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Schließung Schließung: Aus für Tapetenfabrik in Ammendorf

Von ANNE BÖTTGER 12.07.2011, 17:04

Halle (Saale)/MZ. - Über lange Zeit nahm so mancher Tapetenwechsel in der Ammendorfer Tapetenfabrik seinen Anfang. Der Absatz boomte, die Geschäfte liefen - sogar während der deutsche Tapetenverband sinkende Umsätze meldete.

Dieses Kapitel in der 115-jährigen Geschichte des Unternehmens ist nun abgeschlossen. Gänzlich. Nach zwei Jahren Kurzarbeit werden künftig dort keine Tapeten mehr hergestellt. Aus finanziellen Gründen wird das Traditionsunternehmen im Süden von Halle, das zuletzt nur noch 30 Mitarbeiter hatte, zum 31. August schließen.

"Die Energiekosten sind kontinuierlich gestiegen, so dass sich das Geschäft nicht mehr gerechnet hat", sagte Geschäftsführer Holger Kincel gestern der MZ. Zuletzt seien 60 000 Tapetenrollen im Monat vom Band gegangen - zu Spitzenzeiten um die Jahrtausendwende waren es mehr als fünf mal so viel. "Damit wir die hohen Kosten hätten decken können, hätten wir 250 000 Rollen produzieren müssen", sagte Kincel. "Es gab einfach keine Möglichkeit, den Betrieb aufrecht zu erhalten."

Bereits im Januar hätten alle 30 Mitarbeiter die Kündigung erhalten, sagte Kincel. "Die Produktion ist bereits eingestellt, momentan wird nur die restliche Ware abverkauft, Büros werden aufgeräumt", sagte er. Maximal drei Mitarbeiter seien derzeit noch vor Ort, der Rest sei bereits erfolgreich vermittelt worden oder hätte sich neue Jobs gesucht, sagte Kincel.

Denn in der Tapetenindustrie ist die Stimmung durchaus optimistisch. "Seit etwa vier Jahren verzeichnen die deutschen Tapetenhersteller ein stetiges wirtschaftliches Wachstum", sagte Teresa Sorg, eine Sprecherin des deutschen Tapetenverbandes. Vor allem leicht zu handelnde Vliestapeten dominierten inzwischen mit 80 Prozent den Markt, herkömmliche Papiertapeten machen noch 20 Prozent aus, sagte die Sprecherin. Die beliebten Vließtapeten hatte auch die hallesche Firma in ihrem Sortiment.

Mit Investitionen im sechsstelligen Bereich habe der Gesellschafter, die ATF Vermögensverwaltungsgesellschaft mbH Halle, noch versucht, die Technik in der Fabrik auf den neuesten Stand zu bringen und so das Unternehmen zu retten. "Auch ist versucht worden, Leute zu finden, die in das Geschäft mit einsteigen", sagte Kincel. Ebenso habe der Gesellschafter Kontakt mit der Stadt Halle gesucht, um auf diesem Wege die Stromkosten oder Gewerbesteuer zu senken. "Doch selbst wenn das geklappt hätte, hätten wir nicht einschätzen können, ob es letztlich funktionieren wird. Es macht aber keinen Sinn, jetzt noch den schwarzen Peter hin und her zu schieben", meint der Geschäftsführer. Er sah keinen anderen Weg als die Schließung.