1. MZ.de
  2. >
  3. Deutschland & Welt
  4. >
  5. Porträt: Porträt: Banker, Visionär, Terror-Opfer

Porträt Porträt: Banker, Visionär, Terror-Opfer

Von Alexander Missal 25.01.2005, 07:00
Alfred Herrhausen, ehemaliger Vorstandssprecher der Deutschen Bank, bei einer Pressekonferenz des Daimler-Benz-Konzerns in Stuttgart (Archivfoto vom 22.07.1987). An diesem Sonntag (30.1.) wäre Herrhausen, der 1989 unweit seines Wohnhauses in Bad Homburg von einer Bombe getötet wurde, 75 Jahre alt geworden. (Foto: dpa)
Alfred Herrhausen, ehemaliger Vorstandssprecher der Deutschen Bank, bei einer Pressekonferenz des Daimler-Benz-Konzerns in Stuttgart (Archivfoto vom 22.07.1987). An diesem Sonntag (30.1.) wäre Herrhausen, der 1989 unweit seines Wohnhauses in Bad Homburg von einer Bombe getötet wurde, 75 Jahre alt geworden. (Foto: dpa) dpa

Frankfurt/Main/dpa. - Er galt als Visionär und Idealist. Alsunerbittlicher Antreiber. Ein Manager, für den Verantwortung nichtnur eine Floskel war. Der andere mit seinem Ehrgeiz überforderte. Eincharmanter, fast jugendlich wirkender Mann, der für die Liebe seineKarriere aufs Spiel setzte. Alfred Herrhausen, Vorstandssprecher derDeutschen Bank, vereinte ganz unterschiedliche Eigenschaften in sich.Für die Terroristen der «Rote Armee Fraktion» (RAF) war er das Symboleines übermächtigen Netzwerks aus Banken, Industrie und Politik. Andiesem Sonntag (30.1.) wäre Herrhausen, der 1989 unweit seinesWohnhauses in Bad Homburg einem Sprengstoffattentat zum Opfer fiel,75 Jahre alt geworden. Zu dem Anschlag bekannte sich die RAF.

Herrhausen stammte aus eher einfachen Verhältnissen. Während derKriegsjahre besuchte er die Nazi-Kaderschule «Napola». Nach Ende desZweiten Weltkriegs wollte er Lehrer werden, entschied sich dann aberfür ein Wirtschaftsstudium in Köln, das er mit einer Promotionabschloss. Nach drei Jahren bei der Ruhrgas AG wechselte Herrhausen1955 zum Energiekonzern VEW. Den Verdacht, als Protegé seines dort inhoher Funktion tätigen Schwiegervaters Karriere zu machen, widerlegteer durch seine eigenen Leistungen schnell. Zur Deutschen Bankwechselte Herrhausen 1969. Nur zwei Jahre später rückte er in denVorstand des größten deutschen Finanzhauses auf.

Auf einer Geschäftsreise nach Texas verliebte Herrhausen sich ineine jüngere Frau aus Österreich. Eine Scheidung war in derkonservativen Bank für ein Vorstandsmitglied bis dato tabu.Herrhausen bot seinen Rücktritt aus dem Gremium an, doch die Kollegenwinkten ab.

Von 1985 an wirkte der gebürtige Essener dann zusammen mit F.Wilhelm Christians als Sprecher des Vorstands, seit 1988 übte erdiese Funktion allein aus. Als Herrhausen an die Spitze der Bankrückte, war die so genannte Deutschland AG, die Verflechtung vonBanken und Industriekonzernen, auf ihrem Höhepunkt. Herrhausen warAufsichtsratsvorsitzender der Daimler-Benz AG und prägte denstrategischen Wandel des Autoherstellers zum Technologie- undRüstungskonzern, der inzwischen wieder rückgängig gemacht wurde,entscheidend mit. Bundeskanzler Helmut Kohl (CDU) stand er alsBerater zur Seite.

Macht war für Herrhausen nichts Anstößiges, sondern etwas, das mitVerantwortung und Ideen auszufüllen war. Wettbewerb bedeutete fürihn, sich dem Stillstand zu widersetzen. «Die Bedenkenträger hat ergehasst», erinnert sich seine zweite Frau Traudl Herrhausen in derKino-Dokumentation «Black Box BRD» des Theater- und FilmemachersAndres Veiel, der Herrhausens Biografie der des 1993 getöteten RAF-Terroristen Wolfgang Grams gegenüberstellt. Herrhausens Mörder wurdennie gefasst.

Es war typisch für den Bankmanager, sich weniger auf Seilschaftenals auf die Durchsetzungskraft von Argumenten zu verlassen. SeineVorstandskollegen in der Bank überraschte Herrhausen nicht nur mitdem Vorschlag, den Ländern der Dritten Welt einen Teil ihrer Schuldenzu erlassen.

Auch die Vision einer Deutschen Bank, die künftig nicht mehr aufAugenhöhe mit der Dresdner Bank oder der Commerzbank, sondern mitKonkurrenten in Großbritannien und den USA stehen sollte, stieß aufWiderstand. Manch einer fühlte sich in der Rolle des Provinzfürstenwohler. Zu einem öffentlichen Eklat kam es nur deshalb nicht, weildie Ermordung Herrhausens dem Streit ein Ende setzte. SeineNachfolger Hilmar Kopper, Rolf Breuer und Josef Ackermann führten dieInternationalisierung der Bank dann doch fort - wenn auch behutsamer,als es Herrhausen recht gewesen sein mag.

Polizeibeamte stehen in Bad Homburg neben dem Wrack der Herrhausen-Limousine. Der Vorstandssprecher der Deutschen Bank AG, Alfred Herrhausen, war zuvor getötet worden, als eine Autobombe in seinem Wagen explodierte. (Foto: dpa)
Polizeibeamte stehen in Bad Homburg neben dem Wrack der Herrhausen-Limousine. Der Vorstandssprecher der Deutschen Bank AG, Alfred Herrhausen, war zuvor getötet worden, als eine Autobombe in seinem Wagen explodierte. (Foto: dpa)
dpa