Alleinerziehende Unterhaltsvorschuss: Staat kassiert Vorschuss für Alleinerziehende wieder ein
Berlin - Um den vielen Alleinerziehenden zu helfen, die wegen ausstehender Zahlungen des Ex-Partners in Geldnöte geraten, will die Bundesregierung das Unterhaltsrecht ausweiten.
Erst vor zwei Wochen hatte das Kabinett auf Initiative von Familienministerium Manuela Schwesig (SPD) beschlossen, dass der Staat in Notfällen mit einem Vorschuss auf den Unterhalt noch länger einspringt.
Nun aber zeigt sich: Die Reform droht seine Wirkung fast völlig zu verfehlen. Denn bei 87 Prozent der Anspruchsberechtigten käme der Vorschuss derzeit gar nicht an, weil er ihnen als Hartz-IV-Empfängern von der Grundsicherung abgezogen würde.
Das geht aus einer Anfrage der Linksfraktion bei der Bundesregierung hervor, die dieser Zeitung vorliegt.
Mit der Reform soll der Unterhaltsvorschuss bis zum 18. statt wie bislang bis zum 12. Lebensjahr gezahlt und die Höchstbezugsdauer von sechs Jahren abgeschafft werden. Alleinerziehende erhalten den Vorschuss, wenn der Vater oder die Mutter keinen Unterhalt zahlt. Mit der neuen Regelung kommen weitere 260.000 Kinder dazu.
Gesetz zum Unterhaltsvorschuss könnte im Bundesrat scheitern
Zudem droht das geplante Gesetz nun auch an der Ablehnung einiger SPD-Länder im Bundesrat zu scheitern: Unionsfraktionschef Volker Kauder (CDU) forderte den SPD-Vorsitzenden Sigmar Gabriel am Dienstag auf, in seiner Partei für die Zustimmung zu den Plänen zu sorgen. Mehrere Versuche, mit den Ländern eine Einigung über die Finanzierung der verabredeten Verbesserungen zu erreichen, seien gescheitert, sagte Kauder in Berlin.
„Die Alleinerziehenden werden mit Recht unruhig. Erst große Freude über die Beschlüsse der Bund-Länder-Finanzkommission und des Bundeskabinetts, die Zahlung des Unterhaltsvorschusses zeitlich auszuweiten – nun Unsicherheit, weil die Kommunen deutschlandweit signalisieren, dass sie das nicht stemmen können“, sagte die frauenpolitische Sprecherin der Linken, Cornelia Möhring, dieser Zeitung.
Möhring kritisiert zudem, dass der geplante Unterhaltsvorschuss mit der Grundsicherung verrechnet werden soll. So komme er bei den meisten Betroffenen gar nicht erst an.
Laut der Antwort des Bundesfamilienministeriums auf ihre Anfrage haben Anfang 2015 rund 454.000 Kinder Unterhaltsvorschuss bekommen. Davon erhielten laut Statistischem Bundesamtes rund 395.000 Hartz IV. „Die Bundesregierung sollte diesen bürokratischen Irrsinn beenden und dafür sorgen, dass die Leistungen bei den Alleinerziehenden und ihren Kindern ankommen“, sagte die Linke.
Neuer Unterhaltsvorschuss: 530 Millionen Euro Mehrkosten für die Länder
Die Verfechter der Gesetzesreform betonen dagegen, ein Drittel der Hartz-IV-Bezieher seien laut Sozio-ökonomischem Panel „erwerbstätige Arbeitslosengeld II-Bezieher“, die also ihre Löhne und Gehälter mit Staatsgeld aufstocken.
Das Familienministerium geht deshalb davon aus, dass mit der Novelle mehr Betroffene aus Sozialleistungen wie Hartz IV herausfallen – und Bund und Kommunen damit Geld einsparten. Auf die Länder kämen dagegen rund 530 Millionen Euro Mehrkosten zu – weshalb sich einige nun querstellen. Über die Finanzierung wollen sich Bund und Länder eigentlich am nächsten Donnerstag einigen.
Der Bund hatte angeboten, auf seinen Teil der Einnahmen zu verzichten, die dadurch entstehen, dass Gelder von den säumigen Unterhaltspflichtigen eingetrieben werden. Kommunen hatten die Bundesregierung aufgefordert, die Ausweitung des Unterhaltsvorschusses um ein halbes Jahr zu verschieben.
Aus Regierungskreisen hieß es dazu jedoch am Dienstag, dass eine gemeinsame Lösung erarbeitet werden solle, damit die Leistung auf jeden Fall zum 1. Januar 2017 in Kraft trete könne, notfalls rückwirkend.