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Porträt: Günther Beckstein - Landesvater im Abwärtsog

28.09.2008, 17:00

München/dpa. - Bayerns Ministerpräsident Günther Beckstein (CSU) war über Jahre hinweg der beliebteste CSU-Politiker des Freistaats. Bei den Landtagswahlen am Sonntag hat ihm das offensichtlich nichts mehr genützt.

Als Spitzenkandidat seiner Partei hat er die höchsten Verluste zu verantworten, die die CSU seit Jahrezehnten bei einer Landtagswahl eingefahren hat.

Beckstein ist ein Mann mit zwei Gesichtern: Außerhalb Bayerns galt der 64 Jahre alte Nürnberger wegen seiner harten Linie in der Sicherheitspolitik über Jahre als «schwarzer Sheriff». In Bayern dagegen war Beckstein die warmherzige Antithese zum aktenfressenden Technokraten Edmund Stoiber - bescheiden, immer gesprächsbereit, häufig zu schrägen Scherzen aufgelegt, selbstironisch.

«Nachdem Stoiber noch nichts gesagt hat, weiß ich nicht, was mein Wille ist», sagte er in seinen langen Jahren als bayerischer Innenminister. Berühmt sind Becksteins Scherze über die Ehe mit seiner Frau Marga: «Ich ringe um Gleichberechtigung.» Im Gegensatz zu Stoiber und dessen royalem Auftreten verkörpert Beckstein den Typus des ebenso nüchternen wie pfiffigen Nürnberger Bürgers. Und ebenfalls im Gegensatz zum Solisten Stoiber gilt Beckstein CSU-intern als Mannschaftsspieler.

Drei Anläufe brauchte Beckstein, bis er Stoibers Nachfolger als Ministerpräsident wurde. Zweimal hatte Stoiber in den Vorjahren Becksteins Aufstieg zum Regierungschef verhindert - laut weiß-blauer Folklore das «schönste Amt der Welt». Doch wenige Wochen vor seinem 64. Geburtstag erfüllte sich im Herbst 2007 für Beckstein ein Traum, der längst zerstoben schien. Und erstmals seit der Eingliederung Frankens vor 200 Jahren übernahm ein Protestant aus Nürnberg das höchste Amt in Bayern - ein Novum im bisher von katholischen Oberbayern geprägten Freistaat.

Doch seit seinem Einzug in die Staatskanzlei ist Beckstein in Schwierigkeiten geraten. Im Vergleich zu smarten Berliner Bundespolitikern wirkt er eher provinziell. Als Erblast nahm er die Unzufriedenheit mit Stoibers unpopulären Reformen ins Amt. Und lachten früher auch die Journalisten im Landtag herzlich über seine lockeren Scherze, so bereitet ihm sein loses Mundwerk als Ministerpräsident große mediale Probleme.

Bundesweit Schlagzeilen machte Beckstein zuletzt, als er im Zusammenhang mit der Promillegrenze für Autofahrer im Bierzelt sagte: «Es ist nicht das Problem, wenn einer eine Maß trinkt, oder wenn er ein paar Stunden da ist, auch zwei.». Bei den zahlreichen Politiker-Stammtischen auf dem Münchner Oktoberfest gibt es für zwei Liter Bier seitdem eine neue Maßeinheit: «ein Beckstein, bitte.»