Studien-Abschluss Studien-Abschluss: Basar des Wissens
Kiel/Bochum/gms. - Bei bonding.de, einer studentischenInitiative, finden Studenten zum Beispiel unter den mehr als 800Einträgen zu Jobs und Praktika auch rund 70 Angebote fürAbschlussarbeiten. Die Industrie- und Handelskammern unterhalten seitgut einem Jahr einen ähnlichen Service im Internet. Dazu kommen dieWebseiten einzelner Firmen. Der Zugriff auf die Börsen ist einfachund meist kostenlos.
«Bei den 148 Gesuchen im norddeutschen Raum sind vor allembetriebswirtschaftliche, naturwissenschaftliche und technischeFachrichtungen gefragt», sagt Sönke Kobarg von der Industrie- undHandelskammer (IHK) Kiel, der die Internetseiten auswertet.
So suchten beispielsweise Automobilhersteller, Versandhäuser undStartups über die Datenbanken nach geeigneten Studenten. Die Themensind in der Regel auf die Bedürfnisse der Unternehmen zugeschnitten,aber Studenten können auch ihre eigenen Ideen einbringen. Bei einemVorstellungsgespräch werden Thema, Zeitrahmen und das Honorarabgesprochen.
Der Informatiker Jose Artur Antao Ortega hat seinen Abschluss beieinem Internetprovider im Bereich Projektmanagement geschrieben: «Ichhabe die Arbeitsweisen in der freien Wirtschaft kennen gelernt undkonnte das Verhältnis von Theorie und Praxis überprüfen. Außerdemstand mir ein Arbeitsplatz mit Internetzugang zur Verfügung, und ichhatte einen festen Ansprechpartner, der kompetent war und mir beiProblemen weiterhelfen konnte».
Nicht so problemlos läuft oft die Zusammenarbeit mit denProfessoren: Ortegas Diplomarbeit genügte zwar den Anforderungen desUnternehmens, aber nicht den wissenschaftlichen Ansprüchen derUniversität. Nacharbeit war deshalb notwendig. Doch auch aus denaufkeimenden Konflikten können Studenten lernen: «Zwischen denwidersprüchlichen Interessen lernt man, mit Schwierigkeiten umzugehenund sich durchzusetzen», meint der Informatiker.
Geistes- und Sozialwissenschaftler haben es dagegen schwer, einenSponsor zu finden. Marc Stoeber, Sozialwissenschaftler von derUniversität Bochum, hat seine Diplomarbeit bei einem Chemiekonzernzum Thema «Globalisierung im Pharmabereich» geschrieben. Er rätStudenten, sich mit eigenen Vorschlägen gezielt an entsprechendeUnternehmen zu wenden: «Die Bewerbung erst mal breit streuen undruhig auch einen zweiten Anlauf versuchen.» Denn ob ein Sponsoringklappt, hänge auch davon ab, «ob man zur richtigen Zeit an derrichtigen Stelle ist». Für den Sozialwissenschaftler hat dieZusammenarbeit Früchte getragen: Nach seinem abgeschlossenen Diplomkonnte er in dem Unternehmen promovieren und ist jetzt im hauseigenenKnowledgement-Management beschäftigt.
Eine «win-win-Siuation» nennt Michael Lüder von der SoftwarelabGmbH in Hamburg die Erfahrungen aus der Zusammenarbeit zwischenseiner Firma und Studenten. Er gibt jedoch zu bedenken, dass derEinstieg auch vom Unternehmen her vorbereitet und strukturiert seinmüsse. «Dazu gehören Ansprechpartner, Betreuungszeit, Zielvorgabenund ein Arbeitsplan, in dem festgelegt wird, wie das Thema umgesetztwerden kann», so der Fachmann.
Über mangelnde Nachfrage können sich große Unternehmen nichtbeklagen. Bei BMW laufen zurzeit mehr als 400 Kooperationen mitDiplomanden. Virtuelle Diplomarbeitenbörsen nutzt BMW jedoch kaum:«Es reicht aus, auf unseren Webseiten Diplomprojekte anzubieten undauf den Uni-Seiten noch Links zu setzen», sagt Dunja Pölt, zuständigfür Recruiting bei BMW.
Wurde die Abschlussarbeit nicht in einem Unternehmen für einUnternehmen verfasst, bestehen trotzdem Möglichkeiten, das Diplom inbare Münze zu verwandeln. Agenturen vermarkten abgeschlossenewissenschaftliche Arbeiten für einen Verkaufspreis zwischen 300 und800 Mark, Studenten können ihre Arbeiten im Internet auch selbstanbieten. Beim Sponsoring-Modell werden Studenten mit einem Themabeauftragt und bekommen ein Honorar.