Steffen Grünwoldt Steffen Grünwoldt: Selbst Musik-Profis legen die Ohren an
Dessau/MZ. - Sie könnten in ihrem Wohnzimmergetrost spazieren gehen und würden dennochvon jedem beliebigen Punkt aus den gleichen,wohligen, unverfälschten Klangteppich spüren.
Das Geheimnis dieser "Freiheit des Hörens",wie eine Werbeschrift überschwänglich verkündet,ist einem raffinierten akkustischen Bauprinzipzu verdanken. Während herkömmliche Boxen dieTöne keulenartig, in eine Richtung abstrahlen,geschieht das bei den Klangsäulen rundum gleichförmig.Zwei Doppelkegel, am oberen Ausgang der Kunststoff-Röhrenangebracht, bewirken diesen Effekt. GeistigerVater des Prinzips ist Rudolf Mechow, einElektronik-Ingenieur aus der Altmark, derschon seit Jahrzehnten mit der Tonwiedergabeexperimentiert hatte. Mit seinem Doppelkegelbewirkte er, dass sich der Schall, wie inder Natur, kugelförmig ausbreitet. Das Ergebnisist selbst für Experten verblüffend.
Der Zuhörer erlebe "ein völlig anderes Raumgefühlals bei herkömmlichen Lautsprechersystemen",zeigte sich der Berliner Film- und FernsehkomponistGünther Fischer fasziniert. Man könne sichim Raum bewegen, ohne dass der Stereoeindruckverloren gehe.
Auch der gelernte Nachrichtentechniker Grünwoldtzeigte sich von der neuen Hi-Fi-Variante angetan.Der Dessauer hatte bis 1989 Wirtschaftswissenschaftenin Weimar studiert. Wie damals üblich, wurdeer anschließend in ein Kombinat "delegiert".Doch noch ehe er im Zementkombinat Dessau"richtig warm geworden" war, kam die Wende.Der junge Mann beschloss, sich mit einem Geschäftfür Hi-Fi-Technik selbstständig zu machen.In diesem Laden sprach eines Tages ein gewisserHerr Mechow vor, um den Prototyp seiner Klangsäulevorzuführen.
Auch wenn dieser Erstling von Design undAusführung her alles andere als verkaufsfähigwar, "die eigentliche Idee" überzeugte Grünwoldt.Er machte sein Geschäft zu und tat sich mitMechow zusammen. 1995, nachdem die Erfindungpatentiert wurde, begann die Produktion. Allerdingswar den Partnern von Anfang an klar, dassihre Klangsäulen nicht dazu geeignet waren,in Ketten wie dem Media-Markt verkauft zuwerden. Ihre Spezialität setzt viel Handarbeitvoraus. Mit industrieller Fertigung wäre dersensible Charakter der Klangsäulen, der erstihre exzellente Qualität ausmacht, nicht zuhalten. So sind denn die Geräte - für dasPaar muss man schon zwei oder drei Tausenderhinblättern - etwas für absolute Profis oderfür Leute, die es gern etwas gehobener mögen.
Inzwischen zog sich Mechow - auch gesundheitsbedingt- aus dem Geschäft zurück. Sein Partner hatihm Material und Rechte abgekauft und in Dessaueine eigene Produktion aufgezogen. Das Fünf-Mann-Unternehmenfindet mit seinen Produkten im wahrsten Sinnedes Wortes Anklang am Markt. Rund 750 PaarSäulen pro Jahr werden verkauft. Sogar bisnach Südamerika. Gut 70 Prozent der Geräte,die einen Sound wie in Gewandhaus oder KölnerDom vermitteln, kommen nach Angaben des Phönix-Chefs"im Home-Bereich" zu Einsatz. Für die Referenzlistegut sind die anderen abgesetzten Erzeugnisse.Zu den Objekten, die mit Phönix-Klangsäulenbeschallt werden, gehören das Sportstudiodes Bayrischen Fernsehens, das Haus der Musikin Wien, der Referenzsaal der Wiener Philarmonikeroder der Hörsaal des Max-Planck-Institutsin Stuttgart.
Aber auch die Veranstalter großerEreignisse wie das Open-Air-Festival in Barcelonasetzen auf Phönix-Systeme, um ihren Besuchernmaximalen Hörgenuss zu vermitteln. Als 1996der Papst eine Messe im Berliner Olympiastadionzelebrierte, war den Organisatoren klar, dassdie Lautsprecher-Anlage dieser Sportstättenun wirklich nicht dazu taugt, Predigt undliturgische Gesänge in gebotener Würde zuübertragen. Die Phönix-Experten zeigten auchbei diesem Einsatz, was sie können. Die 26 Klangsäulen,die sie im weiten Rund aufstellten, sorgtendafür, dass die einmalige Veranstaltung imwahrsten Sinne des Wortes, ohne Misstöne überdie Bühne ging.