Kriegsverbrechen UN-Bericht zu Myanmar: „Entsetzliches Maß an Brutalität“
Seit Monaten ist die Militärjunta in Myanmar zunehmend unter Druck. Auf den bewaffneten Widerstand reagiert sie mit immer brutaleren Verbrechen. Die UN hat schockierende Beweise gesammelt.
Genf/Yangon - Die Gewalt der Militärjunta in Myanmar gegen die eigene Bevölkerung hat nach Informationen der Vereinten Nationen zuletzt massiv zugenommen. „Es gibt eindeutige Beweise dafür, dass brutale Kriegsverbrechen und Verbrechen gegen die Menschlichkeit, die vom myanmarischen Militär begangen werden, im ganzen Land in alarmierendem Tempo eskaliert sind“, schreibt der Unabhängige Untersuchungsmechanismus für Myanmar (IIMM) in seinem Jahresbericht.
Das Militär des Landes hatte im Februar 2021 geputscht und die damalige Regierungschefin Aung San Suu Kyi entmachtet. Seither versinkt das frühere Birma in Chaos und Gewalt, verschiedene Rebellengruppen kämpfen teils sehr erfolgreich gegen die Armee. Friedensnobelpreisträgerin Suu Kyi (79) sitzt in Haft.
Junta setzte immer größere Gewalt ein
Für den Bericht wurden mehr als 400 Augenzeugenaussagen sowie Fotos, Videos, Audiomaterial, Beiträge in sozialen Medien und forensische Beweise analysiert. Die Daten beziehen sich auf den Zeitraum vom 1. Juli 2023 bis zum 30. Juni 2024. Der bewaffnete Konflikt des Militärs mit Widerstandsgruppen im ganzen Land hat die Generäle in dieser Zeit zunehmend unter Druck gesetzt.
Die Junta habe mit immer größerer Gewalt auf den Widerstand reagiert, darunter Luftangriffen auf Schulen, religiöse Gebäude oder Krankenhäuser, bei denen es kein offensichtliches militärisches Ziel gab, heißt es in dem Bericht. Auch wurden körperliche Verstümmelungen von Menschen dokumentiert, die im Zuge der bewaffneten Konflikte festgenommen wurden - darunter Enthauptungen und die öffentliche Zurschaustellung entstellter Körper.
Systematische Folter in Gefängnissen
„Wir haben umfangreiche Beweise gesammelt, die ein entsetzliches Maß an Brutalität und Unmenschlichkeit in ganz Myanmar zeigen“, sagte IIMM-Chef Nicholas Koumjian. Viele Verbrechen seien mit der Absicht begangen worden, die Zivilbevölkerung zu bestrafen und Angst und Schrecken zu verbreiten.
So wurde demnach auch systematische Folter vieler willkürlich inhaftierter Bürgerinnen und Bürger dokumentiert, darunter Schläge, Elektroschocks, Strangulationen und Schlafentzug. „Es gibt auch Beweise für Gruppenvergewaltigungen, das Verbrennen von Geschlechtsteilen und andere gewalttätige sexuelle und geschlechtsbezogene Verbrechen während der Haft“, schreibt das IIMM. Zu den Opfern gehörten auch Kinder.
Gleichzeitig gebe es auch glaubwürdige Beweise für Verbrechen, die von bewaffneten Gruppen begangen wurden, die gegen das Militär kämpfen. Dazu gehörten Hinrichtungen von Zivilisten, die verdächtigt würden, Militärkollaborateure zu sein.
„Niemand wurde für irgendwelche Verbrechen zur Rechenschaft gezogen, was die Täter ermutigt und die Kultur der Straflosigkeit im Land vertieft“, sagte Koumjian. „Wir versuchen, diesen Kreislauf zu durchbrechen.“ Die Junta äußert sich generell nicht zu solchen Vorwürfen.
Der IIMM wurde 2018 vom Menschenrechtsrat der Vereinten Nationen ins Leben gerufen. Ziel ist es, Fallakten zu sammeln und zu analysieren, die zur Strafverfolgung von Einzelpersonen in nationalen oder internationalen Strafverfahren beitragen können.