Süßwaren Süßwaren: Der Goldbär ist auch ein Sachse

Chemnitz/Wilkau-Haßlau/ddp. - Dabei geht es umBonbonkocher, Farben, Industriegeschichte, Markenbildung - und umGeschmack. Denn die Besucher dürfen auch mancherlei kosten undausprobieren. An echten und modellhaften Maschinen können sie einenBlick in die Fertigung des Fruchtgummis werfen.
Der Name Haribo wurde 1922 vom Firmengründer aus denAnfangsbuchstaben von «Hans Riegel Bonn» komponiert. In derehemaligen Bundeshauptstadt erblickten 1960 auch die Goldbären dasLicht der Welt. Doch heute wäre es nicht einmal die halbe Wahrheit,deren Wiege am Rhein zu suchen. Das Unternehmen produziert an 16Standorten in Europa und schickt seine Produkte in 105 Staaten derErde. Die Haribo-Wesa GmbH in Wilkau-Haßlau gehört als einzigeostdeutsche Fertigungsstätte zur Gruppe.
Die Süßwarenfabrik nahe Zwickau wurde zum 1. August 1990übernommen. «Wir wussten, dass das Produktspektrum von Wesa zu unspasst und wollten über diese Schiene auch den ostdeutschen Markterschließen», sagt Haribo-Sprecher Marco Alfter. Mit dem Umsatz seies seitdem kontinuierlich nach oben gegangen. Und auch für diesesJahr seien die Aussichten gut. Täglich verlassen 250 000 Beutel mitunterschiedlichen Produkten das Werk. Dabei ist Haribo-WesaAlleinhersteller von «Süßen Mäusen» aus Schaumzucker.
Der sächsische Standort geht auf den Bäcker Oswald Stengel zurück,der 1898 in Wilkau-Haßlau eine Fabrik für Süßwaren, Schokolade undLebkuchen gründete. Auf dem Gelände der 1949 von Stengels Erben anden ostdeutschen Staat verkauften Firma befindet sich die Haribo-WesaGmbH bis heute. Äußerlich erinnert noch vieles an den DDR-Betrieb:die in alte Fassaden gebrochenen breiteren Fenster, grauer Putz,Anbauten an jeder Ecke. Doch der früher oft über der Stadt liegendesüßliche, manchmal auch fruchtige Geruch ist verschwunden.
«Das liegt daran, dass wir kein Lakritz mehr produzieren. Außerdemhaben wir rundum moderne Maschinen und Anlagen einschließlich Filternund Abluftreinigung», sagt Wesa-Produktionsleiter Siegfried Köhler.Haribo hat «im erheblichen Umfang» in den innerstädtischen Standortinvestiert. Summen werden in Bonn nicht genannt.
Jedenfalls gehören Misch-, Gieß- und Abpackanlagen ebenso dazu wieein Labor und ein riesiges Versandlager. Aus Glukosesirup, Zucker,Gelatine, Aromen, natürlichen beziehungsweise künstlichen Farben undweiteren Zusatzstoffen entstehen die glänzenden Goldbären und deren«Geschwister» nahezu vollautomatisch.
Jana Koll, die seit 24 Jahren im Betrieb arbeitet, hat dieVeränderungen gespürt: »Früher war die Arbeit schwerer. Wir musstenvielmehr von Hand heben und bewegen.« Heute sitzt die Frau stündlichwechselnd auf dem Hubwagen und an der persönlichen Endkontrolle. DerWechsel muss sein, damit die Aufmerksamkeit für zusammenklebende oderfarblich nicht einwandfreie Fruchtgummiteile nicht nachlässt.
»Ausschuss« kommt beispielsweise zustande, wenn die inMaisstärkepuder gepressten Gießformen nicht stabil sind, erläutertder Produktionsleiter. Da an jeder Station gekostet werden darf, sinddie Mitarbeiter auch die besten Kontrolleure hinsichtlich desGeschmacks. So steht Hellgrün für Apfel-Kiwi-, Gelb für Zitrone-,Orange für Pfirsich- und Weiß für Birne-Geschmack. »Früher schmecktemanches kräftiger", meint Kontrolleurin Koll, die wie ihr Chef dieSaftbären am meisten liebt.
Die heute meist eingesetzten natürlichen Fruchtfarben lassen denGummizucker auch transparenter erscheinen. Ob die jetzt wiederaufgelegte Wildbeerenmischung - die zu DDR-Zeiten fast wie echte Him-und Brombeeren aussah - so angenommen wird, wollen Köhler und seineMannschaft in den nächsten Monaten testen.