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Historische Wahl Ukraine: Wolodymyr Selenskyj wird wohl neuer Präsident

21.04.2019, 21:00
Wolodymyr Selenskyj bei der Stimmabgabe
Wolodymyr Selenskyj bei der Stimmabgabe XinHua

Kiew - Der Schauspieler und politische Quereinsteiger Wolodymyr Selenskyj hat die Stichwahl um das Präsidentenamt in der krisengeschüttelten Ukraine klar gewonnen. Der prowestliche 41-Jährige setzte sich am Sonntag mit großem Abstand gegen Amtsinhaber Petro Poroschenko durch. Der 53-jährige Präsident räumte in Kiew seine Niederlage ein.

Die Auszählung der Stimmzettel zog sich hin. Nach ersten Ergebnissen schnitt Selenskyj mehr als doppelt so stark ab wie der Amtsinhaber. Prognosen sahen ihn bei 73 Prozent, Poroschenko dagegen nur bei 25 Prozent der Stimme. Einige Wahlzettel waren ungültig.

Der Fernsehstar kündigte an, sich zuerst um den Krieg im Osten der Ukraine kümmern zu wollen. „Wir werden die Verhandlungen fortsetzen und bis zum Ende gehen, damit das Feuer eingestellt wird“, sagte er in Kiew. Wichtigste Aufgabe sei es, seine Landsleute aus der Gefangenschaft aus Russland und der Ostukraine zu befreien.

Seit 2014 kämpfen in den Gebieten Donezk und Luhansk Regierungssoldaten gegen prorussische Separatisten. Rund 13 000 Menschen sind dabei nach UN-Angaben getötet worden. Der unter anderem durch deutsche Vermittlung ausgehandelte Minsker Friedensplan steckt seit Jahren fest. Selenskyj sprach sich dafür aus, den Friedensprozess rasch wiederzubeleben. 

Die Wahl ist in mehrfacher Hinsicht historisch: Mit Selenskyj kommt in dem Land zwischen der EU und Russland erstmals ein Staatsoberhaupt ohne jedwede Regierungserfahrung ins Amt. Es wäre auch das höchste Ergebnis, das je ein Präsident der unabhängigen Ukraine erzielt hat. Selenskyj, der jüngste Präsident der ukrainischen Geschichte, strebt wie Poroschenko einen EU-Beitritt an. Über einen umstrittenen Nato-Beitritt der Ukraine soll eine Volksabstimmung entscheiden.

Petro Poroschenko gratuliert Konkurrenten am Telefon

Dagegen musste der zuletzt noch in Berlin von Kanzlerin Angela Merkel (CDU) empfangene Poroschenko nach fünf Jahren im Amt eine Niederlage hinnehmen. Er hatte einen antirussischen Wahlkampf geführt. Poroschenko warnte davor, dass der russische Präsident Wladimir Putin sich das Land unterwerfen wolle. Selenskyj wies dabei Vorwürfe zurück, eine russische Marionette zu sein. Viele sahen in der Linie Poroschenkos ein Manöver, um von den schweren innenpolitischen Problemen - wie der Armut - abzulenken.

Am Wahlabend gratulierte Poroschenko dem Sieger telefonisch. Er werde zwar das Amt, aber nicht die politische Bühne verlassen, sagte er. Mit seiner Partei wolle er eine starke Opposition bilden. „Ich werde weiter in der Politik bleiben und für die Ukraine kämpfen“, sagte der scheidende Präsident. Der Oligarch Poroschenko war nach den proeuropäischen Protesten auf dem Maidan – dem Unabhängigkeitsplatz - in Kiew vor fünf Jahren der große Hoffnungsträger der EU und der USA. (dpa)