Fernsehduell Tv-Duell zur Bundestagswahl: Martin Schulz fordert härteren Umgang mit der Türkei

Berlin - Mit einem engagierten Auftritt im Fernsehduell mit Angela Merkel hat der SPD-Kanzlerkandidat Martin Schulz am Sonntagabend versucht, seine Wahlaussichten in drei Wochen zu verbessern.
Vor allem beim Thema Umgang mit der Türkei plädierte er für einen deutlich härteren Kurs gegenüber dem türkischen Präsidenten Erdogan. Er werde als Bundeskanzler dafür eintreten, die Beitrittsverhandlungen zur EU mit der Türkei zu beenden. „Herr Erdogan versteht nur eine Sprache: Konsequente Haltung“, sagte Schulz. „Und jetzt ist Schluss!“
Merkel plädierte für wirtschaftlichen Druck auf die Türkei
Merkel verwies darauf, dass man die Gespräche nicht abreißen lassen dürfe, da es unter anderem darum gehe, die 14 in der Türkei inhaftierten Deutschen frei zu bekommen. Aber auch sie sehe, dass die Türkei unter Erdogan sich in einem atemberaubenden Tempo von demokratischen Grundsätzen entferne. Sie plädierte dafür, verstärkt wirtschaftlichen Druck auf das Land auszuüben.
Die beiden Kontrahenten zeigten in vielen außen- und innenpolitischen Fragen eine große Übereinstimmung, etwa auch beim Umgang mit der Autoindustrie im Zusammenhang mit den manipulierten Abgaswerten. Beide sprachen von Betrug an den Verbrauchern, die entschädigt werden müssten, warnten aber davor, die 800 000 Arbeitsplätze der Branche in Gefahr zu bringen.
Schulz wählte oft die klarere Sprache und versuchte, Merkel in Widersprüche zu verwickeln. Er begrüßte, dass die Kanzlerin sich klar gegen Forderungen aus der Union wandte, die Rente mit 70 einzuführen. „Da finde ich toll“, sagte er – und erinnerte daran, dass sie vor vier Jahren auch die Einführung der PKW-Maut ausgeschlossen habe, die es nun aber geben werde. „Schauen wir mal, was jetzt bei der Rente kommt.“
Beide Kandidaten kritisierten Schröders Posten bei Rosneft
Schulz begründete seine Forderung nach mehr sozialer Gerechtigkeit damit, dass Deutschland zwar ein wohlhabendes Land, aber lange nicht jeder Bürger wohlhabend sei. Merkel erinnerte daran, dass es bei ihrer Amtsübernahme vor 12 Jahren fünf Millionen Arbeitslose gegeben habe und die Zahl sich jetzt auf 2,5 Millionen halbiert habe. Gleichwohl müsse mehr für die Langzeitarbeitslosen getan werden.
Beide Kandidaten kritisierten die Absicht des ehemaligen Kanzlers Gerhard Schröder, einen Sitz im Aufsichtsrat des russischen Konzerns Rosneft einzunehmen. Schulz erinnerte aber daran, dass Schröder als letzter SPD-Kanzler große Verdienste um das Land erworben habe - und dass es jetzt um die Zukunft der Bundesrepublik und nicht die Schröders gehe. Das Fernsehduell, das von ARD, ZDF, RTL und Sat1 übertragen wurde, galt als letzte Chance von Schulz, noch einmal in die Offensive zu kommen.