Ukraine Ukraine: Oppositionsführer Juschtschenko wurde mit Dioxin vergiftet

Wien/Kiew/Moskau/dpa. - Der bis heute von seiner Erkrankung schwer gezeichneteJuschtschenko dankte bei seinem Aufenthalt am Wochenende in Wienseinen Ärzten. «Ich bin sehr froh, dass ich noch lebe in dieserWelt», betonte Juschtschenko, der noch am Sonntagabend in Kiewzurückerwartet wurde. Der Oppositionspolitiker war nach einemAbendessen mit dem Chef des ukrainischen Geheimdienstes, IgorSmeschko, Anfang September zusammengebrochen. Es gibt bislang keinekonkreten Beweise für eine Beteiligung des Geheimdienstes. Die Ärztevermuten, dass Juschtschenko das Gift in das Essen oder in einGetränk gemischt wurde.
Über Monate hatten Zimpfer und dessen Kollege Nikolai Korpan diezunächst rätselhafte Erkrankung Juschtschenkos untersucht. DieDioxin-Vergiftung habe zu einem «bisher einmaligen Krankheitsbild»geführt. In Blut und Gewebe des Patienten habe man «mindestens dasTausendfache der normalen Konzentration» an Dioxin gefunden. Das Giftlasse sich zum Beispiel leicht in einer mit Sahne abgebundenen Suppe«verpacken», hieß es.
Juschtschenko hatte von Anfang an den Verdacht geäußert, er seivergiftet worden, um ihn politisch auszuschalten. Er war am 10.September in die Wiener Klinik gebracht worden, wo er mehr als dreiWochen unter strengen Sicherheitsvorkehrungen behandelt wurde. SeinGesicht ist seither von Narben entstellt.
Im Wahlkampf hatten die alte Staatsmacht und dessen Kandidat, derbisherige Regierungschef Viktor Janukowitsch, dem Oppositionsführervorgeworfen, er habe eine Vergiftung lediglich simuliert. DieStaatsmedien kolportierten, der fünffache Familienvater habe sich mitSushi den Magen verdorben. Die Generalstaatsanwaltschaft stellte dieErmittlungen zwischenzeitlich mit dem Hinweis ein, Juschtschenko seian einer Herpes-Infektion erkrankt. Einen Tag vor der abschließendenDioxin-Diagnose war Juschtschenko von seinem KontrahentenJanukowitsch noch als «Feigling und Schwätzer» bezeichnet worden.
In der Ukraine lief die heiße Phase des Wahlkampfes zur Stichwahlum das Präsidentenamt am 26. Dezember zunächst ohne Juschtschenko an.Der Kandidat Janukowitsch warf im Fernsehen seinem Widersacherfinanzielle Unterstützung aus dem Westen vor. «Die lange Vorbereitungvor der Wahl hat sich heute ausgezahlt mit den ausländischen undamerikanischen Fonds», sagte Janukowitsch, der am Wochenende vorWählern in seinen Hochburgen im Osten des Landes sprach.
Auch Juschtschenko werde sich nach seiner Rückkehr auf dieOstukraine konzentrieren, sagte die Oppositionspolitikerin JuliaTimoschenko der Kiewer Wochenzeitung «Serkalo Nedeli». «Er wird indie Gebiete im Osten und Süden reisen, in denen es (bei der letztenAbstimmung am 21. November) die schlimmsten Fälschungen gab»,kündigte Timoschenko an.
Der amtierende ukrainische Präsident Leonid Kutschma sicherte demUS-Diplomaten Richard Holbrooke zu, er tue alles für einen Erfolg derWahl am 26. Dezember. «Die Macht wird sofort nach Bekanntgabe desResultats friedlich übergeben» sagte er. Juschtschenko stellte ineinem Interview der «Financial Times» für den Fall seines Sieges einProgramm für eine schrittweise Annäherung der Ukraine an dieEuropäische Union (EU) bis hin zu einer Mitgliedschaft vor.