Spezialität aus Salzwedel Spezialität aus Salzwedel: «König der Kuchen» hat im November Hochkonjunktur

Salzwedel/dpa. - Rund 400 unterschiedlich hohe Kuchen verlassen denBetrieb am Tag, über 22 Tonnen im Jahr. Weil sie höchstens zehn Tageliegen sollen, werden die zarten Kuchen ständig frisch produziert undnicht im Voraus. Per Post in alle Himmelsrichtungen der Weltverlassen die süßen Kunstwerke die Baumkuchenfabrik, wenn sie nichtgleich in den Einkaufskörben zahlreicher Einheimischer, Touristen undDelikatessenläden verschwinden.
Frau Hennig hat den Familienbetrieb vor fünf Jahren von ihremVater Oskar Hennig übernommen und inzwischen ihre eigene Philosophierund um den «König der Kuchen» entwickelt: «Besonders in derVorweihnachtszeit empfehle ich unser Gebäck, weil dieGeschmacksnerven dann noch sensibel sind - vor dem Ansturm vonStollen, Weihnachtskeksen und anderen schweren Leckereien.»Tatsächlich zergeht die bereits Anfang des 19. Jahrhunderts kreierteSpezialität auf der Zunge und hinterlässt ein sanftes, wohligesGefühl im Mund. «Bestens abgestimmt zu einer wirklich guten TasseKaffee», ergänzt Frau Hennig beim Probenaschen im Verkaufsraum.
Dort gibt es ausschließlich das berühmte Gebäck, in allenerdenklichen Formen: Vom einfachen Ring bis zum vierfachen Turm, alskleine Baumkuchenspitzen in Pralinenform, wie Tortenstücke geformtoder als über einen halben Meter hoher Ministerkuchen. Überzogen sinddie duftenden Spezialitäten in den dezenten Farben der klassischenGlasuren, die sich im Laufe der Jahrzehnte entwickelten. «1807, zurZeit des ersten und ursprünglichen Rezeptbuches, gab es noch keineSchokolade und die Kuchen waren alle mit der traditionellen Fondant-Glasur überzogen», sagt Hennig - ein schmelziger Zuckerguss, derheute von anderen Variationen wie Zartbitter-, Vollmilch- oder weißerSchokoladen-Glasur ersetzt werden kann.
Grundlage für alle Baumkuchen-Produkte ist die streng geheime,fast 200 Jahre alte Rezeptur, von der der Laie beim jederzeitmöglichen Blick in die hochtemperierte «Baumkuchenküche» nicht allesentziffern kann: Sie enthält Fett, extrem schaumig geschlagene Eier,Zucker, Mehl, Milch und Weizenpuder. «Betriebsgeheimnis bleiben diediversen Gewürze, die unseren Baumkuchen einmalig machen», lächeltFrau Hennig wissend, denn nicht nur bei Konkurrenzbetrieben inSalzwedel, auch in vielen anderen deutschen und österreichischenStädten wird tonnenweise Baumkuchen angeboten.
«Der Echte» unterscheidet sich nicht nur im Geschmack. Auch dieForm, nämlich unregelmäßig dicke Ringe, beweist, dass der HennigscheBaumkuchen in Handarbeit angefertigt wird. «Am offenen Feueraufgekellt» - so nennt der Fachmann die schichtweise Auftragung dergelb-schaumigen Teigmasse auf einer rotierenden, knapp einen Meterlangen Buchenholzwalze. Jetzt, zur Hochsaison, arbeiten an dem bis zu350 Grad heißen Ofen zusätzlich zu den acht Angestellten noch einigeSaisonkräfte.
Von der Güte des Produkts aus Salzwedel waren schon diePreußenkönige überzeugt, die sich in handgeschriebenen Briefenüberschwänglich bedankten, wie vorzüglich der nach Potsdam-Cecilienhof gelieferte Baumkuchen gemundet habe. Ähnlich euphorischeReaktionen erhofft sich Frau Hennig aus Paris: Zum Sachsen-Anhalt-Tagim vornehmen Palais der deutschen Botschaft war sie kürzlich samtBaumkuchenofen angereist und wurde zur Attraktion: Die Créme de lacréme, vor allem schicke Französinnen, standen Schlange für einHäppchen des feinen Gebäcks und ließ sich gerne die Bestelladresse inSalzwedel aushändigen.

