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Streit um Homo-Ehe in Deutschland Streit um Homo-Ehe in Deutschland: Union sagt weiter Nein zur Homo-Ehe

Von Thomas Kröter 26.05.2015, 15:10

Köln - Die guten Wünsche  des  Fraktionsvorsitzenden hätten ihn schon „sehr gefreut,“ sagt Stefan Kaufmann im Rückblick – obwohl Volker Kauder eine Sitzung der CDU/CSU-Abgeordneten in Berlin verstreichen ließ, ehe er ihm zur Segnung seiner gleichgeschlechtlichen Partnerschaft  gratulierte (und nicht alle Kollegen applaudierten). Aber der 45-jährige homosexuelle Katholik ist es gewöhnt zu warten. Seit Dezember 2013 sind Kaufmann und Rolf Pfander vor dem Gesetz ein Paar.

Die kirchliche Trauung verhinderte der Stuttgarter Bischof Gebhard Fürst. Da sie auf eine religiöse Zeremonie nicht verzichten mochten, suchten sie „Kirchenasyl“ in der kleinen Gemeinde der Altkatholiken. Bei der Feier in der Evangelischen Stuttgarter Schlosskirche zitierte  Kaufmann, der nicht nur Bundestagsabgeordneter ist, sondern auch Chef des Stuttgarter CDU-Kreisverbandes, den Apostel Paulus: „Die Wege des Herrn  sind unergründlich!“

Nicht allein mit Schulkindern im Raum

Dazu zählt  auch, dass die konservativen Iren  die Deutschen bei der Gleichstellung gleichgeschlechtlicher Paare überholen. An diesem Mittwoch verabschiedet das Bundeskabinett zwar einen Gesetzentwurf, der mit mehr oder weniger kleinen Diskriminierungen Schluss macht. Eine grundlegende Reform verhindert die Union:   Die  Einführung einer Ehe für alle, gleich welchen Geschlechts.

Stefan Kaufmann bittet um Verständnis: „Wir müssen auch einmal honorieren, welchen Weg CDU und CSU gegangen sind“,  sagt er im Gespräch mit der Berliner Zeitung. Er erinnert sich noch daran, an den Schrecken des  Vorsitzenden im Stuttgarter CDU-Bezirk Sillenbruch, als er auf dessen Frage, ob er sein Nachfolger werden wolle, antwortete: „Aber Du musst wissen...“ Nach zwei Tagen Bedenkzeit stand Stefan Kaufmanns Aufstieg  nichts mehr im Weg. 2009 gewann er seinen Wahlkreis gegen  Grünen-Chef Cem Özdemir.

„Solange der misch nicht anpackt, isset mir ejal.“

Schon in den 50er- und 60er-Jahren gab es einen prominenten Homosexuellen in der CDU. Heinrich von Brentano diente Konrad Adenauer zweimal als Fraktionschef im Bundestag, einmal als Außenminister. Über seine „Neigung“, wie man damals raunte, gab es aber nur Gerüchte. An ein Bekenntnis zu seiner sexuellen Orientierung war nicht zu denken. Mit der ihm eigenen Wurstigkeit beantwortete Adenauer eine entsprechende Frage: „Also, wissen Se, solange der misch nicht anpackt, isset mir ejal.“

Das Vorurteil, Homosexuelle könnten andere gegen deren Willen „anfassen“ oder verführen, hält sich bis heute – nicht nur – in der CDU. In der Debatte  über die Reform des Sexualkundeunterrichts in Niedersachsen forderte die christdemokratische Landtagsabgeordnete Karin Bertholdes-Sandrock  noch 2014: „Auf keinen Fall kann es sein, dass beispielsweise Schwule oder Lesben in den Klassen allein gegenüber den Kinder auftreten.“

Auf Bundesebene sind solche Äußerungen  nicht mehr zu hören. Als bekanntwurde, dass ein CDU-Politiker einen Verein förderte, der unter anderem die „Heilung“ Homosexueller propagierte, folgte sofort eine Welle von Distanzierungen. In der CSU gehen nach wie vor Spitzenpolitiker polemisch auf Distanz zu Homosexuellen. Als  Generalsekretär seiner Partei  nannte der heutige Verkehrsminister Alexander Dobrindt sie eine „schrille Minderheit“. Deshalb müsse seine Partei der „stillen Mehrheit“ eine Stimme geben, die keine Gesellschaft wolle, in der „Ehe und Familie nicht mehr die Normalität sind“.

Hoffen auf

Wolfgang Bosbach meint, das Grundgesetz stelle die Ehe  nur insoweit unter besonderen Schutz, als nur aus der Verbindung von Mann und Frau Kinder hervorgehen könnten. „Dadurch ist sie  die Keimzelle unserer Gesellschaft“, sagte der konservative CDU-Politiker und Vorsitzende des Bundestagsinnenausschusses der Berliner Zeitung. Das könne eine gleichgeschlechtliche Partnerschaft nicht erfüllen.

Stefan Kaufmann mag Bosbach und andere nicht verprellen. Deshalb lehnt  er es ab, mit Grünen und Linken in einem überfraktionellen Gruppenantrag eine Radikalreform durchzusetzen. Er setzt  auf das Bundesverfassungsgericht.  Das hat bislang schrittweise  für Gleichstellung gesorgt – immer gegen die Bedenken der Union. Nun fehlt noch die gemeinsame Adoption. Mit diesem Recht wäre die Lebenspartnerschaft eine Ehe mit anderem Namen, findet Kaufmann. Wenn seine Partei weiter blockiert - vielleicht helfen ja wieder die Richter in Karlsruhe.