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ProSiebenSat.1 ProSiebenSat.1: Medienkommission hat Bedenken gegen Springer-Kauf

29.11.2005, 12:30

Berlin/Potsdam/dpa. - Kritisch sehen die Prüfer vor allem die mögliche Verbindung von Deutschlands größtem TV-Konzern mit den Tageszeitungenund Programmzeitschriften des Springer-Verlags. Auch die Springer-Aktivitäten im Internet und im Hörfunk sollen unter die Lupe genommenwerden. Damit solle festgestellt werden, ob durch den Kauf einevorherrschende Meinungsmacht entsteht, erklärte die Kommission zurErmittlung der Konzentration im Medienbereich (KEK) am Dienstag inPotsdam. Eine endgültige Entscheidung will die KEK bis zum 13.Dezember treffen.

Vertreter von Springer, der ProSiebenSat.1. Media AG und derzuständigen Landesmedienanstalten hatten bis zum späten Montagabendan einer Anhörung der KEK teilgenommen. Eine Springer-Sprecherinsagte, die Anhörung habe gezeigt, dass die KEK an einer konstruktivenLösung interessiert sei. Angaben über mögliche ZugeständnisseSpringers machte sie mit Hinweis auf das laufende Verfahren nicht.

Im Kern geht es nach KEK-Angaben um den Meinungseinfluss, der sichaus der Verbindung bundesweiter Fernsehaktivitäten mit verwandtenMedienmärkten ergeben könnte. Als «besonders bedeutend für dieöffentliche Meinungsbildung» sieht die KEK unter Vorsitz des MainzerMedienrechtlers Dieter Dörr die Tagespresse. Sie richte sich wieFernsehen und Hörfunk täglich an die Nutzer.

Neben der Tagespresse spielten aber auch Programmzeitschriften,Online-Medien und der Hörfunk eine Rolle für die Einschätzung vonMedienmacht. In der Sitzung sei auch über Vorkehrungen gesprochenworden, mit der die Meinungsvielfalt gesichert werden könne. Dabeiseien auch die Bedenken der KEK eingehend erörtert worden, teilte dieKommission weiter mit.

Das Bundeskartellamt hatte in einem Zwischenbescheid den Kauf alsschädlich für den Wettbewerb eingeschätzt. Mit der Übernahme würdensich nach Ansicht des Kartellamts mit Bertelsmann (RTL) und Springerzwei «symmetrische Konzerne» gegenüber stehen, die im Bereich derFernsehwerbung den Wettbewerb ausschalten könnten.

Sollte die KEK eine Übernahme ablehnen, kann Springer dieEntscheidung vor Gericht anfechten. Die Direktorenkonferenz derLandesmedienanstalten könnte sich über eine KEK-Ablehnunghinwegsetzen und dem Kauf zustimmen. Als letzte Möglichkeit bleibteine Ausnahmegenehmigung des Bundeswirtschaftsministers. Michael Glos(CSU) hatte am Montag eine Ministererlaubnis nicht ausgeschlossen,jedoch die Hoffnung geäußert, dass sich der Fall vorher klärt.

Nach den Regeln der KEK wird eine vorherrschende Meinungsmachtvermutet, wenn ein TV-Unternehmen im Jahresdurchschnitt einenZuschaueranteil von 30 Prozent hat. Die Schwelle kann auf 25 Prozentgesenkt werden, wenn das Unternehmen auf verwandten Märkten einebeherrschende Stellung hat. Mit einer verkauften Auflage von rund 3,8Millionen Exemplaren ist «Bild» die größte Zeitung in Deutschland.Die Sender der ProSiebenSat.1 Media AG kommen auf rund 22 ProzentZuschaueranteil.