gefüllt. Das Kölner Institut der deutschenWirtschaft (IW) nimmt an, dass die GDL rund 15 Millionen Euro zurVerfügung hat. Die Gewerkschaft zahlt nach eigenen Angaben jedemStreikenden 45 Euro pro Tag.

Die Bahn rechtfertigte ihre Klage auf fünf Millionen EuroSchadenersatz gegen die GDL, die sie tags zuvor beim ArbeitsgerichtFrankfurt eingereicht hatte. Das Unternehmen wolle «keineswegs dasStreikrecht in Frage» stellen, sagte der Bahn-Tarifexperte WernerBayreuther. Der Warnstreik vom 10. Juli, um den es geht, sei aberrechtswidrig gewesen, weil er die Friedenspflicht verletzt habe.

Der Präsident des Frankfurter Arbeitsgerichts, Jürgen Schuldt,sagte, die Bahn begründe ihre Klage damit, dass ihr durch dieAktionen der GDL Erlöse entgangen seien und sie Mehraufwendungenhatte. Das Gericht werde am 7. Dezember über die Klage verhandeln,mit einem Urteil rechnete er im Februar oder März.