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Zorneding Zorneding: Unterstützung für zurückgetretenen Pfaffer - nur nicht von der CSU

Von Thomas Schmitz 08.03.2016, 17:13
Pfarrer Olivier Ndjimbi-Tshiende
Pfarrer Olivier Ndjimbi-Tshiende dpa

Und dann ging alles ganz schnell. Pfarrer Olivier Ndjimbi-Tshiende ist nicht mehr da. Der 66-jährige Geistliche hat die Gemeinde Zorneding verlassen. „Er ist weg“, heißt es vom Erzbischöflichen Ordinariat in München. Der aus dem Kongo stammende Pfarrer, seit 2011 deutscher Staatsbürger, hatte eigentlich erst nach Ostern die katholische Pfarrgemeinde St. Martin verlassen wollen. Er war nach Kritik an der örtlichen CSU-Vorsitzenden massiv bedroht worden. Am Dienstag zog er vorzeitig den Schlussstrich. Er bat um seine sofortige Beurlaubung. „Es war eine persönliche Entscheidung“, sagte der Bistumssprecher. Kardinal Reinhard Marx habe sie akzeptiert – wohl auch, damit nicht jede Messe zu einem Spießrutenlauf für den Priester wird.

In Zorneding und in im Landkreis Ebersberg mehren sich die Solidaritätsbekunden mit Pfarrer Ndjimbi-Tshiende. Die am Sonntagabend gestartete Online-Petition „Unser Pfarrer soll in Zorneding bleiben!“, die am Montagmorgen noch bei wenigen 100 Unterstützern dümpelte, explodierte nach der geballten Medienberichterstattung regelrecht. Am Dienstag gegen 14 Uhr war die Marke von 50 000 Unterstützern durchbrochen. Die ersten Unterstützer seinen tatsächlich aus der 9000-Einwohner-Gemeinde Zorneding gewesen, mittlerweile werde die Petition aber deutschlandweit unterzeichnet, sagte Change.org-Sprecher Gregor Hackmack dieser Zeitung. „Das ist ein Thema, das die Republik bewegt“, so Hackmack weiter.

Initiatorin Julia Peters-Klopp bezeichnet den Weggang des Pfarrers als „entsetzlich, weil Pfarrer Olivier nicht geht, weil er möchte“, sondern weil er Morddrohungen erhalten habe, nachdem er sich gegen fremdenfeindliche Äußerungen lokaler Politiker positioniert habe. „Wenn wir den Weggang des Pfarrers nun stillschweigend akzeptieren, überlassen wir kriminellen Nationalsozialisten das Feld. Wir signalisieren, dass es in Deutschland wieder so weit ist, dass eine Gruppe, die Angst verbreitet, nicht mit Gegenwehr zu rechnen hat“, schreibt sie in ihrem Petitionstext.

Das Erzbistum rechnet aber nicht damit, dass die Online-Petition den Seelsorger umstimmen kann. Genau so wenig wird die Solidaritätskundgebung des Bündnisses gegen Rechtsradikalismus im Landkreis Ebersberg „Bunt statt braun“ seine Meinung ändern. Am Mittwochabend werden das Rathaus und die katholische und evangelische Kirche mit einer Lichterkette verbunden.

Unterstützung statt Empörung

In der Kritik steht die CSU. „Seehofer muss sich mit dem Pfarrer solidarisieren, ihm öffentlich beistehen, sonst feiern Rassisten hier letztlich mit Billigung der CSU einen Erfolg, den es in Bayern niemals geben darf“, forderte Margarete Bause, Fraktionsvorsitzende der Grünen im bayerischen Landtag. Der Auslöser für die Affäre sei schließlich eine „abstoßende, rassistisch motivierte Privatfehde von CSU-Funktionären mit dem Geistlichen“ gewesen.

Tatsächlich muss sich die stellvertretende Ministerpräsidentin Ilse Aigner in ihrer Funktion als CSU-Bezirksvorstand fragen lassen, ob sie nicht früher und rigider hätte durchgreifen müssen. So ist Sylvia Boher zwar aufgrund des öffentlichen Drucks drei Wochen nach ihren Kommentaren gegen Flüchtlinge als Vorsitzende des Zornedinger CSU-Ortsverbandes zurückgetreten – auf Druck von Landrat Robert Niedergesäß und Kreisparteichef Thomas Huber. Im Kreisvorstand und im Bezirksvorstand ist sie aber nach wie vor Mitglied, auch ihr Gemeinderatsmandat hat sie nicht niedergelegt. Statt öffentlicher Empörung gibt es zunächst sogar Unterstützung. Ihr Stellvertreter Johann Haindl, der den schwarzen Pfarrer nach dessen Kritik an Bohers Aussagen als Neger bezeichnet hatte, war da immerhin konsequenter. CSU-Bürgermeister Piet Mayr äußert sich erst Anfang Januar in seiner Neujahrsansprache zu dem Vorfall. Ministerpräsident Horst Seehofer hält die Vorwürfe, die CSU habe die rassistischen Auswüchse erst ins Rollen gebracht, als „völlig inakzeptabel“, Ilse Aigner hält einen Zusammenhang zwischen den Drohungen gegen den Pfarrer und der CSU als „böswillig“.