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Türkei Türkei: Neues Verfahren für «Kalif von Köln»

30.11.2005, 09:05
Der als «Kalif von Köln» bekannt gewordene Islamistenführer Metin Kaplan (Archivbild: dpa).
Der als «Kalif von Köln» bekannt gewordene Islamistenführer Metin Kaplan (Archivbild: dpa). dpa/dpaweb

Ankara/dpa. - Das Verfahren in der Türkei gegen den als «Kalifvon Köln» bekannt gewordenen türkischen Extremisten Metin Kaplanwird neu aufgerollt. Ein Berufungsgericht in Ankara entschied, dasVerfahren, in dem Kaplan Ende Juni zu lebenslanger Haft verurteiltworden war, sei fehlerhaft gewesen, berichtete die türkische AgenturAnadolu am Mittwoch. Damit sei der Weg für ein neues Verfahrenfreigemacht worden, hieß es. Der türkische Islamistenführer war imOktober 2004 nach einem langwierigen Rechtsstreit aus Deutschlandabgeschoben worden.

Das Gericht hatte es im Juni als erwiesen angesehen, dass derGründer der Organisation «Kalifatsstaat» 1998 einen Terroranschlagauf das Atatürk-Mausoleum in Ankara befohlen hatte. Dabei sollte diedort zum Nationalfeiertag versammelte türkische Staatsspitze miteinem mit Sprengstoff beladenen Kleinflugzeug angegriffen werden.Laut Berufungsgericht waren bei dem ersten Prozess gegen Kaplan aberwichtige Dokumente aus einem Verfahren gegen seine angeblichenMitverschwörer außer Acht gelassen worden. Zudem habe esVerfahrensfehler gegeben.

Kaplan hat stets beteuert, dass er mit den angeblichenAttentatsplänen nichts zu tun hatte. Seine Verteidigerargumentierten, dass sich die Anklage im ersten Prozess auf Aussagenvon vermeintlichen Mitverschwörern stützte, die 1998 unter Foltererzwungen worden seien.

In Deutschland hatte der türkische Islamistenführer einevierjährige Haftstrafe wegen eines Mordaufrufes verbüßt, dem einpolitischer Konkurrent zum Opfer gefallen worden war. Er war am 12.Oktober vergangenen Jahres aus Deutschland abgeschoben worden,nachdem die Gerichte zu dem Schluss gekommen waren, dass ihm ihm inder Türkei «keine unmenschlichen oder folterähnlicheHaftbedingungen» drohten.

Kaplan hatte den «Kalifatsstaat» von seinem Vater Cemaleddinübernommen, der die radikalislamische Organisation gegründet hatte.Cemaleddein Kaplan war nach dem türkischen Militärputsch von 1980 indie Bundesrepublik gekommen.

Der «Kalifatsstaat» war im Dezember 2001 in Deutschland alsdemokratie- und verfassungsfeindliche Organisation verboten worden.Der 1984 gegründete Verein verstand sich als Wiederbelebung desdurch Kemal Atatürk 1924 in der Türkei abgeschafften «Kalifats». DasZiel: Die Weltherrschaft des Islam unter Führung eines Kalifen. Biszu dem Verbot hatte Kaplan rund 1100 Anhänger bundesweit, davon dieHälfte in Nordrhein-Westfalen. Das Vermögen der Organisation wurdeauf mehrere Millionen Euro geschätzt, während Kaplan jahrelang inDeutschland Sozialhilfe bezog.

Das Kölner Verwaltungsgericht will am diesem Donnerstag beiehemaligen Grundstücken des verbotenen «Kalifatsstaat» über dieunklaren Eigentumsverhältnisse entscheiden. Das Gericht hatte AnfangNovember entschieden, dass Kaplans Ehefrau und Tochter inDeutschland kein Recht mehr auf Asyl haben.