Urteil Urteil: Frühere DDR-Funktionäre bekommen bald mehr Rente

Karlsruhe/Erfurt/dpa. - Einige ehemalige DDR-Funktionärekönnen nach einer Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts mithöheren Altersbezügen rechnen. Bestimmte Regelungen zu den DDR-Zusatz- und Sonderrenten seien verfassungswidrig, teilte das Gerichtam Mittwoch in Karlsruhe mit. Die Begrenzungen derberücksichtigungsfähigen Arbeitseinkommen in der gesetzlichenRentenversicherung verstoßen demnach zum Teil gegen denGleichheitsgrundsatz. Der Gesetzgeber wurde verpflichtet, bis EndeJuni 2005 eine Neuregelung zu treffen.
Wie sich das Urteil finanziell auf Thüringen auswirke, sei derzeitnoch nicht abzuschätzen, sagte der Sprecher des Finanzministeriums inErfurt, Lothar Neyer, der dpa. Erst müsse das Urteil angeschaut unddie neu zu fassende Regelung abgewartet werden. Die Landesausgabenfür Sonder- und Zusatzversorgungssysteme der DDR unter anderen fürPolizisten, Militärangehörige sowie Ärzte und Naturwissenschaftlerschlugen den Angaben zufolge im vergangenen Jahr bereits mit 386Millionen Euro zu Buche. Nach stetigen Steigerungen hätten damiterstmals die Ausgaben auf dem Vorjahresniveau verharrt.
Sozialminister Klaus Zeh (CDU) hält nach dem Karlsruher Urteileine Opferpension für politisch Verfolgte der SED-Diktatur nötigerdenn je. «Für uns steht eine angemessene Entschädigung der Opfer imVordergrund», sagte Zeh. Thüringen setzt sich gemeinsam mit Sachsenund Sachsen-Anhalt für eine solche Opferrente ein.
Der Erste Senat gab drei Klägern Recht, die leitende Funktionen inder Nationalen Volksarmee, im DDR-Patentamt und im DDR-Bauministeriumhatten. Sie hatten Ansprüche aus der Sonder- und Zusatzversorgung derDDR erworben. Nach der Wiedervereinigung wurden solche Ansprüche indie gesetzliche Rentenversicherung überführt, wobei ungerechtfertigteund überhöhte Leistungen abgebaut werden sollten.
Bereits im April 1999 hatte das Verfassungsgericht in einemGrundsatzurteil kritisiert, der Gesetzgeber habe die Vorgaben zuUngunsten vieler DDR-Funktionäre umgesetzt. Die «Staats- undSystemnähe» der Betroffenen reiche nicht als Beleg für überhöhteEntgelte aus. Auch die Neuregelung von 2001 reiche nicht aus,entschied jetzt das Gericht: «Es gibt nach wie vor keine hinreichendtatsächlichen Erkenntnisse dafür, dass an die Angehörigen der von derNeuregelung erfassten Personengruppen überhöhte Arbeitsentgeltegezahlt wurden.» (Beschlüsse vom 23. Juni - Az: 1 BvL 3/98 und 9/02und 2/03)
Ehemalige Angehörige des Ministeriums für Staatssicherheit könnensich nach Ansicht des Gerichts allerdings nicht beschweren: Mit Rechtgehe der Gesetzgeber davon aus, dass bei der Stasi deutlich überhöhteEntgelte gezahlt wurden. Die 3. Kammer des Ersten Senats nahm dieVerfassungsbeschwerde eines ehemaligen Stasi-Oberst daher nicht zurEntscheidung an. (Beschluss vom 22. Juni - Az: 1 BvR 1070/02))