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Sekt Sekt: Guten Geschmack bewiesen

Von ANNE BÖTTGER 08.05.2011, 20:23

ELTVILLE/MZ. - Wie Perlen an einer Halskette reihen sich die verträumten Städtchen am Rhein auf. Enge, gepflasterte Gassen, windschiefe Fachwerkhäuser. Am Fuße funkelt das Wasser des Rheins, dahinter ragen Hänge grüner Weinreben hoch über der Stadt. Das Bild kennt Gunter Heise gut. Nicht nur, weil er immer wieder zwischen Eltville am Rhein und Freyburg an der Unstrut hin und her pendelt. Er kennt es auch von einem Gemälde aus seiner Sektkellerei in der Stadt im Süden Sachsen-Anhalts. "Scheinbar haben unsere Vorgänger geahnt, dass wir in der Zukunft einmal zusammenkommen", sagt Heise.

50 Millionen Flaschen jährlich

Seit 2002 ist Eltville am Rhein einer der Standorte der Rotkäppchen-Mumm Sektkellereien. Gunter Heise aus Laucha führt als Gesellschafter und Sprecher die Geschäfte. Marken wie MM Extra, Mumm und Jules Mumm haben in Eltville ihre Heimat. Auch Rotkäppchen-Sekt aus Freyburg wird in der hessischen Kleinstadt abgefüllt.

In der Idylle am Rhein klirrt es tagein, tagaus. 30 000 Flaschen rattern stündlich über das Band. Die Glasbäuche reiben sich aneinander, bis sie in einer schlanken Reihe über das schwarze Gummi immer tiefer in die Anlage hinein geschoben werden. Es riecht nach Hefe, süßlich und zugleich herb.

Was dort am Ufer des Rheins entsteht, hat eine lange Tradition: 1811 war es, dass Matheus Müller im Alter von 38 Jahren, die nach ihm benannte Firma gründete. Zunächst eine Weinkellerei, begann er 1837 erfolgreich mit der Herstellung von Sekt. Im Jahr 1845 wurden 300 000 Flaschen in der Eltviller Kellerei abgefüllt. 165 Jahre später sind es fast 50 Millionen Flaschen - die mit moderner Technik abgefüllt werden.

Nachdem die Flaschen sich von den Maschinen in Reih und Glied sortieren ließen, laufen sie hinter einer Glasfront in ein Rondell ein. Dort müssen die Flaschen Kopfstehen: "So werden sie gründlich mit Wasser ausgespült", erklärt Produktionsdirektor Karl-Josef Lauzi. Ein Paar Flaschen weiter steht der Sekt schon bis zum Hals. Über Füllrohre, die sich vom Flaschenboden bis zum -gewinde ziehen, sprudelt der Schaumwein ein, der etwa sechs Monate in Tanks des benachbarten Kellers lagern muss.

Welche Weine in den Behältern zu Sekt werden, ist Geheimnis der Fachleute. Ihnen obliegt es, aus ausgesuchten Weinen die Cuvée - den Verschnitt - zusammenzustellen, die den Sekt prägt. "Durch Vergärung wird der Most zum Wein", sagt Karl-Josef Lauzi. Um daraus Sekt herzustellen, muss eine zweite Gärung erfolgen. Nach Zugabe von in Wein gelöstem Zucker und Reinzuchthefe, der Fachmann spricht von Zusatz der Fülldosage, werden die zur Cuvée vermählten Weine in drucksichere Behälter zur zweiten Gärung gebracht. "Dabei spaltet die Hefe den mit der Fülldosage zugegebenen Zucker in Alkohol und Kohlensäure zu gleichen Teilen auf", erklärt der Produktionsleiter. Anschließend wird die Versanddosage zugegeben, um dem Sekt den gewünschten Süße zu verleihen.

Übernahme stärkt Freyburger

"Unser Sekt zeichnet sich durch seinen frischen, fruchtigen Geschmack aus", sagt Lauzi. Damit gesellen sich die Eltviller zum Freyburger Sortiment. Am 16. Januar 2002 übernahm die Rotkäppchen Sektkellerei die deutsche Seagram AG und damit die Standorte Eltville und Hochheim sowie die Sektmarken MM Extra, Mumm und Jules Mumm. 10,2 Millionen Euro hat das Unternehmen seit dem in den Standort investiert. Im Betrieb, der neben Freyburg und Eltville auch die Standorte Nordhausen und Hochheim umfasst, sind 540 Leute angestellt. "Die Rotkäppchen-Mumm Sektkellereien sind mit einem Marktanteil von 46,8 Prozent klarer Branchenführer", bekräftigt Heise.

"Mit der Übernahme haben sich für Rotkäppchen auch Chancen auf dem westdeutschen Markt ergeben", sagt Heise. Bis 2001 waren Handelsagenturen, die in der Regel für mehrere Unternehmen arbeiten, für den Vertrieb zuständig. "Heute aber haben wir Leute, die sich ausschließlich mit unserer Marke beschäftigen." Die Akzeptanz in den Supermärkten gibt dem Konzept Recht.

Die Rotkäppchen-Mumm Sektkellereien haben sich in den vergangenen Jahren mit weiteren Akquisitionen zu "Deutschlands Haus aus Sekt, Spirituosen und Wein" entwickelt, so Heise. Traditionsreiche Marken wie Chantré, Echter Nordhäuser, Eckes Edelkirsch und Blanchet gehören zum Sortiment des Hauses, das für einen Umsatz im Geschäftsjahr 2010 von 819,7 Millionen Euro und einem Absatz von etwa 225 Millionen Flaschen steht.

Und was kommt als nächstes? Vielleicht genügt ein Blick zu Heises Gemälde in der Freyburger Sektkellerei. Wer weiß, welche Firmenstandorte dort noch aufgezeichnet sind.