Streit um Homo-Ehe in Deutschland Streit um Homo-Ehe in Deutschland: Union sagt weiter Nein zur Homo-Ehe
Köln - Die guten Wünsche des Fraktionsvorsitzenden hätten ihn schon „sehr gefreut,“ sagt Stefan Kaufmann im Rückblick – obwohl Volker Kauder eine Sitzung der CDU/CSU-Abgeordneten in Berlin verstreichen ließ, ehe er ihm zur Segnung seiner gleichgeschlechtlichen Partnerschaft gratulierte (und nicht alle Kollegen applaudierten). Aber der 45-jährige homosexuelle Katholik ist es gewöhnt zu warten. Seit Dezember 2013 sind Kaufmann und Rolf Pfander vor dem Gesetz ein Paar.
Die kirchliche Trauung verhinderte der Stuttgarter Bischof Gebhard Fürst. Da sie auf eine religiöse Zeremonie nicht verzichten mochten, suchten sie „Kirchenasyl“ in der kleinen Gemeinde der Altkatholiken. Bei der Feier in der Evangelischen Stuttgarter Schlosskirche zitierte Kaufmann, der nicht nur Bundestagsabgeordneter ist, sondern auch Chef des Stuttgarter CDU-Kreisverbandes, den Apostel Paulus: „Die Wege des Herrn sind unergründlich!“
Nicht allein mit Schulkindern im Raum
Dazu zählt auch, dass die konservativen Iren die Deutschen bei der Gleichstellung gleichgeschlechtlicher Paare überholen. An diesem Mittwoch verabschiedet das Bundeskabinett zwar einen Gesetzentwurf, der mit mehr oder weniger kleinen Diskriminierungen Schluss macht. Eine grundlegende Reform verhindert die Union: Die Einführung einer Ehe für alle, gleich welchen Geschlechts.
Stefan Kaufmann bittet um Verständnis: „Wir müssen auch einmal honorieren, welchen Weg CDU und CSU gegangen sind“, sagt er im Gespräch mit der Berliner Zeitung. Er erinnert sich noch daran, an den Schrecken des Vorsitzenden im Stuttgarter CDU-Bezirk Sillenbruch, als er auf dessen Frage, ob er sein Nachfolger werden wolle, antwortete: „Aber Du musst wissen...“ Nach zwei Tagen Bedenkzeit stand Stefan Kaufmanns Aufstieg nichts mehr im Weg. 2009 gewann er seinen Wahlkreis gegen Grünen-Chef Cem Özdemir.
„Solange der misch nicht anpackt, isset mir ejal.“
Schon in den 50er- und 60er-Jahren gab es einen prominenten Homosexuellen in der CDU. Heinrich von Brentano diente Konrad Adenauer zweimal als Fraktionschef im Bundestag, einmal als Außenminister. Über seine „Neigung“, wie man damals raunte, gab es aber nur Gerüchte. An ein Bekenntnis zu seiner sexuellen Orientierung war nicht zu denken. Mit der ihm eigenen Wurstigkeit beantwortete Adenauer eine entsprechende Frage: „Also, wissen Se, solange der misch nicht anpackt, isset mir ejal.“
Das Vorurteil, Homosexuelle könnten andere gegen deren Willen „anfassen“ oder verführen, hält sich bis heute – nicht nur – in der CDU. In der Debatte über die Reform des Sexualkundeunterrichts in Niedersachsen forderte die christdemokratische Landtagsabgeordnete Karin Bertholdes-Sandrock noch 2014: „Auf keinen Fall kann es sein, dass beispielsweise Schwule oder Lesben in den Klassen allein gegenüber den Kinder auftreten.“
Auf Bundesebene sind solche Äußerungen nicht mehr zu hören. Als bekanntwurde, dass ein CDU-Politiker einen Verein förderte, der unter anderem die „Heilung“ Homosexueller propagierte, folgte sofort eine Welle von Distanzierungen. In der CSU gehen nach wie vor Spitzenpolitiker polemisch auf Distanz zu Homosexuellen. Als Generalsekretär seiner Partei nannte der heutige Verkehrsminister Alexander Dobrindt sie eine „schrille Minderheit“. Deshalb müsse seine Partei der „stillen Mehrheit“ eine Stimme geben, die keine Gesellschaft wolle, in der „Ehe und Familie nicht mehr die Normalität sind“.
Hoffen auf
Wolfgang Bosbach meint, das Grundgesetz stelle die Ehe nur insoweit unter besonderen Schutz, als nur aus der Verbindung von Mann und Frau Kinder hervorgehen könnten. „Dadurch ist sie die Keimzelle unserer Gesellschaft“, sagte der konservative CDU-Politiker und Vorsitzende des Bundestagsinnenausschusses der Berliner Zeitung. Das könne eine gleichgeschlechtliche Partnerschaft nicht erfüllen.
Stefan Kaufmann mag Bosbach und andere nicht verprellen. Deshalb lehnt er es ab, mit Grünen und Linken in einem überfraktionellen Gruppenantrag eine Radikalreform durchzusetzen. Er setzt auf das Bundesverfassungsgericht. Das hat bislang schrittweise für Gleichstellung gesorgt – immer gegen die Bedenken der Union. Nun fehlt noch die gemeinsame Adoption. Mit diesem Recht wäre die Lebenspartnerschaft eine Ehe mit anderem Namen, findet Kaufmann. Wenn seine Partei weiter blockiert - vielleicht helfen ja wieder die Richter in Karlsruhe.