Erdogan vor G20-Gipfel Türkischer Präsident Recep Tayyip Erdogan: "Deutschland begeht Selbstmord"

Hamburg - Der Streit um untersagte Redeauftritte des türkischen Präsidenten Recep Tayyip Erdogan in Deutschland belastet die Vorbereitung des G20-Gipfels in Hamburg. Erdogan forderte die Bundesregierung in einem „Zeit“-Interview auf, das Verbot zurückzunehmen und kritisierte: „Deutschland begeht Selbstmord.“
Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) will Erdogan vor dem G20-Gipfel treffen. Die Zusammenkunft sei auf Wunsch der türkischen Seite vereinbart worden und finde vermutlich am Donnerstag statt, sagte Regierungssprecher Steffen Seibert am Mittwoch in Berlin.
In dem Interview mit der „Zeit“ kritisierte Erdogan die Bundesregierung scharf und forderte nachdrücklich das Recht auf einen Redeauftritt in Deutschland ein. „Deutschland muss diesen Fehler korrigieren“, sagte Erdogan. „Das ist sehr hässlich. Mir ist so etwas noch nie begegnet.“ Er könne doch nicht „mundtot“ gemacht werden, kritisierte der türkische Staatschef. „Ich spreche ja im türkischen Fernsehen, und die strahlen ja auch in Deutschland aus. Dann sollen sie auch diese Sendungen in Deutschland verbieten!“
Erdogan-Rede wegen Konflitklage derzeit nicht angemessen
Im Anschluss an den am Freitag und Samstag stattfindenden G20-Gipfel wollte Erdogan eigentlich in einer deutschen Stadt vor Anhängern eine Rede halten. Die Bundesregierung hatte dies mit der Begründung abgelehnt, dies sei angesichts der Konfliktlage mit der Türkei derzeit nicht angemessen.
Die Beziehungen zwischen der Bundesregierung und der Regierung in Ankara sind derzeit massiv belastet, unter anderem wegen der Inhaftierung des deutsch-türkischen Journalisten Deniz Yücel in der Türkei.
Merkel sagte in einem ebenfalls in der „Zeit“ veröffentlichten Interview, sie sei im Konflikt mit Ankara dazu bereit, „immer wieder“ aufeinander zuzugehen. „Als deutsche Bundeskanzlerin werde ich deswegen aber nicht darauf verzichten, die Freilassung von Deniz Yücel und anderen Journalisten zu fordern, im Gegenteil“, betonte sie.
Erdogan wirft Bundesregierung Terrorunterstützung
Erdogan wies die deutschen Forderungen nach Freilassung Yücels zurück. „Dass Frau Merkel überhaupt die Rettung eines Terrorverdächtigen auf die Tagesordnung bringt, war für mich auch sehr, sehr sonderbar“, sagte er. Der türkische Präsident machte deutlich, dass für ihn jeder Journalist, der einen Terroristen oder jemanden, dem Terrorismus vorgeworfen werde, interviewe, selbst ein Unterstützer des Terrorismus sei.
In dem Interview warf Erdogan der Bundesregierung auch Terrorunterstützung vor. Er bezog sich dabei auf die deutsche Ablehnung türkischer Forderungen, Anhänger des islamischen Predigers Fethullah Gülen auszuliefern. „Ich habe sie von Frau Merkel gefordert, warum werden sie uns nicht zurückgegeben“, sagte er. Solange Deutschland dies nicht tue, werde die Türkei Deutschland als ein Land ansehen, das Terroristen schütze.
Trotz der Kritik sagte Erdogan auch, dass ihm die deutsch-türkischen Beziehungen wichtig seien: „Wir brauchen einander. Wir müssen das bewahren.“ Auch Merkel betonte: „Mir liegt unser gutes Zusammenleben mit türkischstämmigen Menschen hier in Deutschland sehr am Herzen.“ Sie wünsche sich „vernünftige Beziehungen zur Türkei, auch wenn ich weiß, dass die Probleme sich derzeit auftürmen und wir vieles ganz anders sehen als Präsident Erdogan und seine Regierung“. (afp)