UN-Kinderhilfswerk in Deutschland UN-Kinderhilfswerk in Deutschland: Unicef verliert Spendensiegel

Köln/Berlin/dpa. - Das vom Deutschen Zentralinstitut für soziale Fragen (DZI)vergebene Siegel gilt als Garant für die Seriosität einerHilfsorganisation. Das DZI nannte als Hauptgrund, dass UNICEFZahlungen in den Jahren 2004 bis 2007 an drei professionelleSpendenwerber verschwiegen habe. Die Mängel in Management, Aufsichtund Auskunftsverhalten seien so gravierend gewesen, dass der Schrittunumgänglich geworden sei.
«Dieses Urteil trifft uns hart», sagte der amtierende VorsitzendeReinhard Schlagintweit der Deutschen Presse-Agentur dpa. UNICEF drohtein anhaltender Spenden-Rückgang. Nach aktualisierten Angaben vomMittwoch hat UNICEF seit Ende November etwa sechs Millionen Euroeingebüßt. Mindestens 20 000 Dauerspender sprangen ab.
Das DZI nannte als Hauptgrund für die Aberkennung des Siegels dreiProvisionszahlungen: UNICEF habe von 2004 bis 2007 dreiprofessionelle Spendenwerber - Fundraiser - erfolgsabhängig bezahlt.Bei den jährlichen Prüfungen seit 2005 sei dies wahrheitswidrigverschwiegen worden. Dies nannte das DZI «besonders schwerwiegend».Die Prüfer des DZI konnten diese Verstöße erst durch anonyme Hinweiseund Medienberichte aufdecken. Spätere Angaben aus der UNICEF-Zentralein Köln hätten eher zur «Verschleierung» beigetragen.
Hervorgehoben wird in der Liste der Verstöße eineProvisionszahlung von 30 000 Euro. Diese habe UNICEF «ohnenachvollziehbare Gegenleistung» einem Fundraiser für die Vermittlungeiner Großspende über 500 000 Euro seitens des Lidl-Konzerns gezahlt.
Nach wochenlanger heftiger Kritik an UNICEF Deutschland wegen desUmgangs mit Spendengeldern waren die Vorsitzende Heide Simonis undder Geschäftsführer Dietrich Garlichs bereits zurückgetreten. DieKölner Staatsanwaltschaft ermittelt gegen Garlichs wegen desAnfangsverdachts der Untreue. Im April soll eine neue UNICEF-Spitzegewählt werden. Simonis fühlt sich durch die Aberkennung desSpendensiegels bestätigt, da sie mehrfach mehr Transparenz geforderthatte. «Ich sehe mich rehabilitiert», sagte sie der dpa in Kiel.
Das deutsche Komitee müsse seine Strukturen nun «durchgreifenderneuern», forderte das DZI. Als Konsequenz aus der Affäre will dasInstitut auch seine eigenen Kriterien für die Vergabe desSpendensiegels verschärfen. Unter anderem soll es genauereVorschriften zur Zulässigkeit von Provisionen geben. Verträge mitexternen Dienstleistern müssen dem DZI künftig immer angezeigtwerden.
UNICEF will das Spendensiegel so schnell wie möglich neubeantragen, was aber erst 2010 möglich ist. Zu der Frage, ob dieAberkennung zurecht erfolgt sei, sagte der Vorsitzende Schlagintweit:«Im Grunde haben die Leute recht, wenn sie sagen: "Dies sind unsereNormen, die habt ihr nicht eingehalten - jetzt ziehen wir dieKonsequenzen."» Der Schaden für das Hilfswerk werde beträchtlichsein. Doch UNICEF werde die Krise überstehen: «Mit neuen Köpfenwerden wir das Vertrauen der Öffentlichkeit in vollem Umfangzurückgewinnen», sagte Schlagintweit. Das werde schneller gehen, alssich mancher heute vorstellen könne.
Die Vorsitzende der Kinderkommission des Bundestags, Miriam Gruß(FDP), verlangte den Rücktritt des kompletten UNICEF-Vorstands. Derentwicklungspolitische Sprecher der CDU/CSU-Bundestagsfraktion,Christian Ruck, hob dagegen hervor, dass UNICEF seit Jahrzehntenhervorragende Arbeit für Kinder leiste. «Die Politik muss allesunterstützen, was UNICEF Deutschland wieder auf eine solide Basisstellt», teilte er mit.