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Süßwaren Süßwaren: Kinderschokolade bekommt ein neues Gesicht

Von Marion Trimborn 04.04.2007, 06:10
Zwei Tafeln Kinderschokolade - links das neue Gesicht eines Jungen, rechts das bekannte Gesicht von Günter Euringer als Kind. (Foto: dpa)
Zwei Tafeln Kinderschokolade - links das neue Gesicht eines Jungen, rechts das bekannte Gesicht von Günter Euringer als Kind. (Foto: dpa) dpa

Frankfurt/Main/dpa. - 2005 tauschte der Süßwarenhersteller das Bild aber aus,wogegen sich auch Protest regte. Jetzt geht Ferrero noch weiter: Zum40. Geburtstag der Kinderschokolade können sich vom 10. April anKinder bewerben. Das Konterfei von zehn Jungen und erstmals auchMädchen wird ab Oktober für einige Wochen auf der Packung derKinderriegel prangen.

Werbefachleute werten die Aktion als Versuch, auf demSchokoladenmarkt Anschluss zu halten. «Kinderschokolade ist keinWachstumsprodukt», sagt Andreas Dürr vom MarktforschungsunternehmenIRI in Nürnberg. «Die Marke kann schlecht über verschiedeneGeschmacksrichtungen spielen, also muss das Unternehmen überVerpackungen Bewegung in den Verkauf bringen.» Laut IRI-Süßwarenmonitor ist der Absatz von Tafelschokolade in Deutschland 2006 um 3,2 Prozent auf 200 900 Tonnen gesunken.

Ferrero ist nach Ansicht von Werbeexperten nur wenig innovativ.Unter dem Kinder-Dach wächst die Markenfamilie (Kinder-Country,Kinder Bueno, Kinder Friends) auf inzwischen elf Produkte, aber es gibt wenig Neuerungen. Der Mega-Seller Kinder-Überraschungsei wurde bereits 1974 auf den Markt gebracht. In Deutschland liegt die Marke Ferrero laut IRI hinter Milka, Ritter Sport und Lindt. Der italienische Familienbetrieb ist in Deutschland einer der großen Werbetreibenden und investiert nach Schätzungen jeden sechsten Euroseines Gruppenumsatz von 4,5 Milliarden Euro in die Werbung.

«Ferrero ist einer der großen Lehrmeister für Markenführung», sagtLothar Leonhard, ehemaliger Vorsitzender des Gesamtverbandes derWerbeagenturen (GWA). Das Unternehmen verfolge einen intelligentenKurs, indem nicht für die Dachmarke Ferrero, sondern für jedeeinzelne Marke geworben werde. «Das kostet richtig Geld, aber damithat Ferrero Ikonen im Markt mit sehr klarem Profil geschaffen.» Nacheigenen Untersuchungen von Ferrero liegt der Bekanntheitsgrad derKinderschokolade in Deutschland bei fast hundert Prozent, 90Millionen Tafeln werden hier zu Lande pro Jahr gegessen.

Ansonsten gibt sich das Unternehmen vom «Schokoladenhügel», wieder Ferrero-Sitz in Frankfurt genannt wird, traditionell wortkarg.Der italienische Konzern aus Alba im Piemont ist der viertgrößteSüßigkeiten-Fabrikant der Welt (nach Nestlé, Jacob-Suchard und Mars)und zählt Deutschland zu seinem größten Auslandsmarkt. 3600Mitarbeiter sind hier beschäftigt, ein Umsatz wird nicht genannt.

Kinderschokolade wurde 1967 als erste Schokolade nur für Kinderkreiert. Die Schokolade wird wegen ihres Milchanteils als gesundverkauft mit dem Slogan «Die Extraportion Milch». Das stößt aufKritik von Ernährungsfachleuten. «Kinderschokolade ist nicht gesünderals normale Schokolade», sagt Mathilde Kersting vom DortmunderForschungsinstitut für Kinderernährung. «Sie ist ein sehrkalorienreiches Produkt.»

30 Jahre lang prangte das Gesicht des Münchners Günter Euringerauf der Kinderschokolade - nur der Haarschnitt und das Hemd wurden imLaufe der Zeit geändert. 2005 wurde sein Gesicht ersetzt. DieChemnitzer Studenten Jan Thiele und Volker Tzschucke waren überdieses neue, bis heute aktuelle Gesicht so entsetzt, dass sie imInternet zum Protest aufriefen. «Weg mit Kevin», wurde die Internet-Seite getauft, obwohl die Macher bis heute nicht wissen, wie derJunge heißt. «Alles in allem sieht er so aus, als sei er kurz nachseiner Geburt in Anlehnung an den Zeitgeist von seinen Eltern mit demNamen "Kevin" gestraft worden», sagt Tzschucke. 75 000 Unterschriftenseien zusammengekommen und an Ferrero geschickt worden - ohneReaktion. Zur jetzigen Neuerung planen die Studenten keinen Protest.«Wir können uns ja selbst bewerben, vielleicht haben wir eineChance», sagt der 32-jährige Tzschucke.