Stollen aus Stollberg Stollen aus Stollberg: Ein Wortspiel als Werbe-Gag

Stollberg/ddp. - Mit einem Trugschluss räumt Bäckermeister Gunter Weißbach von vornherein auf: "Der Stadtname Stollberg und der Weihnachtsstollen haben nichts miteinander zu tun." Die erzgebirgische Kreisstadt beruft sich auf Wurzeln im 13. Jahrhundert im Zusammenhang mit einer "Stalburg", während die Erfindung des Stollens gemeinhin den Naumburgern um 1329 zugeschrieben wird. Was nicht heißt, dass die Stollberger Bäcker nicht alles tun, das Wortspiel als Werbe-Gag zu nutzen.
Für die Marketingidee einer jährlichen "Stollberger Stollenparade" mit Verkostung und Prämierung durch die Bürger erhielt die erzgebirgische Innung den bundesweiten Branchenpreis "Stollen-Oskar".
Das Marketing macht der Meister selbst, schließlich geht es um ein Qualitätserzeugnis mit Geschichte. "Wir backen genau nach dem Rezept, wie ich es als Lehrling in Vaters Backstube ausprobiert habe", erzählt der 50-jährige. Im Premium-Butterstollen ist alles drin, was zu einem guten Backwerk gehört: Mehl, Hefe, Zucker, Butterschmalz, Rosinen, Mandeln, Zitronat... - "und von allem ein bisschen mehr". - Weißbach lässt sich nicht in die Karten schauen. Daneben gibt es unter anderem Varianten mit Mohn, für Diabetiker und seit neuestem mit Vollkornmehl. "Wir müssen die Satten hungrig machen", nennt Ehefrau Heidi den Antrieb für Innovation in ihrem alten Handwerk. Nur so könnten sich die Innungsbetriebe gegen die Discounter behaupten.
Den größten Coup landete Weißbach mit eigenen Verkaufsständen auf den Weihnachtsmärkten in Bonn und Düsseldorf - "als einziger sächsischer Bäcker", wie er betont. In der ehemaligen Bundeshauptstadt fungierte vor zehn Jahren noch der Landkreis Stollberg mit seinem erzgebirgischen Weihnachtsmarkt in der Sachsen-Vertretung als "Türöffner"; in der nordrhein-westfälischen Landesmetropole hat Weißbach einfach selbst beim Marktamt angeklopft. "In der Chemnitzer Ecke auf dem Schadowplatz zusammen mit anderen sächsischen Spezialitäten gehen unsere Stollen prima.
Eine ebenso rege genutzte Vetriebsschiene ist das Internet. Vor sechs Jahren war Weißbach ein "www-Pionier" unter den Handwerkern. Mittlerweile hat er professionelle Webseiten erarbeiten lassen, deren Gestaltung sich auch auf Faltblättern oder Stollendosen aus Blech wiederfindet. Beim Versand gibt es eine Tourismuszeitung obendrauf, und der Stollen im Geschenkpaket geht mit Original-Räuchermännern auf die Reise. Die inzwischen von einer erzgebirgischen Großbäckerei zur "Serienreife" weiterentwickelte Idee war ursprünglich eine Notlösung: Weißbachs Zweipfünder waren zu klein für die Standardkartons.
Damit das Gebäck nicht hin und her rutscht - ein zerbrochener Stollen bedeutet im Volksglauben, dass im nächsten Jahr ein Familienmitglied stirbt -, suchte Gunter Weißbach nach einem "Füllsel" und kam auf die Männeln, die eine Seiffener Genossenschaft in wachsenden Stückzahlen liefern muss, da Behörden und Unternehmen zunehmend solche Weihnachtspräsente ordern.