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Wahlrecht Wahlrecht: Einzelbewerber-Wahl kann zum Verlust der Zweitstimme führen

Von Alexander Schultz 20.09.2013, 10:28
Ein Wahlzettel wird in eine Urne geworfen.
Ein Wahlzettel wird in eine Urne geworfen. Archiv/S. Kison

Halle/MZ - Nur noch zwei Tage sind es bis zur Bundestagswahl. Insgesamt 81 Einzelbewerber, davon vier Kandidaten in Sachsen-Anhalt, treten in Deutschland an, ohne von einer Partei aufgestellt worden zu sein. Der Gesetzgeber hat bei Einzelbewerbern eine wenig bekannte Passage in das Bundeswahlgesetz eingebaut. In Paragraf 6 heißt es: "Für die Verteilung der nach Landeslisten zu besetzenden Sitze werden die für jede Landesliste abgegebenen Zweitstimmen zusammengezählt. Nicht berücksichtigt werden dabei die Zweitstimmen derjenigen Wähler, die ihre Erststimme für einen im Wahlkreis erfolgreichen Bewerber abgegeben haben".

Übersetzt bedeutet dies, dass, wenn ein Einzelbewerber seinen Wahlkreis und damit das Direktmandat gewinnt, alle Zweitstimmen der Wähler, die diesen Einzelbewerber gewählt haben, nicht gezählt werden. Wenn die Zweitstimmen eines siegreichen Einzelbewerbers bei der Berechnung der Mandatsverteilung unter den Tisch fallen, kann das aber einer Partei oder mehreren Parteien erheblich schaden.

Rund 61,8 Millionen Bürger sind wahlberechtigt. Nach Auskunft des Bundeswahlleiters haben gut neun Prozent aller Wahlberechtigten bzw. rund 5,8 Millionen einen Migrationshintergrund. 51,5 Prozent der Wahlberechtigten sind Frauen.

Rund drei Millionen junge Menschen dürfen erstmals teilnehmen. Sie wurden seit der vergangenen Bundestagswahl 2009 volljährig. Ein Fünftel der Wahlberechtigten ist mindestens 70 Jahre alt.

Gewählt wird in den 299 Wahlkreisen in circa 80.000 Urnen- und 10.000 Briefwahlbezirken. Nordrhein-Westfalen hat die meisten (64) und Bremen die wenigsten Wahlkreise (2). 34 Parteien beteiligen sich an der Wahl, davon stellen 30 eine Landesliste auf.

Insgesamt treten 4451 Wahlbewerber an, darunter 1149 Frauen (25,8 Prozent). Das Durchschnittsalter liegt wie bei der Wahl 2009 bei 47,4 Jahren. Die jüngste Bewerberin ist 1995 geboren und kandidiert auf einer Landesliste in Bayern, der älteste Bewerber ist Jahrgang 1923 und steht auf einer Landesliste in Berlin.

Etwa 630.000 ehrenamtliche Wahlhelfer sind am Wahlsonntag im Einsatz. Manche Großstädte benötigen allein bis zu 10.000. In jedem Wahllokal und für jeden Briefwahlbezirk gibt es einen Wahlvorstand, der sich aus einem Wahlvorsteher, einem Stellvertreter und drei bis sieben Beisitzern zusammensetzt. Neben der Überwachung und Organisation der Wahl zählt der Vorstand am Ende die Stimmen aus und leitet das Ergebnis an die Kommune weiter.

Um 18 Uhr verbreiten die Fernsehsender und Online-Nachrichtenportale ihre Prognosen zum Wahlausgang, kurz darauf die ersten Hochrechnungen. Das vorläufige amtliche Endergebnis wird für die Nacht zum Montag erwartet.

Bei der anstehenden Bundestagswahl sind die zwei bekanntesten Einzelkämpfer der Noch-CDU-Abgeordnete Siegfried Kauder und der parteilose Bundesrichter a. D. Wolfgang Neskovic. Sollte beispielsweise Siegfried Kauder seinen Wahlkreis mit etwa 40.000 Stimmen gewinnen (vor vier Jahren holte er immerhin 54.000), dann würden die von seinen Wählern abgegebenen Zweitstimmen nicht mitgezählt. Da die überwiegende Zahl von Kauder-Wählern die Zweitstimme der CDU geben dürften, wäre der Schaden für die Christdemokraten nicht unerheblich.

Einzelbewerber spielten bislang eine untergeordnete Rolle. Einzig bei der ersten Bundestagswahl 1949 zogen drei Einzelbewerber in den Bundestag ein. In den Folgejahren gelang es keinem weiteren, genügend Stimmen gegen die Parteikandidaten auf sich zu bündeln. So ging die Bewerberzahl deutlich zurück, stieg bei den jüngsten Bundestagswahlen jedoch wieder an.

In Sachsen-Anhalt sind 2013 unter den insgesamt 140 Kandidaten nur vier Einzelbewerber: Martin Bauersfeld, Thomas Buch, Erich Jaschkowski und Christian Pap. Im Jahr 2009 waren es noch acht Einzelbewerbern bei insgesamt 92 Kandidaten.

Auf Nachfrage von mz-web.de teilte das Büro des Landeswahlleiters mit, "Das heißt, wenn es keine Landesliste gibt, für deren Partei ein Kandidat im Wahlkreis kandidiert, werden im Erfolgsfall die Zweitstimmen, der Wähler dieser erfolgreichen Kandidaten, für die Verteilung der Sitze nach Landeslisten nicht berücksichtigt. Damit soll ein doppeltes Stimmgewicht dieser Wähler vermieden werden." Weiterhin heißt es: "Für die Zweitstimmen der oben genannten Wähler gilt, dass Sie lediglich für die Statistik, die Berechnung der 5-Prozent-Hürde und die Wahlkampfkostenerstattung zählen."