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USA USA: Wie schmerzhaft ist die Hinrichtung?

Von Gabriele Chwallek 26.09.2006, 07:14

Washington/dpa. - Das klingt nach einem friedlichen Einschlafen, aber hätte es ein Aufbäumen in Todesqualen gegeben, wäre es auch gar nicht sichtbar gewesen. Denn Hill war bei seiner Exekution nicht nur mit Armen und Beinen, sondern auch mit dem Kopf auf der Bahre festgeschnallt - ein seltenes Vorgehen bei Exekutionen.

Wie schmerzhaft ist die Hinrichtung durch die Giftinjektion -darüber wird in den USA immer heftiger gestritten. Mehr noch: Inmehreren Bundesstaaten sind alle Hinrichtungen ausgesetzt worden, bisdie Frage geklärt ist oder alternative Exekutionsmethoden gefundenworden sind. Und es war Hill, der diese Lawine lostrat.

Er hatte bereits im Januar vor der Hinrichtung gestanden, dannsetzte das Oberste Gericht die Exekution des verurteiltenPolizistenmörders in letzter Minute aus. Die Verteidigung hatteargumentiert, dass das Sterben durch die Injektion qualvoll und daher als «grausame und ungewöhnliche Bestrafung» verfassungswidrig sei, und der Supreme Court sprach dem Delinquenten das Recht auf gerichtliche Anfechtung der Methode zu. Das nützte Hill zwar am Ende nichts, denn zuständige niedrigere Instanzen in Florida schmetterten die Berufungsanträge postwendend ab, ohne ihm auch nur eine Anhörungzu gewähren. Aber Dutzende andere Häftlinge blieben dank seinesVorstoßes zumindest vorläufig vom Henker verschont, und manche können sogar hoffen, dass die Debatte um die Giftspritze in ihrem Bundesstaat ein dauerhaftes Hinrichtungsmoratorium bewirkt.

Todesstrafen-Befürworter halten die Diskussion für absurd - wieAngehörige des von Hill getöteten Polizisten. Sie meinen, es seihimmelschreiend, sich «wegen ein paar Schmerzen» von Mördernaufzuregen, die selbst keinen Funken Mitleid für ihre Opfer gehabt hätten. Kein Haustier in Florida dürfe per Gesetz so eingeschläfert werden wie Hill getötet worden sei, sagt dagegen Mark Elliott von der Organisation «Alternativen zur Todesstrafe» in Florida.

Die Giftspritze ist seit langem die bevorzugte Hinrichtungsmethode in den USA. Etwa 880 der rund 1050 seit Wiedereinführung der Todesstrafe im Jahr 1976 exekutierten Häftlinge starben durch die Transfusion eines «Cocktails» von meistens drei Chemikalien. Das Barbiturat Thiopental wird zur Betäubung eingesetzt und Pancuroniumbromid zur Lähmung der Muskeln mit Ausnahme des Herzens, das dann mit Kaliumchlorid zum Stillstand gebracht wird.

Schon im Jahr 2005 hatten Ärzte gewarnt, dass diese Art vonHinrichtung häufig mit Schmerzen verbunden sei. In vielen Fällen sei die verabreichte Dosis des Betäubigungsmittels zu gering, um den Verlust des Bewusstseins zu erreichen, hieß es in einer im britischen Fachmagazin «Lancet» veröffentlichten Studie, die auf den Ergebnissen von Obduktionen Hingerichteter basierte.

Mehrere US-Staaten, in denen die Exekution durch die Giftspritzeinzwischen gerichtlich angefochten wurde, sahen in der Anwesenheit von Anästhesisten bei Hinrichtungen eine Lösung. Sie, so wurde argumentiert, könnten eine ausreichende Betäubung gewährleisten. Aberdas funktionierte nicht: Sämtliche von den Behörden angeschriebenenÄrzte lehnten aus ethischen Gründen eine Beteiligung an Exekutionenab - so in Kalifornien, wo alle Hinrichtungen ausgesetzt sind und am26. September Anhörungen zum Thema Giftspritze beginnen sollen.

Die Kontroverse um den «Giftcocktail» hat auch in Delaware,Arkansas, South Dakota und New Jersey dazu geführt, dass dieTodeskammern vorerst leer bleiben. Am Spektakulärsten ist jedoch der Fall Missouri. Hier hatte ein Mediziner, der schon 20 Mal vorher in seiner Karriere wegen ärztlicher Fehler verklagt worden war, dutzende Exekutionen geleitet. Nach dem Hinrichtungsaufschub für einen Häftling stellte sich bei Untersuchungen heraus, dass er nur die Hälfte der vorgeschriebenen Menge an Betäubungsmittel für den Delinquenten vorbereitet hatte. Bei weiteren Nachforschungen wurdenähnliche Fehler bei vollzogenen Hinrichtungen entdeckt. Der Arzt gab zu, dass er an Legasthenie leide und Probleme mit Zahlen habe.