Wegbereiter von Rot-Grün Wegbereiter von Rot-Grün: Hessen Ex-Ministerpräsident Börner wird 75 Jahre alt

Kassel/dpa. - Die damals noch sehr gewöhnungsbedürftige Koalition platzteschnell und zog auch Börners eigenen politischen Abgang nach sich.Seit seinem Abschied aus Wiesbaden 1987 hält Börner sich strikt aus der Landespolitik heraus. Am 7. Februar wird er 75 Jahre alt.
«Ich habe ein reiches politisches Leben gehabt mit großenHerausforderungen und habe viel für unser Land tun können», sagtBörner im Rückblick auf seine lange politische Laufbahn. Nach 19Jahren im Bundestag sei er 1976 als «Feuerwehrmann» zur Nachfolge vonMinisterpräsident Albert Osswald (SPD) nach Wiesbaden gerufen worden.Als Verdienst für seine nordhessische Heimat rechnet er sich den Bauder Autobahnen von Kassel Richtung Dortmund und Marburg ebenso zu,wie den Bau der ICE-Strecke über Kassel. «Das war einestrukturpolitische Entscheidung ersten Ranges.»
«Die Startbahn West habe ich durchgesetzt», unterstreicht Börner.Seine Drohung «mit der Dachlatte» im gewalttätigen Streit um denFrankfurter Flughafenausbau sei allerdings falsch wiedergegebenworden. Als er - belagert von Demonstranten - in einem Auto gesessenhabe, habe er lediglich gesagt: «Heute muss ich für den öffentlichenFrieden eintreten, aber vor 40 Jahren auf dem Bau hätten ich einenAngriff auf meine Person mit der Dachlatte beantwortet».
Der 1931 in Kassel geborene Börner hatte sich schon 1948 in derSPD engagiert, nachdem er während der NS-Zeit im sozialdemokratischgeprägten Elternhaus Arbeitslosigkeit und politische Verfolgungmiterlebt hatte. Den Aufstieg vom gelernten Betonfacharbeiter undnamenlosen Jungsozialisten zum hessischen Ministerpräsidenten vollzogder «Dicke» (Parteijargon) in einer Bilderbuchkarriere. 1956engagierte er sich in der Kommunalpolitik seiner Heimatstadt und ging1957 mit 26 Jahren als jüngster Bundestagsabgeordneter nach Bonn.1972 wurde Börner Bundesgeschäftsführer der SPD. Seine Parteischickte ihn nach Hessen, nachdem der glücklose MinisterpräsidentAlbert Osswald am Abend der Bundestagswahl 1976 zurückgetreten war.
Als die hessische SPD 1982 als Folge der Bonner Wende ihrenPartner FDP verlor, war Börner zum Weiterregieren auf die Grünenangewiesen und wurde somit zum Wegbereiter für rot-grüneLandesregierungen. Im Streit um die Atompolitik kündigte Börner dieKoalition im Februar 1987 auf und entließ Joschka Fischer als Umwelt-und Energieminister. Am Tag darauf erklärte er seinen Verzicht aufeine erneute Kandidatur als Ministerpräsident und damit auf das Amt,das er einmal als «die Krönung meines Lebens» bezeichnet hatte. Alsdie SPD die Landtagswahl im April verlor, zog Börner sich aus derPolitik in seine Geburtsstadt Kassel zurück. Von 1987 bis2003 übernahm er den Vorsitz der Friedrich-Ebert-Stiftung.
Obwohl Börner seit langem aus dem Rampenlicht getreten ist, sitztder inzwischen schlanke Parteiveteran bei wichtigen SPD-Terminen inKassel stets in der ersten Reihe. «Jede Generation muss für dieDemokratie neu gewonnen werden», lautet Börners Rat an dienachrückenden Politiker. «Ich bin der Meinung, dass jede Generationihren Weg selbst gehen muss und ihre eigenen Fehler machen muss.»