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Spirituosen Spirituosen: Seit 500 Jahren wird in Nordhausen Getreide gebrannt

Von Claudia Götze 12.08.2004, 06:20
Abfüllanlage bei Nordbrand Nordhausen. (Foto: dpa)
Abfüllanlage bei Nordbrand Nordhausen. (Foto: dpa) ZB

Nordhausen/dpa. - Auf die erste urkundliche Erwähnung des«Bornewyns-Zins» (Branntweinsteuer) vor knapp 500 Jahren sind dieNordhäuser besonders stolz. Sie markiere den Anfang einer inDeutschland einmaligen Tradition der Kornbrennerei, sagt Gerd Knoche,Abteilungsleiter bei «Nordbrand Nordhausen GmbH». DieLandesgartenschau in Nordhausen zeigt bis zum 30. August dieSonderschau «Vom Korn zum Korn». Sie informiert über die jahrhundertealte Beziehung zwischen dem Getreidekorn und Nordhausen.

Mitte des 18. Jahrhunderts prägten mehr als 100 Brennereien dasStadtbild mit einem Ausstoß von fünf Millionen Liter Kornbranntwein,berichtet Jochen Einenckel, Leiter der ebenfalls zu«Nordbrand» gehörenden 1857 gegründeten Traditionsbrennerei. Aus dernordthüringischen Stadt Nordhausen kamen 1819 immerhin 40 Prozent derpreußischen Branntweinproduktion. Schon während des SiebenjährigenKrieges zwischen 1756 und 1763 war die Nachfrage so groß, dass derBranntweinbedarf der durchziehenden und einquartierten Truppen größerwar, als destilliert werden konnte.

Eine Steuererhöhung halbierte nach 1887 nahezu die Zahl derBrennereien, trotzdem wurden Anfang des 19. Jahrhundert immerhin noch67 gezählt. Die fruchtbare «Goldene Aue» als nahe Getreidekammer botoptimale Voraussetzungen für die Branntweinproduktion. Bereits Endedes 17. Jahrhunderts hatten sich Malz und Roggen als Grundstoffdurchgesetzt. Schon im 18. Jahrhundert bemühte sich die NordhäuserStadtväter um den Schutz der Einmaligkeit des Produkts «Nordhäuser».1789 legten sie ein Reinheitsgebot für die Kornbranntweinherstellungfest.

Seitdem mussten die Brennereien wenigstens zwei Drittel Roggenoder Korn und höchstens ein Drittel Gerste oder Malz verwenden. Dieserfahren die Beuscher unter anderem bei den täglichen Führungen durchdie 1857 gegründete und heute als Traditionsbrennerei geführteProduktionsstätte. Das technische Denkmal erwartet auch 2004 bis zu15 000 Gäste. Im Keller lagern Holzfässer, in denen das Destillat indrei Jahren seine goldgelbe Farbe erhält. Das Jugendstilensemble hältauch zum Teil noch funktionierende Dampfmaschinen, Brennblasen undDestillationsanlagen parat.

Hungersnöte, Kriegsjahre, aber auch der Anstieg des Bierkonsumssorgten in der fast 500-jährigen Geschichte immer wieder für spürbareEinbrüche bei der Branntweinproduktion. 1932 existierten noch 30Branntweinbrennereien. Nur neun überstanden den Zweiten Weltkrieg unddie verheerenden Alliierten-Luftangriffe im April 1945. Mit Ende derder sowjetischen Zwangsverwaltung am 1. Juni 1948 wurde die NordbrandNordhausen GmbH gegründet.

110 Millionen Flaschen verlassen heute den Betrieb. Allein 15Millionen Flaschen tragen die bekannte Marke «Echter Nordhäuser»,sagte Unternehmenssprecher Eckehard Lehr. Seit 13 Jahren gehörtNordbrand als 100-prozentigen Tochterunternehmen der Eckes & StockGmbH in Nieder-Olm. Neben der kleinen Traditionsbrennerei führt vorallem «Nordbrand» die im 16. Jahrhundert begonnene «Korn»-Herstellungin - mittlerweile völlig anderer Technologie fort: Zum Klassiker«Doppelkorn» gesellen sich heute Produkte wie Tropical Cocktails oderKräuterlikör.