1. MZ.de
  2. >
  3. Deutschland & Welt
  4. >
  5. Politik
  6. >
  7. Westerwelle greift Vorgänger Steinmeier an

Westerwelle greift Vorgänger Steinmeier an

15.03.2010, 14:31

Berlin/dpa. - Außenminister Guido Westerwelle nimmt nach der anhaltenden Kritik an seiner Begleitung auf Auslandsreisen nun seinen SPD-Amtsvorgänger Frank-Walter Steinmeier ins Visier. Der FDP-Chef warf der Opposition am Montag in Berlin vor, mit «zweierlei Maß» zu messen.

Die gleiche «Einladungspraxis», die ihm heute zur Last gelegt werde, sei bei seinem Vorgänger Steinmeier «völlig kritiklos» hingenommen worden. Westerwelle muss sich seit vergangener Woche gegen den Vorwurf wehren, bei seinen Dienstreisen bevorzugt mit befreundeten Geschäftsleuten unterwegs zu sein.

Auf seiner ersten Pressekonferenz nach der Rückkehr von seiner Südamerika-Reise ermahnte der FDP-Chef am Montag in Berlin die anderen Parteien, während seiner Auslands-Aufenthalte künftig auf Kritik an ihm zu verzichten. «Wenn Sie für Deutschland dort Interessen wahrnehmen, ist es gänzlich unüblich, dass man in solchen Reisezeiten solche diffamierenden Attacken reitet. Das gehört sich einfach nicht», sagte Westerwelle nach einer Sitzung des FDP- Präsidiums. «Es wäre gut, wenn alle sich an diese Regeln erinnern.»

Der SPD-Vorsitzende Sigmar Gabriel wies die Verteidigungsversuche zurück. Der Vizekanzler verhalte sich dabei wie ein «rechthaberischer Schreihals». Es sei keine «Majestätsbeleidigung», wenn seine Reisebegleitung öffentlich diskutiert werde. Zugleich hielt er Westerwelle ein «merkwürdiges Amtsverständnis» vor. Grünen-Chef Cem Özdemir sagte, die «patzige Art» des Außenministers im Umgang mit Kritikern passe nicht zur «Würde seines Amtes». Der jetzige SPD- Fraktionschef Steinmeier selbst äußerte sich zunächst nicht.

Westerwelle hatte seit der Amtsübernahme im Oktober vergangenen Jahres auf seinen Auslandsreisen mehrfach Unternehmer dabei, die die FDP finanziell unterstützen. Auf einer Asien-Reise gehörte zu seiner Delegation auch der Geschäftsführer einer Firma, an der sein Bruder Kai beteiligt ist. Kritik gibt es auch daran, dass er sich von Lebensgefährte Michael Mronz begleiten ließ. Mronz verdient sein Geld mit großen Sportveranstaltungen. In Brasilien, eine Station von Westerwelles Südamerika-Reise, findet 2014 die Fußball-WM statt.

Westerwelle hielt der Opposition vor, an ihre eigenen Ministerpräsidenten und Minister nicht so strenge Maßstäbe anzulegen wie an ihn. «Das ist eine erkennbare Absicht, nämlich Diffamierung, um in Nordrhein-Westfalen eine linke Mehrheit an die Macht zu bringen.» In NRW findet im Mai die nächste Landtagswahl statt. Derzeit regiert dort wie im Bund eine schwarz-gelbe Koalition. Auf die meisten Vorwürfe ging Westerwelle jedoch nicht im Detail ein. Er versicherte aber: «Das, was man streng trennen muss, sind dienstliche und private Belange. Und die sind strengstens getrennt worden.»

Westerwelle beschwerte sich darüber, dass auch auf seine «Familie» keine Rücksicht genommen werde. Auf der jüngsten Südamerika-Reise habe sein Lebensgefährte an «keinem einzigen politischen Gespräch» teilgenommen, sondern soziale Projekte besucht. «Ich frage mich gelegentlich mal, ob das in anderen Konstellationen so kommentiert worden wäre.» Unterstützung bekam der FDP-Chef von Parteivize Andreas Pinkwart. «Wir hatten auch schon andere innenpolitisch sehr umstrittene Außenminister. Ich erinnere nur an Joschka Fischer», sagte Pinkwart in der ARD. «Aber da wurde nicht geholzt, auch nicht von der FDP, als der Minister im Ausland war.»

In der Steuerpolitik will die FDP unverändert auf ihrem Kurs bleiben. Westerwelle sagte: «Wir halten ohne Wenn und Aber an dem fest, was wir in der Koalition vereinbart haben.» Er widersprach damit Berichten über einen angeblichen Kurswechsel seiner Partei. Auf einen genauen Termin für Steuersenkungen legte er sich nicht fest. Wichtig sei, dass die Pläne in «dieser Legislaturperiode» umgesetzt würden. Zum Umfang der Entlastungen sagte er: «Das, was als Volumen im Koalitionsvertrag aufgeschrieben ist, ist unsere Richtschnur.» Union und FDP peilen bis 2013 weitere Steuerentlastungen von jährlich bis zu 20 Milliarden Euro an.