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Sachsen-Anhalt Sachsen-Anhalt: Land will Absolventen halten

Von Hendrik Kranert und Steffen Höhne 07.09.2005, 17:17
Junge, gut ausgebildete Menschen verlassen nach wie vor Sachsen-Anhalt. (Foto: dpa)
Junge, gut ausgebildete Menschen verlassen nach wie vor Sachsen-Anhalt. (Foto: dpa) Jens Schierenbeck

Magdeburg/MZ. - Mit Hilfe zweierForschungsprojekte soll die Abwanderung jungerAkademiker aus Sachsen-Anhalt gebremst undbereits abgewanderte Wissenschaftler in dieRegion zurückgeholt werden. Der Startschussfür die beiden Untersuchungen fiel am Mittwoch an der Hochschule Magdeburg-Stendal, die mitder Otto-von-Guericke-Universität in Magdeburgund der Greifswalder Uni kooperiert.

Die Projekte basieren auf einer Studie zurBevölkerungsentwicklung. Darin wurde festgestellt,dass viele Abwanderer gerne im Land bleibenoder zurückkommen würden, wenn neben einemArbeitsplatz auch das soziale Umfeld stimmt.Das neue Forschungsprojekt wird vom Bund mit274000 Euro finanziert.

Christiane Dienel leistet auch schon mal persönlich Hilfe bei der Familienplanung ihrer Studenten: Nachdem die Professorin für Sozial- und Gesundheitswesen an der Hochschule Magdeburg-Stendal einer Studentin Möglichkeiten aufgezeigt hatte, Studium und Mutterschaft unter einen Hut zu bringen, entschloss sich die junge Frau in der Tat zu einem Kind.

Doch ist, sagt Dienel, noch immer die Ausnahme: 42 Prozent aller Akademikerinnen in Deutschland sind kinderlos, wer sich für Nachwuchs entscheidet, tut dies erst mit 30 bis 35. "Da ist es meist zu spät für ein zweites oder erst recht für ein drittes Kind", erklärt die Wissenschaftlerin, die im vergangenen Jahr mit einer nach ihr benannten Studie zur Bevölkerungsentwicklung in Sachsen-Anhalt für Aufsehen sorgte.

Mit dem Forschungsprojekt "Hochschule als Katalysator regionaler Entwicklung" will Dienel nun nach Möglichkeiten suchen, Studenten nach dem Studium in der Region zu halten. Magnete sind dabei Partnerschaften, die das Wegzugsrisiko minimieren; vor allem aber Kinder. "Wir wollen mit unserem Projekt Anreize für Studentinnen schaffen, sich bereits während des Studiums für ein Kind zu entscheiden", so Dienel. Kindergärten an der Uni, wie es ihn in Magdeburg bereits gibt, könnten ebenso dazu gehören, wie Teilzeitpraktika und andere Studienerleichterungen. Welche das noch seien können, soll die Untersuchung klären. Zweites Projekt ist die Suche nach Möglichkeiten, wie Akademiker, die Sachsen-Anhalt bereits verlassen haben, zur Rückkehr bewegt werden können. Denn die Dienel-Studie kam auch zu der überraschenden Erkenntnis, dass die Heimatbindung vieler, die das Land verlassen, sehr groß ist. Zumal Rückkehrer für die Region von besonderer Bedeutung seien, weil sie über einen reichen Erfahrungsschatz verfügen, so Dienel. Entscheidend sei dabei neben der Frage des Arbeitsplatzes auch das soziale Umfeld in den Kommunen, die Bestandteil der Forschungsarbeit sind.

Für Tilo Braun, Staatssekretär im für den Aufbau Ost zuständigen Bundesverkehrsministerium, das die Forschungsprojekte finanziert, sind Probleme von Abwanderung und Rückkehr jedoch auch die, über die sich die Betriebe im Osten dringend Gedanken machen müssten: "Wir steuern in Richtung Fachkräftemangel", so Braune.

Die Industrie- und Handelskammer Halle-Dessau (IHK) sieht dies ähnlich: "Derzeit finden die meisten Unternehmen gute Facharbeiter und Hochschulabsolventen", sagt IHK-Sprecherin Antje Bauer. Langfristig werde sich dies jedoch aufgrund der geburtenschwachen Jahrgänge ändern. "Einzelne Firmen, die Ingenieure suchen, haben schon heute Schwierigkeiten", so Bauer. Es liege jedoch in der unternehmerischen Verantwortung, rechtzeitig Vorsorge zu treffen.

Die Maschinenbaufirma Anhaltinische Elektromotorenwerk (AEM) aus Dessau sucht schon jetzt händeringend nach Ingenieuren. "Gute Absolventen bewerben sich zuerst bei Großunternehmen wie Siemens oder ABB", so AEM-Geschäftsführer Rainer Storch. Durch Praktika und Diplomarbeiten versucht die Firma mit 165 Mitarbeitern frühzeitig mit Fachkräfte in Kontakt zu kommen und an sich zu binden.