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Wer wird Außenminister? Wer wird Außenminister?: Sozialdemokrat Martin Schulz gilt als Favorit

15.11.2016, 17:07
In den nächsten Wochen wird sich entscheiden, ob Schulz als Geheimwaffe der Sozialdemokraten im Wahljahr nach Berlin wechselt - sein Name machte als Ersatz für Außenminister Steinmeier, der Bundespräsident werden soll, sofort wieder die Runde.
In den nächsten Wochen wird sich entscheiden, ob Schulz als Geheimwaffe der Sozialdemokraten im Wahljahr nach Berlin wechselt - sein Name machte als Ersatz für Außenminister Steinmeier, der Bundespräsident werden soll, sofort wieder die Runde. EPA

Straßburg - Noch ist es eine Spekulation. Aber vieles spricht dafür, dass der derzeitige Präsident des Europaparlaments, Martin Schulz, nächster deutscher Außenminister wird. Der 60-Jährige Sozialdemokrat wird als Favorit für die Nachfolge von Frank-Walter Steinmeier gehandelt, der gemäß der Entscheidung der großen Koalition nächstes Jahr Bundespräsident werden soll.

Schulz ist ein langjähriger Freund von SPD-Chef Gabriel

Schulz hat gute Argumente auf seiner Seite: Er ist ein langjähriger Freund von SPD-Chef und Vizekanzler Sigmar Gabriel, der bei der Personalentscheidung vermutlich das letzte Wort hat. Der Posten des deutschen Chefdiplomaten wird von der SPD besetzt - so steht es zumindest im Koalitionsvertrag.

Auch zu Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) soll Schulz einen guten Draht haben: Nach Angaben aus seinem Umfeld telefonieren die beiden Politiker regelmäßig miteinander. Schulz hat wie keiner vor ihm dem Europaparlament ein Gesicht gegeben. Der gelernte Buchhändler und ehemalige Bürgermeister der nordrhein-westfälischen Kleinstadt Würselen tritt auf dem internationalen Parkett selbstbewusst auf.

Er spricht fließend Englisch und Französisch und ist bestens vernetzt. Schulz kennt viele der einflussreichen Akteure in den 28 EU-Staaten - und nicht wenigen ist er per Du. Wenn es Krisen gibt, ist der umtriebige Politiker zur Stelle. So reiste Schulz als erster hoher Vertreter der EU nach dem gescheiterten Putschversuch in der Türkei nach Ankara.

Nach einem Treffen mit Ministerpräsident Binali Yildirim räumte er zwar „Differenzen“ ein - etwa in der Frage der Visaliberalisierung, die derzeit im Europaparlament blockiert wird. Er verurteilte aber auch den Putschversuch und sagte, die EU werde die Demokratie in der Türkei weiter unterstützen.

Schulz ist wortgewandt und nimmt kein Blatt vor den Mund

Als das zwischen der EU und Kanada ausgehandelte Freihandelsabkommen Ceta am Widerstand der belgischen Region Wallonien zu scheitern drohte, schaltete sich Schulz persönlich ein: Der sozialistische Premierminister Paul Magnette lenkte schließlich ein. Als Parlamentspräsident nimmt der wortgewandte Politiker kein Blatt vor den Mund und prangerte etwaDemokratieabbau in Polen oder Ungarn an.

Sein lautstarkes Auftreten bringt ihm allerdings auch immer wieder Kritik ein - beispielsweise, als er im Februar 2014 in Israel für einen Eklat sorgte. Sein robuster Stil unterscheidet sich deutlich von den bedächtigen und ausgleichenden Auftritten Steinmeiers. Als deutscher Chefdiplomat müsste Schulz wohl leisere Töne anschlagen.

Darin übte er sich offensichtlich schon nach der Wahl des Populisten Donald Trump zum US-Präsidenten. Das Ergebnis freue ihn zwar nicht, sagte Schulz im ZDF. Trump sei aber der „frei gewählte Präsident der Vereinigten Staaten, der unseren Respekt verdient“. Ein Wechsel nach Berlin nach 22 Jahren im EU-Parlament wäre für den leidenschaftlichen Europäer Schulz freilich nur die zweite Wahl.

Schulz eigentlicher Traumjob ist der des EU-Kommissionspräsidenten

In der EU-Volksvertretung ist es ein offenes Geheimnis, dass Schulz sein Amt gerne bis zur nächsten Europawahl Mitte 2019 behalten möchte - als Sprungbrett für seinen eigentlichen Traumjob: den des nächsten EU-Kommissionspräsidenten. Doch die Chancen dafür stehen schlecht. Denn zu Beginn der Wahlperiode hatte Schulz schriftlich zugesagt, dass er seinen Posten nach zweieinhalb Jahren für einen Kandidaten der konservativen EVP räumen will.

Auf diese Abmachung pocht die EVP. Und Schulz werde nicht versuchen, „mit dem Brecheisen ein neues Mandat durchzusetzen“, meint der erfahrene SPD-Europaabgeordnete Jo Leinen. Die Wahl des neuen EU-Parlamentspräsidenten ist Mitte Januar geplant, die des neuen Bundespräsidenten am 12. Februar.

Damit stimmt auch der Zeitplan. Und möglicherweise könnte Schulz, der während der vergangenen Jahre pausenlos von einem Termin zum anderen hetzte, sogar einmal ein paar Wochen ausspannen. (afp)