Prozess am Bundesgerichtshof Prozess am Bundesgerichtshof: Nur eingeschränkte gerichtliche Kontrolle von Gaspreisen
Karlsruhe/dpa. - Unter Billigkeit verstehen Juristeneinen angemessenen und gerechten Ausgleich von Interessen.
Weist der Versorger aber nach, dass er damit nur höhereBezugskosten weitergegeben hat, ist die Anhebung rechtens. Einegerichtliche Kontrolle des gesamten Gaspreises - über die einzelnenErhöhungsschritte hinaus - lehnte das Karlsruher Gericht ab:Gasversorger seien keine Monopolisten, weil sie mit anderenHeizenergieträgern wie Heizöl, Strom, Kohle und Fernwärme imWettbewerb stünden. (Az: VIII ZR 36/06 vom 13. Juni 2007).
Damit lehnte das Karlsruher Gericht die Klage des pensioniertenHeilbronner Richters Klaus von Waldeyer-Hartz ab. Die HeilbronnerVersorgungsgesellschaft (HVG) hatte die Tarife zum 1. Oktober 2004angehoben, so dass der Kläger nach eigenen Angaben Mehrkosten vonrund 800 Euro im Jahr hatte. Dem BGH zufolge hat das Landgerichtfestgestellt, dass damit nur höhere Kosten des Unternehmensweitergegeben wurden. Damit sei die Preiserhöhung rechtens.Bundesweit beziehen rund 17 Millionen Kunden Gas.
«Ich bin nicht zufrieden mit dem Urteil», sagte der Kläger nachder Verkündung. Zwar sei eine richterliche Kontrolle jetztgrundsätzlich möglich. Allerdings sei es für die Unternehmen relativeinfach, die Billigkeit der Erhöhungen durch Rechnungen nachzuweisen.Das Hauptanliegen - die Kontrolle des Gesamtpreises - habe der BGHnicht erfüllt. HVG-Anwalt Bernd Kuhnt dagegen begrüßte das Urteil.Damit stehe fest, dass die Bezugskosten rechtsfehlerfrei an dieKunden weitergegeben worden seien.
Streitpunkt in dem Verfahren, über das der BGH bereits EndeDezember verhandelt hatte, war die Frage, ob Paragraf 315 desBürgerlichen Gesetzbuchs auf Gaspreise anwendbar ist, wie dies derBGH früher beispielsweise bei Fernwärme, Wasserversorgung undStromnetzentgelten angenommen hatte. Nach dieser Vorschrift könneneinseitige Preisfestsetzungen von den Gerichten auf ihre Billigkeitkontrolliert werden. Für Gas hat der BGH dies nun teilweise bejaht -allerdings nur für die einzelnen Tarifschritte.
Eine umfassende Preiskontrolle wäre dem Urteil zufolge dannmöglich gewesen, wenn die Gasversorger eine Monopolstellung hätten.Dies lehnte das Karlsruher Gericht nun auch für die Fälle ab, indenen - wie bei der HVG - eine Region nur durch einen einzigenGasanbieter beliefert wird. Weil Gas auf einem «Wärmemarkt» inKonkurrenz zu anderen Energieträgern wie Heizöl, Strom, Kohle bis hinzu Holzpellets stehe, wirke sich der Wettbewerbsdruck zu Gunsten derVerbraucher auf die Preise aus. «Darin sehen wir uns auch durchÄußerungen des Gesetzgebers bestätigt», sagte der SenatsvorsitzendeWolfgang Ball bei der Urteilsverkündung.
Nach Angaben des Verbraucherverbandes Bundeszentrale sind dieGaspreise in den vergangenen Jahren um 20 bis 30 Prozent gestiegen.In Zukunft soll die Wahl zwischen Gasanbietern deutlich erleichtertwerden, womit eine richterliche Kontrolle der Preise weitgehendausscheiden dürfte. Erst vor kurzem hatte der BGH eine richterlicheKontrolle von Stromtarifen für den Regelfall abgelehnt, weilEnergiekonzerne im liberalisierten Strommarkt keine Monopolstellungmehr hätten.
Der Bund der Energieversorger sieht das Urteil kritisch. «Das istsicher keine gute Entscheidung für die Verbraucher», sagte einSprecher des Verbands. Das eine gerichtliche Kontrolle des gesamtenGaspreises dem Urteil zufolge nicht möglich ist, weil Gasversorgerkeine Monopolisten sind, sei «nur schwer nachvollziehbar».