Übergriffe auf Asylunterkünfte Übergriffe auf Asylunterkünfte: Zahl der Angriffe auf Flüchtlingsheime nimmt deutlich zu
Berlin - In den ersten sechs Monaten dieses Jahres hat es in Deutschland bereits mehr Angriffe auf Flüchtlingsheime gegeben als im gesamten Jahr 2014. Dies teilte das Bundesinnenministerium am Donnerstag mit.
Demnach wurden bis Ende Juni 2015 bundesweit 202 Übergriffe gezählt. Im gesamten Vorjahr waren es 198 Fälle - und auch das war schon eine Verdreifachung im Vergleich zu 2013. Von den 202 Attacken im ersten Halbjahr 2015 gingen rund 85 Prozent auf das Konto von „rechtsmotivierten Tätern“. Aber immer öfter gibt es auch Akteure, die nicht direkt zum Neonazi-Milieu gehören. 26 Delikte konnten den Angaben zufolge keinem eindeutigen Täterspektrum zugeordnet werden. Dass die Täter tatsächlich dingfest gemacht werden, ist eher selten. So wurden nach Angaben einer Ministeriumssprecherin gegenüber der Berliner Zeitung zu lediglich 16 Taten im ersten Quartal dieses Jahres 26 Verdächtige ermittelt.
Opposition fordert besseren Schutz
Vertreter der Opposition forderten die Sicherheitsbehörden auf, mehr für den Schutz der Flüchtlinge zu tun. Der innenpolitische Sprecher der grünen Bundestagsfraktion, Volker Beck, sagte dieser Zeitung: „Flüchtlingsunterkünfte müssen von der Polizei konsequent geschützt werden. Ich würde damit nicht erst anfangen, wenn der erste Flüchtling da ist. Dort, wo es entsprechende Auseinandersetzungen gibt, muss man dies als abstrakte Gefahr erkennen.“ Anliegen der Täter sei es, „gezielt Schrecken zu verbreiten, um auf die Politik einzuwirken“, fügte er hinzu. Dies habe dort, wo Menschen Opfer von Angriffen würden, rechtsterroristische Züge.
Überdies müsse man weiter an einer positiven Atmosphäre arbeiten, so dass diejenigen, die so etwas machten, sich nicht als von einer breiten Stimmung getragen fühlen könnten, mahnte der Grünen-Politiker. „Deshalb wäre es wichtig, dass Vertreter der Staatsspitze Flüchtlingsheime besuchen und solche Sündenbockdiskussionen bleiben lassen, wie sie aus Bayern kommen.“
Linksfraktion fordert klares Statement der Kanzlerin
Der stellvertretende Vorsitzende der Linksfraktion im Bundestag, Jan Korte, erklärte: „Das erinnert an die 90er Jahre.“ Auch damals gab es eine Welle rassistisch motivierter Straftaten. Die Regierung müsse den Tausenden ehrenamtlichen Helfern den Rücken stärken. Sie bräuchten Anerkennung. Zudem sei es „an der Zeit, dass die Bundeskanzlerin zu den Vorfällen mal ausführlich und klar etwas sagt“.
Anfang 2014 wurde beim Bundeskriminalamt eine Clearingstelle für die Sammlung, den Austausch und die Bewertung aller Proteste und Übergriffe auf Flüchtlingsunterkünfte eingerichtet. Diese Clearingstelle erstellt Lagebilder für sämtliche Sicherheitsbehörden und kann im Einzelfall auch Verbindungskräfte zur Unterstützung entsenden. Die Bewachung von Einrichtungen ist ansonsten jedoch Ländersache. Und leerstehende Einrichtungen werden in der Regel nicht bewacht.